Teile der Welt in einer Nusschale zu transportieren, ist ein normaler Aspekt des Reisens. Welche Dinge nehme ich mit, wenn ich in der kommenden Woche nach Sylt reise, einer derzeit so leeren Insel? Es ist heutzutage leicht, ganze Bibliotheken und Musikarchive mit sich zu führen, aber ich bevorzuge, wie in alten Zeiten, eine relativ sparsame Auswahl. Da ich dort nicht zuletzt in warmen Decken wie dezent verwitterten Strandkörben (der Horizont geöffnet bis zum Einbruch der Nacht), eine Art beschwingte Ruhe suche, Gedanken fliegen lasse, einsame Drachen steigen (ein Bild für flatterhafte Kindheitserinnerungen), in diesem besonderen Alleinsein, diesem kompletten Bruch der Routine, brauche ich keine Bücher, die mehr desgleichen anbieten, dafür mehr oder weniger fluchtfreudige Parallelwelten. Folgendes ist in meinem Toyota, meiner Stube, griffbereit, während ich Inselkünstler aufsuche, den Kapitän der Sansibar, und aus Zufallsbegegnungen am Meer psychdelisches Ozon schöpfe, entlegendste Räume auf mich wirken lasse: die neue Ausgabe der Zeitschrift „11 Freunde“ („Das Spiel geht weiter“), Michael Connellys jüngster, erstmals bei Kampa verlegter Roman „Late Show“ (liegt in der Hand wie ein altes Karl May-Buch – das Cover wie eine andere Variante von Geisterstadt), Benjamin Moussays Ende Mai erscheinendes Solopianoalbum, produced by Manfred Eicher (ein Traum!), der Soundtrack zu Wim Wenders’ „Bis ans Ende der Welt“, die Serie „The Deuce 3“ (ein anderes altes New York, Mitte der Achtziger Jahre), sowie ein Kartenspiel für meditative Patiencen in vollkommener Windstille. Übrigens, in hoher Konzentration ist Ozon ein tiefblaues Gas. Und die Jukebox von Hörnum gibt weiterhin keinen Ton von sich.