Ich sitze im Dortmunder Stadion neben einigen Arabern. Es findet kein Spiel statt. Ein grosser Schlacks, orientalisch wirkend, geht auf die Gruppe zu, bleibt vor der Araberin (oder doch Spanierin?) stehen, und gibt seiner Freude Ausdruck, sie wiederzusehen. Sie reagiert hart, sagt, er solle verschwinden, und jedes Stück seines Herzens mitnehmen. Offensichtlich bestürzt geht er weg. Ich sitze mit einem alten Klassenkameraden ein paar Stühle daneben, und X. Y. regt sich sehr über das Verhalten der Frau auf. Ich beruhige ihn und sage, das täte mir auch Leid für den Mann, aber wir kennen ja die Geschichte nicht. Trotzdem echauffiert sich X. weiter. Auf einmal kommen zwei Deutsche vorbei, die anfangen, die ausländische Gruppe zu beleidigen. Ich stehe auf, und sage den beiden, sie möge sich verpissen. Der Eine fixiert mich und sagt mir, wir sehen uns wieder. Dann unterhalten sich X. und ich über seine Lust an einem aussergewöhnlichen Fitnesstraining, er berichtet mir von einem neuen Zentrum nahe dem Stadion, in das zweimal die Woche gehe. Er würde dort zwei Stunden verbringen, und, tatsächlich, er wirkt auf mich fit wie selten zuvor. Schnitt. Ich stehe mit Jadon Sancho am Rande des Stadions, und ich bin froh, endlich kurz vor der Rückkehr ins Team zu sein. Vom Empfinden her bin ich ca. 25, und habe einen Vertrag beim BVB. Ich sage Sancho, wir unterhalten uns auf Englisch, dass ich ihm bei meinem nächsten Spiel ein Tor auflegen werde. Wir lachen und machen ein paar Spässe. Plötzlich wird mir bewusst, dass ich gar keine Fussballschuhe besitze. Was mich sehr verwirrt. Ich frage Sancho, wo er seine Schuhe gekauft habe, und er gibt mir eine Adresse. Ich mache mich auf den Weg dorthin, bin aber erst kurz hinter dem Stadion, als mir die dunklen, tief hängenden Wolken auffallen. Und der kleine Rassist ist nur ein Metallgitter und einige Meter entfernt. In dem Moment ist mir bewusst, dass er ein Messer dabei hat, und ich keine Chance. Er ist noch ein paar Schritte hinter mir, und, ohne dass ich erkenne, in einem Traum zu sein, erinnere ich mich daran, dass ich ja fliegen kann, und der bösartige Kerl nicht. Ich mache die entsprechenden Bewegungen, und fliege in den dichten Wolkennebel hinein.
6 Comments
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Martina Weber:
Neulich las ich die Nr. 7 der Literaturzeitschrift „Gasolin 23“, die von Jürgen Ploog mitherausgegeben wurde und das Thema „Träume“ ausrief. Das Heft erschien 1979. Dieser Text wäre ein Highlight des Heftes gewesen.
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Michael Engelbrecht:
Kann ich mir gut vorstellen. Es ist für mich nie die Absicht, nur solche Texte zu bloggen, die kulturell inspirierend oder sinnlich bereichernd oder intellektuell fordernd sind.
So ist diese Traumsequenz ganz sicher kein besonderer Traum – da sollte man lieber Hitchcocks Vertigo sehen, oder die wunderbare Traumszene aus dem Club Silencio von David Lynchs Neo Noir Meisterwerk Mulholland Drive.
Dieser Traum hier ist Teil der Alltäglichkeit. Und sehr leicht zu deuten für mich. Für andere nur begrenzt deutbar. Aber warum will man alles verstehen. Ich fände es fast spannender, wenn alle Manafonisten ein wenig das Erinnern von Träumen trainieren würden, und wir dann alle an einem Tag unsere Traumerzählungen der Nacht preisgeben.
Paralleles Traumerzählen. Es wäre dann wie bei den Senoi, einem Stamm auf Malaya, vergleichbar mit ihrer Alltagspraxis, sich morgendlich die Träume zu erzählen. Das fand Eingang in Jon Hassells fantastisches Album DREAM THEORY IN MALAY.
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Uwe Meilchen:
Ich habe letztens getraeumt dass ich eine Fitnessuhr am Handgelenk hatte. War im Traum sehr erstaunt darueber. An den Knoepfen der Smartwatch spielend „meldete“ sich dann, laut tönend, die Radiofunktion der Smartwatch. Daraufhin hektische Bemuehungen meinerseits diese auszuschalten damit wieder Ruhe einkehrt.
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Rosato:
eine nette Idee, die Träume der Nacht zu erzählen. Es würde bei mir nicht funktionieren. Seit Jahren vergesse ich nichts leichter, als meine Träume. Im besten Fall kann ich die Themen memorieren. Früher konnte ich mich besser an Geträumtes erinnern. Allerdings ist es mir nie gelungen, die bizarre Unlogik von Träumen in Worte zu fassen. Wir hatten es ja schon vor Kurzem mit *FILTERN* …
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Michael Engelbrecht:
Nichts ist leichter, als das eigene Traumgedächtnis zu verbessern, erheblich zu steigern, w e n n man es denn will.
Irgendetwas muss einen am Thema und Potential des Träumens oder auch luziden Träumens fesseln, faszinieren, sonst geht gar nichts.
Der grösste Irrglaube ist, dass Menschen das ICH für eine feste Grösse halten. Daraus resultieren dann auch oft Selbstwertprobleme, extreme Verletzlichkeit, oder das Gegenteil, Selbststilisierung, Selbstverherrlichung, des weiteren interpersonale Konflikte etc. Träume können einen beweglicheren Umgang mit dem „Konstrukt“ des eigenen Ichs fördern.
Sieh dir nur die Traumstory an: mein Ich ist in diesem Träumchen eine Sequenz diverser „Aggregate“: Psychologe, Freund, Antifaschist, Erprober „neuer Welten“, in diesem Fall das Fitnessstudio, Fussballfan, Tagträumer, „Fluchtkünstler“. Selbst etwas so Banales wie das Ich als BVB-Spieler, ist trickreicher als bloss Wunscherfüllung zu proben.
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Rosato:
Der grösste Irrglaube […] fördern.
Ein sehr interessanter Absatz.