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Archives: Januar 2020

2020 5 Jan

Elton John with Ray Cooper: Live From Moscow 1979

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Vor drei Jahren schrieb ich in meiner minutiösen, kommentierten Diskografie des Gesamtwerks von Elton John, wie bedauerlich es sei, dass es (bis heute) kein echtes Soloalbum des Piano-Popstars gäbe, allenfalls das 2013er Album The Diving Board kommt dem halbwegs nahe; das MTV-Unplugged-Konzert aus dem Mai 1990 wurde bis heute leider nicht als LP veröffentlicht. Die neue Veröffentlichung eines Konzerts aus dem Jahr 1979 und andere Konzertalben-Reissues From the Archives wie 17-11-70 schüren neue Hoffnung, dass Unplugged womöglich doch bald auch mal erhältlich sein könnte.

Elton John spielte im Mai 1979 acht Konzerte in der Sowjetunion, was, soweit ich immer verstanden habe, für die damalige Zeit ein nicht unbedeutendes Ereignis war: Die kommunistischen Behörden erlaubten in den 1970ern erstmals Konzerte westlicher Rockmusik, zudem von einem reichen, auf der Bühne sehr extravaganten und offen homosexuellen Star, der in den 1970ern teils mehr Platten verkaufte als jeder andere. Im Anschluss wurde sogar Elton Johns LP A Single Man (1978), die den Rahmen der Tour vorgab, offiziell in der UdSSR veröffentlicht. Laut Informationen bei Wikipedia kostete eine Karte für eines der Konzerte 8 Rubel, was in etwa dem durchschnittlichen Tagesverdienst in der Sowjetunion entsprach. Allerdings wurden mehr als 90 Prozent der Karten von hohen Parteimitgliedern, Diplomaten und Militäroffizieren erworben. Der Rest kostete auf dem Schwarzmarkt das bis zu 25-fache des offiziellen Preises. Wie in vielen anderen Ländern des früheren Ostblocks war westliche Popmusik nur illegal und zu hohen Preisen zu bekommen.

Da die UdSSR-Konzerte Teil der Tour A Single Man waren, spielte Elton John jeweils die erste Hälfte des Abends solo am Piano, was ihm natürlich einige improvisatorische Freiheiten erlaubte, die man in den üblichen Bandkonzerten nicht zu hören bekommt; in der zweiten Hälfte kam Perkussionist Ray Cooper hinzu, der seit den frühen Siebzigern und bis heute immer wieder Teil von Eltons Konzertband war. Der oft extravagant aufspielende „Mad Ray Cooper“, bald 80 Jahre alt, spielte seit den Sechzigern mit The Who, Pink Floyd, den Rolling Stones, Eric Clapton oder auch George Harrison. Ich selbst hatte die Freude, ihn bei der Tour 1995 zu erleben, auf der Elton John nach Jahren der Keyboard-Lastigkeit erstmals wieder mit einem richtigen Flügel und einer elektronik-befreiten Rockband unterwegs war.

Eltons Idee der Tour war, auf die Extravaganz seiner früheren Auftritte zugunsten eines Fokus auf Piano und Gesang zu verzichten. Für die Russlandkonzerte erhielt er wohl jeweils eine Gage von 1000 Dollar. So wenig hatte er angeblich seit den Konzerten seines Durchbruchs im Troubadour in Los Angeles nicht erhalten.

Aufnahmen der UdSSR-Solotour waren bislang nur auf einer raren VHS-Veröffentlichung zu bekommen. Die BBC hatte das letzte Konzert am 28. Mai live aus Moskau übertragen, was laut BBC Radio 1 die erste Stereo-Satellitenverbindung zwischen der UdSSR und dem Westen war. (Hier ein kurzer Ausschnitt aus der Fernsehfassung der BBC.) Zum 40-jährigen Jubiläum gab es 2019 eine limitierte (und sehr teure) „Record Store Day“-Doppel-LP dieses Konzerts, die nun auch dem Normalbezahler erhältlich gemacht wurde, wahlweise auch als Doppel-CD.

Die Auftritte waren über zwei Stunden lang. Laut Wikipedia spielten John und Cooper bei diesem Konzert in Moskau rund 30 Songs – wobei Pinball Wizard (The Who) und die Beatles-Hits Back in the USSR und Get Back nur in Medleys im Zugabenteil mit Saturday Night’s Alright und Crocodile Rock untergebracht waren. Hier liegt – neben der mittelprächtigen Klangqualität der alten Aufnahmen – leider auch das größte Manko dieser Veröffentlichung: Ein Fokus wurde, wie so oft, wieder einmal auf die Hits gelegt. Brauchen wir die 78. Liveaufnahme von Bennie and the Jets, Sorry seems to be the hardest Word, Rocket Man und dem Schlager Daniel? Ja, die Performance ist toll, und auch Goodbye Yellow Brick Road und gerade improfreudige, aber seit 50 Jahren in nahezu jedem Konzert gespielte Piano-Rocknummern wie Take me to the Pilot und Saturday Night’s Alright (YouTube) sind immer wieder mitreißend. Die eigentlichen Schätze sind allerdings die längst aus dem Konzertprogramm verschwundenen Stücke wie Crazy Water, Tonight (sehr nahe an der Studioversion von 1976 gespielt, daher nicht allzu spannend), Better Off Dead und ein fröhliches Cover von I Heard It Through The Grapevine. Auch schön, dass Funeral For A Friend und das simplizistische Frühwerk Skyline Pigeon dabei sind.

Geradezu frustrierend ist allerdings, dass viele in diesem Konzert gespielte Raritäten, die ja nun locker auf einer Doppel-CD mit Spielzeit von bis zu 160 Minuten Platz gefunden hätten, weg gelassen wurden: die sympathischen Country-Songs Roy Rogers und I Feel Like a Bullet (In the Gun of Robert Ford), das grandios jazzige Idol und weitere tolle Stücke mit viel Piano wie Where to Now St. Peter, Ego, Part-Time Love, I Think I’m Going to Kill Myself, Sixty Years On und Song for Guy, die man kaum einmal wieder live zu hören bekam. Die CD bietet letztlich nur 16 Tracks, lässt also fast die Hälfte des Konzerts weg. Das ist eine große Enttäuschung. Nein, ein echtes Ärgernis.

“The 1960s: A lot of people remember hating President Lyndon Baines Johnson and loving Janis Joplin and Jim Morrison, depending on the point of view. God rest their souls.” (Richard Brautigan, The Tokyo-Montana Express)

 

 


Der vertraute Klang eines Cocktailshakers voller Eis und entfernter Möwen weichen einer einfachen Melodie, einem im Licht sich räkelnden Rhythmus. Wir befinden uns auf einer Zeitreise in ein Japan, das bald eine halbe Ewigkeit zurückliegt. Die Siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts, jene tollkühme Dekade. 
Wir träumten damals vom Fujiama, der uns auf grossen Briefmarken entgegenblickte, verspielt und majästetisch, als wir baby boomer waren. Japaner träumten anders. Und so befinden wir uns gerade mitten in einer Musik, die deren ausgesuchte Urlaubsparadiese zu damaligen Wirtschaftsblütezeiten heraufbeschwörte. Die südlichen Inseln im Pazifik. „Pacific“ ist der Titel dieser Langspielplatte. Das Werk entstand 1978. fast alles instrumental, bis auf die eine Zeile, die mit dem Sommer in ihrem Haar welche alle Träumerei auf den Punkt bringt. Die drei Pazifikforscher: Shugeru Suzuki, Harry Hosono, der bald das Yellow Magic Orchestra mitgründen sollte, und der Dritte, einer der Cracks der japanischen City Pop-Szene, Tatsuro Yamashita. Wir kennen einen alten Bekannten, der auf dem Album auch mitmischte, Ryuichi Sakamoto. So jung, man glaubt es kaum. Eine Prise früher Synth-Pop, die japanische Variante amerikanischer Exotikträume a la Les Baxter, melodische Funkrhythmen, ein schwebender Horizontöffner, eine Brise New Age, easy peasy, soft and breezy. Safe journey.

 

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Einige Echos aus dem fernen Amerika sind zu vernehmen, Urstoffe, Sounds, die japanische Musiker auf die Idee brachten, manches aus dem Hippie-Westen in eigene Sphären zu locken. „Heroes and Villains“ war gerade in der Sandwichposition zu hören, zwischen zwei Kompositionen aus einem allerfeinsten Ambient Music Album made in Japan. „Green“ von Hiroshi Yashimura. Ein Klassiker aus der Ferne. Der 2003 verstorbene Yoshimura gehört zu den Ambient-Pionieren Japans, ein Inspirator und Förderer von Kankyo Ongaku, der japanischen Version von Ambient Music. Über diese Bewegung KANKYO ONGAKU brachte das japanophile Label Light in the Attic eine vielgerühmte Compilation heraus. Uli Koch schreibt auf dem Blog der Manafonisten:

 

„Bei Green geht es nicht um frühe ökologische Klangverkompostung, sondern viel mehr, wie in Yoshimuras gesamtem Werk um shizukesa, was sich annäherungsweise als subtiles Konglomerat von Heiterkeit, Gelassenheit, Ruhe und Stille verstehen lässt und seine weiteren darin verborgenen Nuancen sich am besten beim Hören erschließen.“

 

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Nun zu einer weiteren Japan-Edition des Labels Light in the Attic.  „Pacific Breeze 2“ ist, wie die letztjährige Ausgabe von City Pop, eine Schatztruhe für Musikfans, die sich an eine vergangene Ära erinnern möchten, wenn auch mit einer exotischen Note. Dies sind Songs, die Sie außerhalb ihres Ursprungslandes wahrscheinlich noch nie gehört haben. Dennoch lässt ihre Ähnlichkeit mit global bekannteren Liedern der damaligen Zeit, aus den USA, aus England, sie wie etwas klingen, das aus den dunklen Tiefen des Unterbewusstseins geholt wurde, oder wie ein besonders lebendiger Traum. Es gibt Geheimnisse, unbestreitbares Handwerk und die eindringliche Anziehungskraft der Tanzfläche. Zeit, an den Strand zu gehen und die Lautstärke aufzudrehen. Wenn das mal alles in diesen Zeiten so einfach wäre! Jede Menge Wunder und Plunder finden sich hier. Japanische Ohrwürmer, aber auch nicht so geistreich imitierte Schwingungen. Aber selbst in vertrauten Akkorden und Riffs machte sich eine andere urbane Exotik breit, sobald nur eine japanische Stimme uns etwas ins Ohr hauchte. Meine. Lauschen Sie mal, hier kommt, neben anderen Lichtspielen, „Last Summer Whisper“. Zwischendrin ein ganz und gar amerikanisches Original, Nina Simone. Pacific Breeze 2: Japanese City Pop, AOR & Boogie 1972-1986, der Titel dieser Songsammlung, mittendrin  zwei Lieder aus  Nina Simones Fodder On My Wings, das 1982 auf einem kleine französischen Label erschien. In Japan hatte sie stets eine grosse Fangemeinde. Das Album erzählt von ihren Reisen durch die Welt. 

 

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Das Cover von „Pacific Breeze 2“ ist mehr als einen Blick wert. Hiroshi Nagai liebte alle Spielarten des City Pop. Und er war einer der gefragtesten Coverkünstler Japans. Vorne eine Wasserstrasse, ganz hinten das Meer. Hinter einer grossen Palme breitet sich, ins abstrakten Linien eine Stadt aus, in unwirklichen Rosa und Blautönen. Eine Glitzerfunkelcity. Eine PopArt-Sommerstimmung. Hiroshi Nagai liebte solch surreale Darstellungen, er malte auch seine Traumbilder von Hawai und New York auf seinen ganz realen Reisen durch die USA. Unsere japanische Klangreise endet, wenn die Zeit reicht, mit zwei weiteren Kompositionen des Albums „Pacific“ von Hosono, Suzuki und Yamashita. Zuerst „Nostalgia of Island”, später der wilde Ritt von „Cosmic Surfin‘“, zwischendrin pure Magie, „Surf‘s Up“ von Brian Wilson und Van Dyke Parks. Und wenn in den nächsten Wochen mal ein kleines Buch von Richard Brautigan auf Ihrem Nachttisch landet, hat diese Stunde mehr erreicht, als sie zu träumen wagte.

 

2020 2 Jan

Zwei Eins Zwanzig

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Und dann, um Mitternacht prosteten wir uns mit Orangensaft zu. Keiner von uns Beiden sagte etwas; auch dieses Mal verständigten wir uns wortlos. Gesten? Absolut wertlos. Die Tränen blieben in unseren Augen; wir sahen uns nur an. Die Beleuchtung im Zimmer blieb gedimmt, wir schauten vom Fenster aus dem lustigen Treiben und den Farbfontänen am Himmel zu. Von hinter deinem Rücken zaubertest Du Wunderkerzen hervor. Ein Feuerzeug war zur Hand. Und wo andere auf ein neues Jahr in grösser, bunter, heller hofften …, da wussten wir in unserer trauten, abgeschirmten Wirklichkeit schon mehr als alle Anderen.

 

2020 2 Jan

Jumping Frogs

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Some years ago a Golden Retriever crashed into my bike. Unfortunately we both were on a high level fitness mode which means: wild things run fast. Luckily the dog was undamaged, did a quick shake to heal his trauma and then went on. Meanwhile the cyclist – which unfortunately was me – jumped over the handlebars like a dolphin but instead of warm water harsh gravel gave a not so warm welcome. Days later the surgeon said: „Instead of an irreparable discus lesion now on your left hand a clean fracture would have been less complicated!“. The following course of rehab exercises to heal that hand, doing a self-invented physiotherapeutic training on the fingerboard of my guitar, had an inpact on the generally way of playing it, led to more melodic playing and trying to imitate and enscrypt the songs I love. In the earlier days I thought that many songs were impossible to play: like bitches brew, obscure magic, intransparent structures. Well, the good news is: nearly everything that someone plays (exept the songs of Pat Metheny, haha) or sings or whatelse, can be copied and anticipated. This process can be very thrilling, like acoustic crossword puzzles, means: analysis by ear and then transcription to guitar. How exactly works that bassline? Can it be transformed into fingerpicking style? And so on. I hope to find the time (and discipline) to offer some of my crossword solutions more detailed in the next future. For now I may present a list of artists that performed or created the songs I am hunting for like a hot dog, jumping frog in Albuquerque: Prefab Sprout, Bon Iver, Joni Mitchell, Steely Dan, Peter Gabriel, John Martyn, Tori Amos, Alanis Morisette, Aldous Harding, Greg Allman, Joanna Newsom, Paul Brady, Kurt Vile, Tracy Chapman, Genesis, Sting, Eric Clapton, Djavan, Natalie Merchant, Walter Becker, Prince, David Sylvian and Yelawolf. Just to name some very few.


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