„The thinking man’s James Last“ hat man ihn auch genannt, den Bert „Fips“ Kaempfert. Es ging wohl auf die Initiative seiner Tochter Doris zurück, seine Musik zu seinem 95. Geburtstag in ein zeitgemäßes Gewand zu stecken. Mit dem Heidelberger Projekt De-Phazz fand sich der richtige Realisator dafür.
Wenn ich meinen Ohren trauen darf, dann stammen die meisten der verwendeten Samples allerdings nicht vom Orchester Bert Kaempfert, sondern von der Platte Soothing the Tiger, einem Easy-Listening-Paket mit dem Orchester Herbert Rehbein. Letzterer war einer der engsten Mitstreiter Bert Kaempferts, in vielen Fällen lässt sich kaum mehr entscheiden, wer von den beiden größeren Anteil an ihren gemeinsamen Kompositionen hatte, und der Streit darum führte im Fall „Strangers in the Night“ letztlich sogar zu einem jahrelangen Zerwürfnis zwischen ihnen. Davon abgesehen war Rehbein aber ein durchaus eigenständiger Musiker. Kaempfert allerdings hatte die deutlich besser erkennbare Handschrift als Arrangeur, und das ist wohl der Grund dafür, dass der De-Phazz-Kopf Pit Baumgartner sich die Samples vorrangig bei Rehbein auslieh — die sind einfach neutraler und lassen sich leichter in neue Arrangements einbauen, und auch Rolf Ahrens‘ originales Schlagzeugspiel wäre wohl zu markant gewesen.
So wehen dann die Sounds und Samples vorüber, getragen von Computerbeats und behandelt mit allem, was das Dub-Mischpult so hergibt. Die originalen Soli von Manfred Moch und Herb Geller sind clever integriert, ergänzt um neue von u.a. Joo Kraus. „Strangers in the Night“ wird ungewohnt eröffnet, indem man mit dem Mittelteil des Stücks einsteigt und die Melodien nur noch andeutet, auch die Melodie „Moon over Naples“, weltberühmt geworden unter dem Titel „Spanish Eyes“, wird gegen den Strich gebügelt — darf man sagen: geschmackvoll? Selbst beiläufiges Scratching und ein paar Rap-Vocals von Gee Pierce, der wohl irgendwie mit dem Wu-Tang Clan verbandelt sein soll, fallen da nicht störend auf. Pat Appletons und Sandie Wollaschs Vocals passen sich ebenfalls fugenlos ein.
Ich geb’s zu: Strangers in Dub ist meine momentane Dauerdudelplatte. Anspieltipps: „Malaysian Melody“ und „(You Are) My Way of Life“ — neben „The World We Knew“ ohnehin eine von Kaempferts stärksten Melodien. Aber heute abend will ich dann mal wieder das Originalorchester hören — Orange Colored Sky oder gleich die noch immer unschlagbare Swingin‘ Safari!