Vielleicht ist es das Buch einer Stunde, in der die Uhr längst Fünf nach Zwölf geschlagen hat: Wir sind das Klima! von Jonathan Safran Foer mit dem vielversprechenden Untertitel „Wie wir unseren Planeten schon zum Frühstück retten können“ ist meine erste Bekanntschaft mit diesem Schriftsteller, von dem man bereits viel Gutes hörte. Sein Bestseller Tiere essen machte schon vor einiger Zeit Furore und zeigt, wie der Titel sagt, die grosse Problematik der Massentierhaltung und industriellen Fleischproduktion, die ja auch massive Auswirkungen auf das Klima haben. So halte ich es, ohne Verlaub, für einen Skandal, wenn man Dieselautos und Kohleabbau als die Schädlinge Nummer eins darstellt, hingegen von jenem Volk, das sich im Hochsommer täglich tonnenweise Billigfleisch auf den Kohlegrill haut, kaum spricht.
Zurück zu Foer und damit zu erbaulicheren Zeit- und Artgenossen: er selbst verdeutlicht in ermahnender, unterhaltsamer, kluger und spannender Weise tiefe Zusammenhänge und kleidet sie in einen weiten Kontext. Mir gefällt ungemein dieser Schreibstil, indem man thematische Sachkenntnis mit biografischen, persönlichen Geschichten kombiniert und würzt. Dass ein jüdischer Schriftsteller seine Kultur und die Schicksale seines Familienstammbaumes dabei nicht unerwähnt lässt, ist bereichernd. Wir erfahren beispielsweise am Rande, was sich hinter dem Begriff Masada verbirgt ebenso wie wissenschaftlich Faktisches rund um die Erderwärmung. Diese Fakten werden in einem zentralen Kapitel des Buches aufgezählt und verblüffen. Gespannt und gebannt reibt der interessierte Leser sich die Augen.
Einige wenige Beispiele:
„Hätte die Geschichte der Menschheit nur einen Tag gedauert, wären wir bis zehn Minuten vor Mitternacht Jäger und Sammler gewesen.“
„Fünfmal in der Geschichte kam es zu einem Massenaussterben. Alle ausser dem Dinosaurier wurden durch Klimawandel verursacht.“
„Die vier wirksamen Massnahmen gegen Klimawandel, die der Einzelne ergreifen kann, sind: pflanzlich ernähren, Flugreisen vermeiden, auf ein Auto verzichten, weniger Kinder kriegen.“
Neben GRM von Sybille Berg – ich lese das parallel und es passt hier wie die Faust aufs Auge, nämlich „Quo vadis, Menschheit?“ gleichsam behandelnd, nur eben schwarzhumorig dunkelgründig und darum auch genauso liebens- und lesenswert – ist Foers Buch auch der Einstieg und die Übung von einem, der auszog, das Bücherlesen erneut zu erlernen, getrieben vom Unbehagen eines völligen Versinkens in digitalen Medienwelten, dem Klebenbleiben vor den Screens wie die Fliege an der Frontscheibe. Auch eine Art Wandel.