Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2019 31 Dez

2.0 2.0

von: Lajla Nizinski Filed under: Blog | TB | 8 Comments

Wir waren froh darüber, wie wir lebten, wir gingen in den Wald 451 und rezitierten das, was wir auswendig gelernt hatten. Das Lehrgedicht von Palamedes, Hyperion, Faust, Wunschloses Unglück, Paare, Passanten … und kreierten neue Wörter. Greta Funberg, Meereseisjungfrau, Androidencookies, Instapound, Ey! Roller, KI ko … Nachts schliefen wir nicht, wir rieben uns aneinander und leuchteten wie die Glühwürmchen, so luden wir unsere Li-Ionen Batterien auf. Licht war uns alles. Der Wald unser Haus. Wir trugen luftige Kleidung, die langen, schönen Haare fielen aufgelöst nach hinten. Hüte trugen wir nicht. Wir realisierten das offene Poona Prinzip und surften auf Keyserling – Wellen. Unsere Kinder verspielten die Zeit. Sie schufen kleine Objekte, die sie über die Baumkronen hob. Sie waren echte, wilde Kerle. Wir sangen Lieder, die Beathoven vergessen hatte, aufzunehmen. Unser Gemeinschaftsgefühl hatten wir in 3D Welten gestärkt, unsere Herzen waren Blockchains. Wir kannten keine bitte, coins. Alle Macht für Niemand war unser Slogan. Probleme lösten wir mit der Erkenntnis von das Tun des Einen ist das Tun des Anderen. Anleitungen zum Glücklichsein verstanden wir nicht. Wir waren glücklich. Wir wussten, Kunst gibt es nicht. Das letzte Gedicht, das einer auswendig lernte, um es mit uns zu teilen, war von Kate Tempest:

 
 

Sprache lebt, wenn man sie spricht.

Bring sie zu Gehör.

Wörtern kann nichts Schlimmeres

geschehen, als unausgesprochen zu

vergehen.

Lass sie in deinen Ohren singen, in

in deinem Mund tanzen, in deinem Bauch

schmerzen. Lass sie wirken, dann

strafft sich alles und glänzt.

Alleingelassen zittert Poesie, sie wird

nur aufgenommen, um zerpflückt zu werden …

 

This entry was posted on Dienstag, 31. Dezember 2019 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

8 Comments

  1. Uwe Meilchen:

    🏆🏆💚💚

  2. Lajla Nizinski:

    Danke Uwe, gut zu wissen, dass alles im grùnen Bereich ist 🍀🍀🍀🍀

  3. Jochen:

    Der Text ist von dir, Lajla? Wow!

    Von Kate Tempest werde ich mir mal ein Buch besorgen …

  4. Lajla:

    Ja, homegrown :)

    Kate auch von Ingo und Martina geschätzt.

  5. Martina:

    Dieses Lebensgefühl ist eins deiner Lieblingsthemen, Lajla :)

    Ist aber nicht meins …

    Auch Kate Tempest nicht. Ich hatte vor einigen Monaten in verschiedene Gedichtbände von Kate Tempest hineingelesen, weil der Name hier immer wieder fiel und ich mir einen Eindruck verschaffen wollte, aber weder die Sprache noch die Themen haben mich gepackt. Vielleicht geht es Jochen anders und er macht eine Entdeckung.

  6. Michael:

    Wenn unsere Herzen wie Blockchains wären, dann wäre ihr Inhalt 1. öffentlich und 2. fälschungssicher. Das wäre vielleicht gar nicht so schlecht.

    Zu „Sprache lebt, wenn man sie spricht“ fällt mir ein: Vielleicht sind manche Gedichte der Versuch, eine Sprache zu finden, die selbst dann noch lebt, wenn nur noch einer sie spricht.

    Und „leuchteten wie die Glühwürmchen“ kann ich mir lebhaft vorstellen.

  7. Lajla:

    Mein Lieblingsthema ist die Sprache. Die Idee zu diesem Text kam mir im neuen StarWars Film. Ich verknüpfte altes Gelesenes mit neuem Vokabular und fùgte Fantasiewõrter hinzu. Das hat mir Spaß gemacht.

  8. Michael Engelbrecht:

    Mich würde interessieren, wer die Michael des vorletzten Kommentars war. Der Gedanke zu den Gedichten war interessant. Scheinbar ein Lyrikfuchs!


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