Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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Archives: Juni 2020

Before you start reading, here’s something you might want to listen to! It could find its place in Jim Jarmusch‘s „Paterson“, with its sophisticated mix of the mundane and the dreamsphere.

You remember the time studying lists of desert island records? In my all time favourites Jon Hassell is a constant presence. Anyway, I divert. Now, not long ago (and who the fuck knows if not too soon again) our private places changed into secret areas, secular shrines, and the windows to the world were TV screens and records striving for far, far away horizons and beaches. Part of the game of playing solitaire at least, like the figure in that Brian Eno song. Living in discreet isolation being confronted with rising death rates and the (often) utter loneliness of humans fading away (behind those dumb and soulless numbers) makes you think twice about your beloved area of sound and vision. After Joey wrote his small, deep essay on „Hohe Drehzahl“ some days ago, I was in the middle of my „solitaire“ film festival with Bong and Co. (see my short comments down below).

On another evening with friends and neigbours, we played a game: what are your favourite TV series from the last ten years, you‘ve been caught by so deeply that you would like to re-watch them someday. Everybody had to name three of them, the personal all time numbers 1 to the three, lifers of sorts. Here is my swingin‘, thrillin‘, dirty dozen. And the interesting point is that I don‘t want to get hold of the greatest art works but of those who made me totally fall in love or thrill with them. Banshee is in, Mad Men out. This is not perfect English, but you know what I mean.

 

 

1) The Leftovers / 2) Sons of Anarchy / 3) Lost / 4) Justified / 5) Game of Thrones / 6) Halt And Catch Fire  / 7) Bo Jack Horseman / 8) The Deuce / 9) Stranger Things / 10) Banshee (or Line of Duty) / and, okay, two from ancient days: 11) Northern Exposure (the rare German edition with the original soundtrack) & 12) Twin Peaks

 

 

 

 

… and here they are, the private echoes in regards to my „Bong and Co.“-movies:

 

Bong Joon-ho: Parasite (fraglos grosse Filmkunst, vier Oscars, weiter Bogen zwischen Komödie und Horror, erschütternd, ja, aber nicht die Art von Film, zu der ich freiwillig zurückkehren würde, und ich würde diesen Film niemandem empfehlen – ***

James Gray: Ad Astra (leise, intensiv, faszinierend, Vater – Sohn – Drama im Weltraum, und einiges mehr – ****)

Jim Jarmusch: Paterson (ein heiter-melancholischer Film über die Magie im Alltäglichen, zuweilen eine Spur zu ausschweifend in den Referenzen an alte Helden, aber die schlichte Wahrheit, dass das absolut unspektakuläre Leben mehr Magie enthält als hochfahrende Träumereien, wird mit vielen kleinen Stories und Begebenheiten garniert, viele leere Strassen übrigens, kleine Schockmomente, und pure Sinnlichkeit, und hinterher hat man Lust auf die frühen Gedichte von Carlos William Carlos 😂😂🤣 – ****) ((ein Buch mit den Gesammelten Gedichten von WCW habe ich Eno  in den Neunzigern gesendet, und er war sehr angetan, und von einigen Gedichten schwer begeistert.))

Alexandre Aja: Crawl (wirklich toll inszenierter Horrorfilm, ein Hurrikan, viele Krokodile, Vater – Tochter – Drama in Florida – ***1/2)

Ari Aster: Midsommar (ein fulminantes Epos, inspiriert vom Kultklassiker „The Wicker Man“, über die Leichtläubigkeit, die kolossale Naivität, und die destruktiven Mechanismen kollektiver Wahnsysteme und dogmatischer Sektiererei – ****1/2)

Riley Steams: The Art of Self-Defense (eine verstörende, schwarzhumorige Parabel über Gewalt und falsche Selbstbilder, mitreissend und kühl zugleich inszeniert – ****)

 

P.S. In dreien dieser „Bong-Filme“ spielen Hunde bedeutsame Nebenrollen, einen hätte ich gar für einen Oscar vorgeschlagen – ich sollte mir vielleicht den neuen Disney-Kanal gönnen 😉

 

P.P.S. My lifers (fave movies) from the last four, five years can be seen on my blog diary from June 7 wrapped up inside some small excursions in my irresistible Dampfplauder mode.

2020 11 Jun

The Heritage of Hermann, Harry & Harry: Monophonie

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Kann man mit obskursten Instrumenten hörbare Musik machen? Kann man die Ideen, Konzepte und Skizzen völlig verschiedener Musiker mit ästhetischem Gewinn zusammenbringen? Kann man sich gleichzeitig von den Vorgaben konventioneller Musik ganz zwanglos entfernen? Und was erwartet den geneigten Hörer dann? Bisher endeten solche Versuche meist in exzentrischen Kakophonien, die von einer Minderheit frenetisch gustiert wurden, die oft nicht unerheblichen Einfluß auf das musikalische Denken und Schaffen der Nachwelt hatten und dann blieb es oft bei einem anerkennenden ersten Durchhören …

Vor über 100 Jahren entwickelte der Physiologe und Universalgelehrte Hermann von Helmholtz eine Doppel-Sirene, die er für seine akustischen und physiologischen Experimente und Messungen verwendete und, wie mir scheint, nur wenig daran dachte, dass dieses sonderbare Gerät, bei dem Tonhöhe und Lautstärke raffiniert steuerbar waren, einmal in einem Musikensemble Verwendung finden könnte. Der amerikanische Komponist Harry Partch entwickelte Unmengen seltsamer und fremdartiger Instrumente, die er in außergewöhnlichen Stimmungen intonierte, bei denen eine Oktave auch schon mal mehr als 50 unregelmäßige  haben konnte. Auch hinterließ er viele Entwürfe und Skizzen mit Ideen zu weiteren Instrumenten, die jetzt posthum erneut von Thomas Meixner vom Ensemble Musikfabrik gebaut wurden und in ein Universum ungewohnter Klänge verführen. Als weiteres Element kommen die wunderbaren Sonambient Klangskulpturen des Italienters Harry Bertoia ins Spiel. Deren klangliches Spektrum kann man in seiner Complete Sonambient Collection genussvoll ergründen. Und aus all dem einen Cocktail mixen?

Phillip Sollmann macht das. Der in elektroakustischer Musik ausgebildete und an der Musique concrete geschulte Musiker, der sich als Efdemin als Technomusiker bereits einen Namen gemacht hat, ist hier genau der richtige Grenzgänger zwischen Minimal music, Techno, klassischer Experimentalmusik, Tanzbarkeit und auditiver Faszination. Mit Hilfe des Ensemble Musikfabrik führte er Monophonie 2017 in Berlin erstmalig auf und dann mehrfach im Rahmen der Ruhrtriennale. Und nun endlich liegt eine Studioaufnahme dieses exzentrischen Werks vor, die von dem ersten Glockenton des Albums an zeigt, dass in einer solchen gewagten Synthese das Ganze weit mehr als die Summe seiner Teil sein kann. Nach dem ersten Titel Chance war ich uneingeschränkt gewillt dem restlichen Werk eine solche zu geben. Und was da noch etwas sphärisch und anhebend war, steigert sich ab Rara schnell in rhythmisch und tonal hochkomplexe Strukturen, die sich aber nie als solche aufdrängen, sondern ganz selbstverständlich und fast beiläufig ihren Neuraum einnehmen. Über Micro steigert sich dann das Album zum zentralen und längsten Stück Motor, dass einen eigenwilligen Groove entwickelt, der sich langsam eskalierend bis zum Ende hin steigert. Stutter treibt in ähnlicher Weise voran, mächtig, aber ohne aufdringlich zu werden. Tape, Plain und U/O entwickeln etwas ruhiger die einzelnen Aspekte, mit teilweise spannender Dramatik, die sich subtil aus den minimalistischen Strukturen aufbaut. Das ist, wenn wir Jon Hassell weiterdenken, feinste Fifth World Musik, rein akustisch eingespielt und dabei so archaisch wie Stammesmusik der fernen Zukunft, die im finalen Mono nahezu ohne musikalisches Material nur mit rhythmischen Mitteln und den diversen Klangfarben der eingesetzten obskuren Instrumente eine unglaubliche Eskalation entwickelt, aus der man schließlich ganz sanft abgesetzt wird. Eine weitere Einführung und Videomitschnitte von Aufführungen finden sich hier. Eine Verbeugung vor drei alten Herren, die in ihrer gelungenen Synthese far beyond mainstream ein faszinierender Meilenstein dieses Jahres bleiben wird.

 
 

2020 11 Jun

The Apu Trilogy Happening with Passaladière

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Six people will make a full room and experience a unique film adventure. Two decades after its original negatives were burned in a fire, Satyajit Ray’s milestone of world cinema rises from the ashes in a meticulously reconstructed new restoration. The Apu Trilogy brought India into the golden age of international art-house film, following one indelible character, a free-spirited child in rural Bengal who matures into an adolescent urban student and finally a sensitive man of the world. These delicate masterworks—Pather Panchali (Song of the Little Road), Aparajito (The Unvanquished), and Apur Sansar (The World of Apu) based on two books by Bibhutibhusan Banerjee, were shot over the course of five years, and each stands on its own as a tender, visually radiant journey. They are among the most achingly beautiful, richly humane movies ever made – essential works for any film lover. So far, so good, and, honestly, the press text of Criterion comes close to my experience of these three movies. The movies will all be shown during a long day, on October 31, starting at 1 p.m. and ending round midnight. In between, there will be time to eat and drink, fresh made Passaladière from Nice, Osso Buco from Umbria, and some rare cidre from Northern France. People who are interested have to make a booking in a local hotel or a flat with air b‘n‘b – or just travel home after midnight. We habe a beautiful „tiny house“ nearby, and two guest rooms. Reservation should be made fast, and send to my email adress. Confirmation (or kind cancellation) will come within three days. But remember: only six humans, then it’s „sold out“. No extra costs apart from lunch, dinner, and brunch on late Sunday morning. I have, no joke, written a mail to Wim Wenders’ management in regards to a public phone talk on the festival day. Should be a decent extra, and fun. My contribution will be some introductory words to get in the right mood, and some film-related topics like Ravi Shankar’s soundtrack. All three movies are presented in Bengali with English subtitles.

 

2020 10 Jun

The thing with all this misery

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In every life some rain must fall, they say, and sometimes the rain pouring out of the skies is nothing else than a decent, sometimes depressing break-up. Everybody has a story to tell, and some musicians chose to do it in their own peculiar ways, and we call it „break-up album“. Frank Sinatra has done it, Marvin  Gaye has done it, Richard and Linda Thompson did it and burned all candles down in real studio time. It’s still a never-ending discussion if ABBA or Joy Division have recorded the saddest farewell song of them all. When I heard that English maverick Darren Hayman is the next one in the line of the heartbroken, I was not particularly impressed. For someone who loves to take one „lateral drift“ after the other, from the British countryside trilogy to old Florence, from legendary Apollo astronauts to open and disused British open-air swimming pools, a break-up album doesn‘t seem to be the most original choice. But there you are, down and out, and you don‘t give a shit on having a knack for outsider stuff. Thing is I started listening to it without great expectations and was, honestly, blown way after the first seconds. I listened to Home Time twice in a row, and loved every song. I loved the (black) humour, the sadness, the melodies, the twists, the sounds of the instruments, the sound of the room, the lyrics, the space between the lyrics, the survival techniques, the music hall tradition, the cover painting, the elevation of my mood.  It‘s quite a brilliant affair. And maybe the most jubilant break-up album ever. It‘s not too hard to believe the hardest was behind him when recording began, with a deep relief crawling from the margins to the center of every sad, sad, (not so) sad song.

 
 

 

Wenn du zuhören willst, gib mir dein Handy.“ Also kassierte ich sechs Handys ein, und der Chef war nur zu begierig, den alten Player ans Laufen zu kriegen. Eine Altbierbowle zur Mittagsstunde, ein Caipirinha, Blick auf den Rhein, und dann: the first run is the deepest. Kein Absacker dabei. Kein Abgrund entgeht der gegerbten, verwitterten Stimme, ein halbes Dutzend one-liner sitzt schon beim ersten Lauschen. „Hör dir das an, ich glaube es nicht“, sag ich, als Dylan dann einmal richtig aufdreht, und die Gitarre den Ton eines wilden Tieres trifft. Ich bestelle gleich noch ein Bier mit Früchten. Hinterher waren wir erst mal still. Baff. Lajla musste ich auf dem Weg über die grosse Brücke noch erklären, wieso Desire mein Lieblingsalbum ist, das nun wirklich fast jeder Dylanologe weiter hinten anordnet. Und wir lachten, als wir uns vorstellten, wie oft es mal wieder heissen wird: sein bestes Album seit .… Modern Times, … Time Out Of Mind, oder gar … Street Legal!!??

 

2020 8 Jun

Hohe Drehzahl

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Bosch ist hier nicht Motor und kein Maler, sondern Polizist. Die sechste Staffel dieser Serie gleichen Namens kommt, wie alle vorher schon, recht still daher, zieht aber behutsam in die Tiefe. Eine Klasse für sich. Für einen Thriller mit recht wenig suspense und gerade deshalb angenehm – man bleibt doch gerne am Ball. Kaum Filmmusik, der Sound ist die Umgebung. Falls der Teufel das Detail liebt, wird er hier unzählige Augenblicke lang verweilen. Der zwischenmenschliche Beziehungsbereich, der Polizeiapparat, feine Charakterschilderungen, Intrigen: es geht um Mikrostrukturen, die ja im geduldigen Verlauf von Serienstaffeln viel genauer gezeichnet werden können als in Filmen. Überhaupt, dieses Los Angeles-Ambiente hat es in sich: eine Augenweide. Mir fiel zudem Aufmerksamkeits-technisch etwas auf: meistens nämlich finde ich dann eine Sache gut, wenn sie gleichzeitig das Interesse weckt und es ebenso befriedigt. Es entsteht dann dieses Zeitgefühl mit dem bereits erwähnten flow. Es ist auch das Wirken von Intelligenz von einer niedrigen in schnellere Drehzahl, wie ich einmal bei einem Sufi-Autor las. Man kennt das von der Fahrradschaltung mit den heute üblichen rund zwei Dutzend Gängen: ständig ist man am Schalten, denn es geht um den richtigen grip, im permanenten Wechsel. Ich wäre sogar in der Lage, in diesem Sinne eine Fernsehserie mit bestimmten Arten von Jazzmusik, der Akkordstruktur eines Steely Dan Songs, meiner Werkzeugkiste oder einem Fussballspiel in Zusammenhang zu bringen – doch ginge das hier zu weit. Bleiben wir in Bodenhaftung, so wie Bosch: von Natur aus nüchtern. Auch darin liegt ein Zauber. Einziger Nachteil solch televisionärer und komplett ideologiefreier Feinkost: man möchte permanent auf die Pausetaste drücken angesichts der dichten Dialoge und raffinierten Details. Dann aber wäre das Surren der Synapsen störend unterbrochen, in einem Hirn, das hier Erweiterung erfährt: auf eine Weise, die nicht jeden Handlungsstrang akkurat verfolgen muss, auch mal ins Randgeschehen sich verträumt. Mit dem Vertrauen, das Erkenntnis nicht nur rational geschieht, zuweilen sich auch unbewusst den Zugang sucht. Wann hört man schon in einem Krimi Leute über Art Pepper und Thelonius Monk reflektieren und sieht den undurchsichtigen Kartell-Schurken lesen in diesem bekannten Buch von Marcel Proust? Der Hund von Bosch heisst Coltrane, der spielt allerdings kein Saxofon. Das hätte wohl dem phantastischen Hieronymus sogar gefallen.

 

Es gibt den Weg in Sils, auf dem sie vom Fahrrad stürzte und es gibt den „Holzweg“, der dir Zuspruch sein soll. Auf welchem Weg Phil May vom Fahrrad fiel, ist mir nicht bekannt. Sicher ist, dass die ärztliche Fehlbehandlung bei Annemarie Schwarzenbach (1908-1942) zu ihrem Tod führte. Sicher ist auch, dass Phil May an den postoperativen Komplikationen starb. Annemarie Schwarzenbach war eine extreme Abenteurerin. Sie wagte sich mit wackligen Autos in gefährliche Gebiete (ihre Reisebücher Tod in Persien oder An den äußersten Flüssen des Paradieses zeugen davon). Stets kehrte sie unversehrt nach Sils zurück. Unfassbar, dass sie anlässlich eines harmlosen Fahrradunfalls zu Tode kam. Phil May war der wilde Frontmann meiner jugendzeitlichen Idolband The Pretty Things. „Don’t ring me down“ …  „Cry to me“ …  „Rosalyn“ –  bis heute meine Nummer Eins:  „We’ll Play House“. Can’t stand the pain.

 

 

In Afrika beginnt die Rallye in den Lüften, sie sind „Flüchtlinge der Himmel“, und David Rothenburg nimmt ihre Spur auf, das Mitternachtskonzert der Nachtigallen dann, im Treptower Park, im Mai. Sechzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Und so tauche ich in die Stadt der Nachtigallen ein, das Buch des Philosophen, Musikers und Vogelforschers. Parallel, alles zu seiner Zeit, lausche ich Blixa Bargelds Sprechgesängen, der neuen Arbeit der Einstürzenden Neubauten. Sie finden immer noch Trümmerteile und unerwartete Geräusche (für Filme, die wir nicht kennen, und täglich selber drehen), sie arbeiten mit „Dave“, einem Wegführer für kreative Seitenwege, das ähnlich wie Enos „Oblique Strategies“ funktioniert. An ihrem elegischen Grundton habe ich lange Gefallen gefunden, im alten Spiel finden sie zum Glück stets ein neues, und das bedeutet, dass ich den Regenrinnen über das Dach folge, oder da rumstromere, wo einst Rosa Luxemburg ermordet wurde. Es ist aber keine Geschichtsstunde, der ich beiwohne, es sind Gespenstergeschichten, hinreissend im Detail auf breiter Leinwand – lauter verkappte Ohrwürmer, hier und da singe, summe ich ein, zwei Verse mit, halb Dada, halb Traumtext, und jederzeit könnten Nachtigallen einfallen. Was für eine grossartige Platte, was für ein spannendes Buch!

 

2020 7 Jun

Nippon Connection

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Die Nippon Connection ist das größte japanische Filmfestival außerhalb Japans und findet seit Jahren mit einem spannenden und kulturell höchst interessanten Rahmenprogramm in Frankfurt statt. Hier werden Neuproduktionen, Kurzfilme und oft bislang nur innerhalb Japans gewürdigte Filme einem internationalen Publikum, oft auch in Veranstaltungen mit den Regisseuren, vorgestellt. Dazu kommen meist ein paar Highlights aus den vergangenen Jahren und einige japanische Kultfilme, so dass es mir bisher jedes Jahr schwer gefallen ist in meinem sonst engen Zeitplan, mich für eine Auswahl zu entscheiden. Dieses Jahr wird das Festival coronabedingt online stattfinden und jeder kann sich über die Website des Festivals einloggen und für grundsolide 5 Euro einen Film innerhalb der Festivalzeit vom 9. – 14. Juni für 24 Stunden freischalten und im Heimkino schauen. Zu jedem Filmangebot gibt es eine kurze spoilerarme Beschreibung, die sowieso meist weit hinter den genreübergreifenden, teilweise bizarren oder surrealen oder sehr durch die japanische Perspektive (sofern es so etwas überhaupt so spezifisch gibt) geprägten Erlebnissen beim Schauen weit zurückbleibt. Als wichtigster nicht-japanischer Beitrag wird übrigens der neue Film von Werner Herzog Family Romance, LLC. zu sehen sein, der zwischen Spielfilm und Doku einen Blick auf die ungewöhnliche Welt des japanischen Leihfamilienmitgliedsgeschäfts wirft. Zwischen Experimentellem, Manga, Thriller & Splatter und feingeistigen Betrachtungen bis hin zu Romanzen mit nicht so ganz konventionellem Ausgang ist alles dabei und zudem gibt es noch ein teilweise kostenfreies virtuelles Rahmenprogramm. Vielleicht ist für die vielen Filmfreunde hier im Blog das eine oder andere dabei, off the beaten track …

 

„Natürlich kenne ich nur einen Bruchteil der sehenswerten neueren Filme. Und Filmkritiken brauche ich auch nicht wirklich. Jedenfalls nicht im Vorfeld. Da ich stets nur sehr wenig über einen Kinofilm wissen möchte, und trotzdem ein gutes Gefühl haben will, wenn ich „play“ drücke oder, zuletzt immer seltener, in einem Kinosessel versinke, findet bei Filmkritiken vor dem möglichen Erlebnis nur ein Drüberhuschen statt – bei  „rotten tomatoes“ reichen mir die kurzen schlaglichtartigen Sätze einer „review“, um eine Entscheidung zu fällen. N a c h dem Sehen eines Films lese ich gerne interessante Besprechungen – genauso funktioniert die Fundierung der Filmkritik aber nicht – sie will ja (eigentlich) dem Kinogeher Hilfestellung geben, vor dem Erlebnis.

Expertentum funktioniert genausowenig bei mir, wie eine Anhäufung von Oscars. Es bleibt letztlich ein Stück weit Glückssache. Und ein kaum fassbarer subjektiver Faktor dessen, was im Erleben eines Films gesucht wird. Ein Glücksfall der letzten Jahre waren eine Handvoll Filme, die ich wieder und wieder sehen kann. Neben meinen „Klassikern“.

Es gab andere beeindruckende Filme, die bei mir dann doch verblassten (warum auch immer). Diese folgende Liste aber hat ihren Stammplatz bei mir sicher, sie sind unvergesslich, und ich kehre gerne zu ihnen zurück, auch zu ihren Unheimlichkeiten.

 

Alfonso Cuaron: Roma 

Alex Garland: Ex Machina 

Steven Knight: Locke 

Spike Lee: BlacKkKlansman

David Robert Mitchell: It Follows 

Abbas Kiarostami: 24 Frames 

Dennis Villeneuve: Sicario *

Damien Chazelle: First Man

 

Kein Zufall, dass in den meisten dieser Werke die Musik brilliant eingesetzt ist. Cuaron hat einige tolle Filme gemacht wie „Gravity“ (yep!) oder „Y tu mama tambien“ (2001, schon lange her), aber ich lasse in meiner Truhe einen Regisseur nur jeweils einmal auftauchen. Filme wie „Die Verlegerin“ oder „Green Book“ finde ich gut und durchaus erbaulich, aber sie reizen mich nicht ein zweites Mal (ausser in geselliger Runde und gemütlichem Zusammensein). Filme wie „A Star Is Born“ und „Bohemian Rhapsody“ verpuffen bei mir zehn Minuten nach dem letzten bewegten Bild, ich lasse mich nicht gern melodramatisch gängeln. Ich hoffe auch sehr, dass in meiner „Schatzkiste“ der eine oder andere „Kontroversling“ dabei ist.

Nun kommt die Risikoliste – nach allerlei „Drüberhuschen“ und „Hörensagen“ freue ich mich auf folgenden kleinen Stapel Blu Rays im „electric cinema“ und hoffe, dass der eine oder andere daraus, am besten alle, den Sprung in die Schatzkiste schaffen. Sechs Kandidaten, und ich hoffe, meine männliche Intuition trügt nicht. 


Bong Joon-ho: Parasite  / James Gray: Ad Astra  / Jim Jarmusch: Paterson  / Alexandre Aja: Crawl  / Ari Aster: Midsommar  / Riley Steams: The Art of Self-Defense

 

* Wer sich für „Sicario“ begeistern kann, wird bei James Lee Burkes Romanen „Regengötter“ und „Glut und Asche“ wohl voll auf seine Kosten kommen, sowieso ein Meister seines Fachs.


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