Jahrzehntelang waren sie aus der Mode geraten, nun sind sie schon seit längerer Zeit wieder zu haben: Glasflaschen mit einem Zapfen aus weißem Porzellan und rotem Dichtungsring, die sich mit einer Drahtfeder (Hebelprinzip) öffnen und beliebig oft wieder verschließen lassen. Der Bügelverschluss wurde im Jahr 1875 erfunden, er wirkt solide und es haftet ihm etwas Kultiges an. Zu einer Zeit, als es noch nicht so üblich (und notwendig) wie heute war, Wasser oder ein Erfrischungsgetränk bei sich zu haben, nahm mein Vater jeden Tag eine 0,5 Liter Flasche Matetee zur Arbeit mit. Die Flasche war leicht geriffelt, das Glas hatte einen feinen Grünton und es war die einzige Flasche mit Bügelverschluss in unserem Haushalt. Ich habe nie mitbekommen, wie dieser Tee zubereitet wurde und ob er in warmem oder kaltem Zustand in die Flasche gelangte. Mein Vater trug jeden Tag einen Anzug, ein Hemd und Lederschuhe (selbst im Urlaub) und der Matetee in der Aktentasche schien gar nicht in dieses Bild zu passen. Ein Nacheifern der Atmosphäre von Julio Cortázars Roman „Rayuela. Himmel und Hölle“, in dem der Matetee das Standardgetränk ist, war es sicherlich nicht. Interessanter als den Matetee fand ich die Flasche, die auf mich den Eindruck machte, dass sie sehr alt war und noch jahrzehntelang in Gebrauch sein würde. Ich stellte mir vor, dass ich die Flasche irgendwann übernehmen und vielleicht selbst Tag für Tag mit einem Getränk befüllen würde. Doch als es dann irgendwann soweit war und wir die Wohnung ausräumten, fand ich die Flasche nicht mehr. Inzwischen bin ich jedoch auf den Geschmack von Matetee gekommen. Als Eistee ist er mein Sommergetränk. Stark zubereitet, mit zwei Packungen Eiswürfeln schockgekühlt, abgeschmeckt mit etwas Rohrzucker und Zitronensaft und aufbewahrt in einer Glaskaraffe mit weißem Plastikdeckel, die ich bei einem Aufenthalt an der Ostsee gekauft hatte, weil sie mich an etwas erinnerte. Ich besuchte eine Freundin, die ein Semester lang einen Sprachkurs in einem kleinen Ort in Frankreich machte, und als wir mit der Gruppe zum Mittagessen in ein Restaurant gingen und ich mich darüber wunderte, dass alle Weißwein tranken, kam der Kellner zu unserem Tisch und stellte, ohne dass wir darum gebeten hatten, eine Karaffe mit frischem Wasser hin. Und schon war er, wie der klassische Sartre´sche Kaffeehauskellner, wieder verschwunden.
2019 25 Jul
Die Glasflasche mit dem Bügelverschluss
von: Martina Weber Filed under: Blog | TB | 3 Comments
3 Comments
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Jan Reetze:
Irgendeine norddeutsche Brauerei machte einen Kult aus diesen Verschlüssen. “Beugelbuddelbeer” hieß das in der auf Platt getrimmten Werbung.
Früher hatte jede Limonadenflasche so einen Verschluss. Aber da konnte man die Flaschen ja auch noch zurückgeben.
Mate ist übrigens keine schlechte Idee bei solchen Temperaturen wie jetzt. Wir hatten letztes Jahr fast solche.
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Martina Weber::
Das Bier hatte ich im Text, habe es aber gelöscht, da ich gar kein Bier trinke und es für mich dann auch nicht dazupasst.
Mate-Eistee ist fantastisch erfrischend bei dem Wetter und auch leicht aufputschend. Heute habe ich einen Stängel von einem Pfefferminzstrauch dazugetan. Auch gut: Starken Grüntee mit Eiswürfeln schockkühlen und Birnensaft dazu. Oder dieselbe Prozedur mit Schwarztee und Frühstückssaft. Nicht nur der Geschmack, auch die Farbe muss stimmen :)
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Ansgar H.:
Es gab bei diesen Bügelflaschen auch mal den 1-Finger-Schnipp-Trick, der natürlich ein Fake war. Ich kannte den Trick nicht und habe es also tatsächlich zwei Mal versucht, die Flasche mit einem Finger „aufzuschnippen“. Das tat ziemlich weh und die Umstehenden, die den Trick kannten, hatten ihre Freude daran, dass sich da jemand weh tat. Beim dritten Versuch nun, schlug ich den Hals der Flasche ab, zum Glück habe ich mich dabei aber nicht verletzt. Die Umstehenden bekamen da aber so einen Schreck, dass sie mich sofort bekümmerten, mir den Trick erklärten und sich mehrfach dafür entschuldigten. Da hat der 1-Finger-Schnipp-Trick dann für alle etwas Überraschendes gehabt.