Bei den Manafonisten gibt es in der Regel ein weit gefächertes Feld der Anmutungen, was bestimmte Arbeiten im weiten Feld der Künste angeht. Äusserst heterogen die Dialoge zu dem tollen Film WHIPLASH, den unser einstiger Tulpendieb aus Amsterdam vehement attackierte. Ganz zu schweigen von dem besten Roman Martin Suters, DIE ANDERE SEITE DES MONDES, der es zu meinem Bedauern nicht in die Kategorie geliebter Bücher bei Mister Gregs schaffte. Oder Laurie Andersons tief bewegender Film über ihren musikalischen Hund – fragen Sie mal unsere Schottlandreisende nach HEART OF A DOG. Oder eben zuletzt „BACK TO THE BAR“, Sakamotos neu aufgelegtes Solopianoalbum aus dem Jahre 1999, das ich mir nur nach drei Caipirinhas schönhören kann, insofern hat BTTB schon den passenden Titel. Das Foto zeigt ein alternatives Cover für das Album, einen edel designten Weichspüler. Das Rätsel solcher Kontroversen ist, dass man dabei den Geistes- und Empfindungsraum eines Anderen betritt, und sich eine Ahnung Gehör verschafft: „Jeder ist eine Insel.“ Aber auch weiterhin werden wir die eine und andere Flaschenpost losschicken, und staunen, staunen, staunen. Und Peter Handke erwähne ich erst gar nicht, und seinen hanebüchenen Roman DER CHINESE DES SCHMERZES (ich muss ja meiner Wahrnehmung treu bleiben) – sonst würde wieder betretene Stille herrschen, der einzige Killer fröhlicher Diskurse. Vielleicht könnten wir uns alle auf SGT. PEPPER einigen, aber, nein, Martina hat es im Plattenschrank stehen, sie bekam diesen kosmischen Kracher irgendwann, mit vielen anderen Platten zusammen, geschenkt, und auf meine Frage, wie sie das Album finde, entgegnete sie: „Ganz nett.“ Und würde es wohl sofort gegen eine handsignierte Ausgabe von Stale Storlokkens THE HAZE OF SLEEPLESSNESS eintauschen. Und was lernen wir aus alldem, meine Damen und Herren? Da Rechthaberei peinlich ist, und jeder Kanon erbärmlich, bleibt letztlich nur, neben dem erwähnten Staunen (als bessere Variante der Fassungslosigkeit), Humor, feiner, Raum füllender, befreiendes Lachen produzierender Humor.
11 Comments
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Martina Weber:
Bingo, den Tausch würde ich machen, auch wenn ich von STORLOKKEN nur ein Stück gehört habe – und die Signatur bräuchte ich auch nicht. Für die unterschiedliche Wahrnehmung von SGT. PEPPER unter den Manafonisten gibt es eine Erklärung: Generation gap! Was für die älteren Semester eine Revolution war, ist für die jüngeren musikalisch und von den Texten her schon old stuff :)
Musikalisch schlägt mein Herz für BOARDS OF CANADA, FLYING SAUCER ATTACK, JON HASSELL, PAN AMERICAN, BARK PSYCHOSIS, und wenn schon jemand sprechen oder singen muss zur Musik, dann entweder so zurückhaltend wie Mark Nelson bei LABRADFORD oder monologisierend wie SUN KIL MOON in „Common as light and love are red valleay of blood“ oder ROBERT ASHLEY in „Private Parts“.
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Rosato:
ABBEY ROAD
is the best
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Martina Weber:
WHIPLASH habe ich neulich gesehen. In a nutshell ein Film darüber, wie man sich (als Schüler) von jemandem löst, dem man etwas beweisen will. Großartiges Finale.
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Michael Engelbrecht:
Die Zugänge sind da eben etwas anderer Art, wenn man es nicht hautnah oder zeitnah mitbekam. „Old stuff“ ist nur eine zetliche Einordnung. Was soll da die Fraktion der Manafonisten sagen, die gerne zu Brahms, Bach und Beethoven aufbricht? Da gibt es ja sogar ein „century gap“. Mir geben die Beatles unendlich viel mehr als die drei anderen Bs. Auf der anderen Seite bin ich absoluter Perotinus-Fan. Zeitsprünge in der eigenen Liebhaberei sind abenteuerlich.
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Michael Engelbrecht:
ROSATO,
ABBEY ROAD is nur die drittbeste Ihrer Platten, objektiver Fakt😂😂😂😂
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Rosato:
Prokofievs 8. Klaviersonate ist noch besser ;)
soviel zu den objektiven Fakten 😂😂😂😂
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Rosato:
WOW !!!!!!!
jetzt erst gesehen: ein Perotinus-Fan
HIER !!!!!!!
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Michael Engelbrecht:
OTON MARTINA: „… und wenn schon jemand sprechen oder singen muss zur Musik …“
Würde man für einen Tag in den Weltwahrnehmungsapparat eines anderen einsteigen, würde man einen Schock nach dem andern erleben.
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Martina Weber:
Oh, sogar ein Schock :(
Ich wollte eher die Grundtendenz meines Musikgeschmacks skizzieren. Da sind eben nicht so viele Songs drin. Aber ich höre auch Songs, und einige richtig gern :)
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Uli Koch:
Vielleicht ist „Old Stuff“ auch mehr eine Frage des Zeitpunktes der musikalischen Sozialisation und da können ein paar Jahre schon viel am Geschmack ändern. Allein schon weil jeder ganz unterschiedliche Schlüsselerfahrungen mit einer bestimmten Musik macht. Mit den Beatles verbinden mich z.B. einfach keine solcher Erlebnisse und so blieben sie für mich Musik, die ich musikalisch und zeitgeschichtlich schätzen kann, aber die mich mangels inneren Bezuges halt nicht vom Hocker haut. Da hatte Perotin schon ganz andere Chancen, weil ich diese Musik ganz unverhofft und wie neu in mich aufnehmen konnte.
Der fröhliche Diskurs entsteht ja, weil es eben nicht darum geht die Erfahrungen anderer zu bewerten, sondern neugierig Trittbrett zu fahren und etwas zu entdecken. Und wenn es nur die Idee ist mal wieder eine alte Platte auszupacken und festzustellen, dass ich sie heute oft ganz anders höre als noch vor 30 Jahren. Schockierendes? Ja, manchmal in den Nebensätzen versteckt und dann ziehe ich den CHINESEN DES SCHMERZES manchem hochgelobten Thriller einfach vor und höre dazu John Cages 4’33 in der extended version …
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Michael Engelbrecht:
In Hörnum, the jukebox culture is legend.
But in the last days, there has been a special day with James Last, another one with Sakamoto‘s BTTB. Every Year they have a BAR MUSIC WEEK SPECIAL with sundowners and all.
I had a look at the program, and I‘m so happy THE KINKS will play all night long tomorrow.
So what do I do here: reading some old stuff by Georges Simenon, „Mein Freund Maigret“, second reading of the book in my lifetime, and it‘s fantastic in regards to atmospherics and old France. In the new edition of Kampa Verlag, at tne beginning and end you find old grey maps of Paris and France. Well done. And the new covers are ace.
Meanwhile I found my old SONY walkman, and a very old chromdioxode cassette, with a special playlist. it starts with an Garbarek composition:
ONE DAY IN MARCH I GO DOWN TO THE SEA AND LISTEN