Antonio hielt den kaputten Boiler mit zwei Händen hoch über der Ablage und sang dabei ein Lied, das ich vom Text her zunächst erkannte. Es war eine alte Guanchenmelodie, die ich schon einmal in einem Park in La Laguna gehört habe. Ich war sofort von der Weichheit des Klangs beeindruckt. Sie erinnerte mich an die 69er Zeitklänge, insbesondere an den goosebumbsound von Artie Garfunkel – überirdisch. Ich ging neugierig diesem Sound nach und wie oft, wenn ante portas, öffnet sich die Kunstwelt wie ein Schlaraffenland. Dichter, Sänger, Schriftstellerisches, Kunsttexte fand ich in alten, dicken Büchern der „Bibliotheka Canarias“ und stieß dann endlich, fast selbst schon verstaubt, auf den Urtext von dem Lied, das der Handwerker gesungen hat. Es stammt von dem Dichter und Philosophen Antonio Zerolo (1854-1923) aus Lanzarote. Ich las: “Zerolo! Simbolo, Candillo, Cantor!“ Zerolo schrieb enthusiastische Gedichte über die Kanaren und sang selbst die alten Guanchenlieder.
Hymne an den Vulkan / Ode an den Atlantik
“Wir haben das Meer, das uns umarmt, alles ist Licht und Poesie, es gibt keine Erde wie die unsrige, keine Rasse wie die unsrige …“
Wem einmal Zutritt in die Welt der Zufälle gewährt wurde, der bemerkt die Intensität der Verbindungen sogleich. Treten Sie mit ein ins wood wide web. First remember the sound of Robert Frost and enjoy it now:
“I‘d like to get away from the Earth for a while
and then come back and start it over
May no fate wilfully misunderstanding me
And half grant what I wish snatch me away
Not to return. Earth‘s the right place to love:
I don‘t know where it´s likely to go better …
(from The Birches/ Robert Frost)
In der Welt der Vulkane gibt es eine Farbenpracht, die meist von Pilzen, Flechten oder Moosen herrührt. Sie breiten sich horizontal über lange Zeiten auf den Gesteinen aus. In dem wundervollen Buch Im Unterland erklärt ein Pilzforscher, wie schnell sich Pilze fortbewegen können und mit ihren säurehaltigen Ausscheidungen regelrecht Steine zerlegen können. Auf meiner Wanderung in einen Vulkankrater habe ich kurz nach dieser Lektüre das Wunder in der Natur entdeckt: “Du schaust auf dieses Netzwerk und das Netzwerk schaut zurück“ – das ist ein sehr beachtenswertes Zitat von diesem Pilzforscher. Parallel zu diesem Buch lese ich – oder wie Andreas Reckwitz meint: „kultiviere“ ich mein Leben also ziemlich singularistisch. Ich empfehle ebenso das Buch Die Gesellschaften der Singularitäten. Es geht in den beiden Büchern im Prinzip um das Gleiche: Wir Menschen müssen zusammenhalten, die Zukunft sieht eher schwer für uns aus. Schauen wir auf das Internet der Bäume und lasst uns dann die richtigen kollektiven Entscheidungen treffen.