on life, music etc beyond mainstream
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2019 11 Dez
Hans-Dieter Klinger | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | 1 Comment
2019 8 Dez
Uli Koch | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Tags: David Torn, Sonar, Stephan Thelen | 1 Comment
Im vergangenen Jahr fand das Album Vortex von Sonar mit David Torn in den Jahresbestenlisten recht viel Resonanz und war sicherlich eines der bemerkenswertesten Alben von 2018 was die Konzeption, aber auch die Vitalität anging. 2019 haben nun zwei konzeptionell unterschiedliche, aber musikalisch höchst interessante Folgealben das Licht der Welt erblickt. Das Erste, Fractal Guitar vom Sonar-Kopf Stephan Thelen, der hier einige Side-Projekte mit Markus Reuter, David Torn und Henry Kaiser in bemerkenswert differenzierter und komplexer Weise umsetzt. Thelen schreibt in den Liner-Notes:
After a few years of playing without effects apart from reverb in Sonar, I felt the urge to compose and record some pieces in which effects were an integral part of the music. I especially wanted to use an effect I worked with before Sonar, which I call “Fractal Guitar” — a rhythmic delay with a very high feedback level that creates cascading delay patterns in odd time signatures such as 3/8, 5/8 or 7/8.
Daraus ergeben sich hochkomplexe Patterns, die von seinen Mitspielern – dabei auch Manuel Pasquinelli von Sonar – in fünf kongenialen Stücken treibend, tanzend und eine sogartige Tiefe entwickelnd entwickelt werden und selbst nach mehrmaligem Hören noch neue verschachtelte Räume und Klangnuancen offenbaren.
Im Gegensatz zu Vortex, bei dem die Beiträge David Torn’s eher spontan enstanden sind, wurden die aktuellen Stücke des Sonar-Albums speziell für Torn komponiert, wobei eigentlich mehr die Pattern und Strukturen entwickelt wurden um den Raum für eine improvisatorische Erkundung der minimalistischen, repititiven und rhythmisch komplexen Muster zu schaffen. Diese wurden dann in einer fünftägigen Marathonsession eingespielt, wobei so viel Energie und Material freigesetzt wurde, dass Sonar entschied, daraus zwie Veröffentlichungen zu machen, von denen Tranceportation Volume 1 mit vier Stücken jetzt erschienen ist. Dadurch, dass die Musik sich hier ganz sensibel und iterativ im intensiven aufeinander Hören entwickeln konnte sind die Stücke tranceartiger (was der Name bereits andeutet), ruhiger und hypnotischer. Stephan Thelen vergleicht die zugrunde liegenden Ideen gerne mit den Bildern M.C. Escher’s, die durch Wiederholungen und Verzerrungen, ungewöhnliche Kachelungen und Farbnuancen komplexe Vexierbilder ergaben, die oft erst ihre Substanz nach längerem Hinschauen offenbaren. Tranceportation ist wahrlich das akustische Pendant zu Escher’s Mosaiken in denen die tritonal gestimmten Gitarren und Bässe einen verschroben-versetzten Klangteppich erzeugen über dem Torn’s Gitarre ätherisch-zehrend schwebt und den Hörer erst in das lange und vielschichtige Labyrinth lockt, um ihm dann in der Falle akustischer Doppeldeutigkeiten zu partitionieren (Partitions), ihm eine scheinbare Pause in Red Sky (vielleicht eine kleine Anspielung auf Torn’s letztes Soloalbum Only Sky) gönnt und ihn dann im finalen Tunnel Drive in eine faszinierende Tiefe zu ziehen, bei der sich der Ausgang aus dieser Klangreise möglicherweise erst im kommenden Frühjahr, wo dann der zweite Teil der Sessions erscheinen soll, offenbaren könnte. Bis dahin könnte es passieren, dass der eine oder andere Hörer mit Tranceportation im Kreis herumdriftet, ohne diesen als solchen zu erkennen. Geht bei Escher-Bildern ja auch …
Ein Leser hat vor kurzem die vollkommene Leere der rechts oben platzierten Rubriken beklagt. Als bald darauf unter den „Albums of December“ Jacky Terrasson versteckt lag, wurde dies nicht goutiert.
Hier ist mein Geständnis:
Terrasson 53 ist von mir. Es war eine kleine Übung in Sachen „Album of December“. Die Rubrik oben rechts hatte ich immer links liegen lassen.
Die Frage „Konnte das nur M.E.?“ hat meinen Ehrgeiz angestachelt, Alter forscht …
Ich lösch das sofort wieder. Es handelt sich aber um ein schönes Album.
Ja, es ist ein schönes Album, und nicht nur eines für December. Vermutlich ist Jacky Terrasson den Autorinnen und treuen Lesern des Manafonistas-Blogs gar nicht bekannt, denn er tritt selten in Deutschland auf, ist obendrein kein ECM-Artist und nimmt vorwiegend bei BLUE NOTE auf, wo dieser sog. Art-Blakey-Bullshit zu Hause ist.
Aber langsam! Es gibt auch Gemeinsamkeiten beider Labels. Dieses Jahr sind sie Jubilare. BLUE NOTE ist 80, ECM 50 Jahre alt geworden. Die ihnen verbundenen Artisten gehören zur Crème de la Crème der improvisierten Musik, und nur bei wenigen anderen Labels dürften Toningenieure derart legendären Ruhm erworben haben wie Rudy van Gelder (BLUE NOTE) und Jan Erik Kongshaug (ECM).
Jacky Terrasson wurde 1965 als Sohn einer Afro-Amerikanerin und eines Franzosen in Berlin geboren und wuchs in Paris auf. Noch während seiner Schulzeit studiert er Klassische Klaviermusik, wendet sich aber bald dem Jazz zu. 1986 verlässt er Paris, um am Berklee College of Music zu studieren.
Ich habe ihn zum ersten Mal in einer TV-Aufzeichnung des Ron-Carter-Trios bei der Jazzwoche Burghausen 2006 gesehen. Dieser Auftritt enthielt eine beeindruckende Version von My Funny Valentine.
Terrasson ist ein technisch brillanter Pianist. Das kann Bewunderung auslösen, aber Faszination stellt sich erst dann ein, wenn Originalität und Einfallsreichtum im Überfluss sprudeln. Darauf kann ich mich bei Jacky verlassen. Deswegen befinden sich mehrere seiner Alben in meiner Sammlung. In gewisser Weise folgte er den Spuren Keith Jarretts, nicht stilistisch, sondern auf den Pfaden der Standards, unter denen sich ja auch harmlose, geradezu banale Früchtchen befinden. Wenn ich höre, wie er zusammen mit Cassandra Wilson Tea For Two in einen raffinierten Mantel kleidet, dann allerdings leuchten meine Ohren.
Das Album 53 enthält Eigenkompositionen, bis auf eine Ausnahme: eine melancholische Ballade von Mozart. Auf seiner Homepage schreibt Terrasson über das neue Album.
Why 53? – Simply because I conceived of and recorded this music during my 53rd year and on this occasion I wanted to make a record that really reflected me. At the age of 53, a man begins to feel he has reached a form of maturity, is at his peak, and so can look at life with a certain distance and see things more clearly. With this record I wanted to give everything of myself, to take risks, while assuming my career, my artistic choices, my life … and my age!
In diesen musikalischen Spiegelbildern verbergen sich auch Reverenzen vor Künstlern, die ihm viel bedeuten. Diese sind nicht leicht zu erkennen. Soweit es mir gelungen ist, habe ich es hier angedeutet.
2019 7 Dez
Manafonistas | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Comments off
Utopia Avenue is the great rock and roll novel – an epic love letter to the greatest music ever made and the book the music has always deserved … it will strike a mighty chord with the generation who were there, and all the generations who followed, who only wish they were there.
(Tony Parsons)
Far out and utterly groovy. A psychedelic, polyphonic adventure and a wonderful evocation of that euphoric moment in the late ’60s when it seemed music really could change the world … A beautifully rendered four-part harmony … I was enthralled.
(Jake Arnott, author of THE LONG FIRM)
In his forthcoming novel (release date July 14) David Mitchell turns his eye on the dark end of the 1960s, a story of music, dreams, drugs and madness, love and grief, stardom’s wobbly ladder and fame’s Faustian pact. There’s Gene Clark of The Byrds, for example, who admires a guitar figure of Jasper’s (“So that’s an F major seventh? … I call it F Demented”). Janis Joplin, Leonard Cohen, Syd Barrett, Jackson Browne, and Jerry Garcia turn up (as does, decades later, the brilliant band Talk Talk, acknowledging a debt to the Utopians). There’s even a highly learned if tossed-aside reference to how the Stones’ album Let It Bleed earned its name. Bone spurs and all, it’s realistic indeed and just the thing for pop music fans of a bygone era that’s still very much with us. So, don’t think twice: this seems to be the book some Manafonistas will dive into, no matter if they had been part of the ancient journey or not. Might be the right time for a parallel reading adventure, guys!
2019 5 Dez
Hans-Dieter Klinger | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | 7 Comments
FULL LIVE
Carla Bley Trio
16. Mai – München, Unterfahrt
Habib Koité
23. Oktober – Helmbrechts, Kulturwelten
Nik Bärtsch’s RONIN
22. November – Jena, Kulturbahnhof
Shai Maestro Trio
30. November – Nürnberg, Kulturwerkstatt auf AEG
HALF LIVE
Klavierabend Daniil Trifonov – Beethoven, Schumann, Prokofiev
21. Februar – Digital Concerthall der Berliner Philharmoniker
Peter Tschaikowsky, Sinfonie No. 5 in e-Moll
9. März – Digital Concerthall der Berliner Philharmoniker
Berliner Philharmoniker, Dirigent Kirill Petrenko
RONIN RHYTHM RECORDS
Nach dem Konzert von RONIN in Jena besuchte ich im virtuellen Raum Nik Bärtsch’s Welt und machte erstaunliche Entdeckungen
IKARUS – Chronosome
Ronin Rhythm Records – RON 016
Ingrid Lukas – We Need to Repeat
Ronin Rhythm Records – RON 008
Sha’s Banryu – Chessboxing Volume One
Ronin Rhythm Records – RON 007
CRAZY
zeitkratzer Performs Songs from the Albums „Kraftwerk“ and „Kraftwerk 2“
zeitkratzer Records – zkr0021
zeitkratzer – Neue Volksmusik
zeitkratzer Records – zkr0014
I’ve not been listening to albums specifically from this year. I even forgot that Pino Palladino/Blake Mills’s Notes With Attachments came out in 2021. It’s a great album in terms of compositional form. Musically it’s very different, but it reminds me of the place I was in when I started to put together Sons Of Kemet’s Black To The Future. I love its warm, organic atmosphere. Madlib’s Sound Ancestors contains one of my favourite tunes of recent memory – Road Of The Lonely Ones.I’ve listened to that more times than I’d like to admit. The album is such a deep work, I can tell it’ll keep growing on me.
I’ve been learning the shakuhachi flute, so I’ve been listening a lot to Watazumi Doso Roshi too. He’s a Japanese master shakuhachi player. He doesn’t specifically consider himself a musician, but uses music as a meditation and spiritual exercise in order to connect with nature, in the zen tradition. Before I started listening to Hotchiku [1968] I had this idea it would be this sort of passive, new age-y background music. It’s not at all. It’s pretty turbulent, unpredictable and full of dynamism. You can really feel the emotion, really sense the natural world.
2019 5 Dez
Lajla Nizinski | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Comments off
Wilco: Ode to Joy
Neil Young: Colorado
Robert Forster: Crazy Jane on the day of judgement
Lucinda Williams: East side of town
Souad Massi: Ghir Enta
Loredana Bertè: Cosa ti aspetti di me
Sophie Hunger: Spaghetti mit Spinat
Ludwig Hirsch: Komm grosser schwarzer Vogel
Hannes Wader: Am Fluss
P.J. Harvey: Kamikaze
k.d. lang: Wash me clean
Annie Lennox: Why
Captain Beerheart: Sheriff of Hong Kong
Schostakowitsch: Cello2 op.126
Pavarotti, Brian Eno, Bono: Miss Sarajewo
Albums of this Year
5 Michael Formanek – Time Like This
1 Kris Davis – Diatom Ribbons
3 Michele Rabbia – Lost River
6 Joshua Redman Quartet – Come What May
4 David Torn – Sun of Goldfinger
2 Julian Lage – Love Hurts
7 Aldous Harding – Designer
Some other Albums
Todd Neufeld – „Mu’u“ (2017)
Flux Project: Pyr|n (2014)
Kris Davis – „Aeriol Piano“ (2009)
Tyshawn Sorey – „Koan“ (2009)
Music Video of the Year
Aldous Harding – „The Barrel“
2019 4 Dez
Michael Engelbrecht | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Tags: TV Serien | 1 Comment
„With its wistful tone, subtle, folky score and confidence in letting dialogue and sentiments breathe, it’s a show that does not feel the need to shout about its strengths. In fact, the series is not even really about metal-detecting. The hobby could be replaced by trainspotting, bird-watching or just spending too much time in the shed. It’s what these characters are running from, as much as what they are looking for, that lies at its heart.“ (David Renshaw, The Guardian).
Wer hätte schon gedacht, dass das amerikanische Folk-Duo Simon & Garfunkel zum coolsten „running gag“ der jüngeren BBC4-Historie mutieren, und im Norden Suffolks auf Schatzsuche gehen würde!? Und dass in der zweiten Staffel die botswanische Black Metal-Combo „Black Crust“ den heimischen Gefilden einen bizarren afrikanischen Horizont öffnen würde, ohne dass von ihnen nur ein einziger Brachialsound erklingt. In einer Zeit, als Ray Davies mitten im „love & peace“-Rummel zwischen Carnaby Street und Marquee Club die Spuren eines alten, immer mehr verschwindenden Britanniens nachzeichnete, hätte er auch hier in der Provinz fündig werden können, bei diesen im Scheitern erprobten „Metalldetektoristen“. In einer Szene findet Lance tatsächlich ein altes Teil unter der Erde, mit römischer Inschrift: „Status Quo“. Leider nur die Devotionale eines anonymen Rockers.
2019 3 Dez
Martina Weber | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Tags: Kurzfilm | Comments off
Vielleicht wächst man in eine solche Lebenshaltung hinein. Als ich aufs Gymnasium kam, waren in meiner Klasse 39 Schülerinnen und Schüler. Es hätte nur einer gefehlt, um eine weitere Klasse zu bilden, aber sie hatten vor auszusieben. Damit nicht einige Schüler ein ganzes Jahr in die letzten Reihen verdammt waren, führte die Klassenlehrerin ein routierendes System ein. Jeden Montag wechselten wir die Plätze, immer eine Reihe weiter nach hinten, und wenn wir in der letzten Reihe angekommen waren, mussten (oder durften) wir in der kommenden Woche in der ersten Reihe sitzen. Wir behielten das jahrelang bei. Irgendwann fiel mir auf, dass die Schrift der Lehrer vorn auf der Tafel immer verschwommener wurde, je weiter hinten ich saß. Ich versuchte es, logisch zu erklären, aber Beate, meine Banknachbarin schien keine Probleme damit zu haben. Besonders dramatisch: die Folien mit ihrer winzigen Schrift, die der Erdkundelehrer so gern auf den Overheadprojektor legte. Ich hielt lange durch, gewöhnte mich an eine gewisse Unschärfe, die die Welt für mich weicher werden ließ. Es lag immer etwas dazwischen. Ich fühle mich gleichzeitig unsicher und geschützt. Mein Vater sagte, wenn du achtzehn bist, bekommst du Kontaktlinsen. Als ich meine erste Brille aufsetzte, war ich schockiert von der Brutalität der Schärfe: die Brillengestelle im Optikerladen, der Blick in den Spiegel. Draußen die Straße mit ihren Schildern, weit weg, und dennoch: spontan lesbare Schrift. Alles war gleichzeitig da. Mir wurde so schwindlig, dass ich mich setzen musste.
Zwei Takte rhythmisches Saxophonspiel.
Die ganze Aufregung liegt leider in der Unschärfe. Im flüchtigen Wahrnehmen und im blinden Rausch liegt das ganze Glück.
Das erste Bild: ein misslungenes Foto. Da ist eine Wiese, am Horizont eine Reihe von Bäumen. Darüber eine Schicht von Farblosigkeit und Grau. Im Vordergrund ist nichts erkennbar, weil alles weiß und überbelichtet ist. Es sind erst zwanzig Sekunden, und schon weiß ich, dass ich den Film mögen werde. Die Sätze, die Sprache, die Stimme. Die Bilderwelt, die sich entzieht. Weil die Welt damit angefangen hat, sich zu entziehen. We should synchronize.
Eine junge Frau mit dunklem Haar ist hier unterwegs. Ist egal, ob es ein kleiner verlassener Flugplatz ist oder was anderes. Alles ist in ihren Gedanken, auch wenn es den Mann wirklich geben wird, den sie an einem Tag im Februar getroffen hat. Ein Magier, der immer verschwindet. Auch wenn es die Zeichnungen aus Kohlestift gibt. Portraits, die sich verwandeln. Das Gespräch mit einer Freundin, und das Mädchen, das ihre Hand erst hält und später einfach davonrennt.
Gudrun Krebitz: Achill (2012). Länge: 8:53, verfügbar bis 20.12.2019 unter diesem Link.