„Entschuldigen Sie,
dass ich mich in der Form eines Gedichts
bei Ihnen einschlich
aber ich konnte Sie anders
nicht erreichen
Hätten Sie wohl einen Moment
Es handelt sich um Entscheidendes.
Ich habe nämlich vor
Sie zu bessern.
Bitte hören Sie doch zu …“
Eigentlich war der Verlauf meiner Reise ganz anders geplant. Ich wollte zunächst nach Hamburg, um im ehemaligen Hans Henny Jahnn Haus meinen Geburtstagstermin festzumachen. Bereits bei der Hamburger Morgenpost Lektüre beim Frühstück im Hotel wurden meine Pläne durchkreuzt. Direkt auf der anderen Straßenseite würde heute eine Peter Rühmkorf Ausstellung eröffnet werden. Was für eine Freude! Ich ließ mich sofort verführen und besuchte das Altonaer Museum gegenüber. Ich kannte Peter Rühmkorf aus meiner Studentenzeit, aber eher als öffentliche, politische Person, weniger seine poetische Stimme. Ich betrat die Ausstellung ganz im Sinne von Hans Henny Jahnn, der einmal in einem frühen Brief an Rühmkorf schrieb: „Sie mir einmal anzuschauen, mit Ihnen zu sprechen, um gleichsam zu beriechen, ob so viel an Ihnen ist, wie Ihre Verse versprechen …“ Peter Rühmkorf war, wie ich auch, von H.H. Jahnn begeistert, angeblich zog er wegen des Romans Das Holzschiff nach Hamburg. Komisch, dass mir ausgerechnet beim Eintreten in die Ausstellung eine Zeichnung von Horst Janssen zuerst auffiel.
Peter Rühmkorf hatte eine lange, fast zehnjährige Schaffenskrise. Schon als Gymnasiast neigte er zu depressiven Stimmungen. Er hat in seinem Leben viele Medikamente ge-/verbraucht, behauptete aber auch, im Rausch besser schreiben zu können.
„Unter Stoff ins Off“(III)
Erst als er sich mit der mittelhochdeutschen Literatur beschäftigte, er überträgt sie ins Hochdeutsche, beendet dies sein Tief. ich habe meine Magisterarbeit auch in der Mediavistik geschrieben.
Während ich die Fotos seiner Kindheit betrachte, denke ich an den Verlauf meiner Weiterreise. Meine nächste Station ist Otterndorf, dort, wo die Rühmkorfs lebten. Peter ging dort zur Schule und schrieb erste Gedichte. Als ich in Otterndorf mit meiner Freundin, die dort lebt, in der Stadtbibliothek nach Zeugen der Familie nachfragte, sagte man mir, dass gar nichts vorhanden sei. Peter verließ nach seinem Abitur diese Provinz und gründete mit seinem Schulfreund Klaus Rainer Röhl in Hamburg den Keller „Anarche“. Von dort gingen die ersten „Jazz und Lyrik Performances“ aus, vor allem die berühmten Auftritte mit Michael Naura und dessen Quartett.
In der Ausstellung stieß ich noch auf eine gemeinsame Bewunderung: Wolfgang Borchert. Ich schrieb meinen Abituraufsatz über ihn, Rühmkorf schrieb eine Monographie über ihn.
Soll ich noch etwas über die Liebe schreiben? Über seine Eva, die ich damals sehr bewunderte („Einer Frau würde ich immer raten, selber die Strippen zu ziehen“). Ja man muss seine Liebesgedichtsammlung hervorheben:
„Ich aber nenne diesseits und jenseits der Stirn/ ausser der Liebe nichts / was mich hält und mir bekommt.“ (Ausser der Liebe nichts, 1962)
Es sind nicht seine Liebesgedichte, die mir nahe gehen, es ist vor allem das Gedicht Bleib erschütterbar und widersteh!