VORSPIEL – „Als Gusti den Tod Sallys erfuhr – im Sommer 1980 –, saß er in der Bar des einzigen Hotels am Toten Meer, einem in die Steinwüste geworfenen Fertigbau aus Zementplatten, der entweder nie fertig geworden war oder schon wieder zerfiel.“
1 – Der Deal des Lebens
Ohne Zweifel schlummern zuviele Meisterstücke deutschsprachiger Literatur in Archiven, oder sind mittlerweile als Papiermüll recycelt worden, vor allem solche, die einen gehörigen Sinn für Phantastik verraten, und jedem common sense zuwiderlaufen. So mancher Autor strebt nach Zeitlosigkeit, doch ist dies ein hehres Gut, das masslos überschätzt wird. Wer die Wahl hätte, in den Geschichtsbüchern oder in einem Grab zu landen, wäre ja wohl töricht, nicht in den Deal des Lebens einzuschlagen und sich in einen Highlander zu verwandeln. Aber wie herrlich ist es, auch als Normalsterblicher all den Zeitgeistern und ihren schnalzenden Zungen zu entkommen, und im Reich der unerschöpflichen Fantasie zu verweilen!
2 – Aus den Gräbern des Vergessens
Man bedenke, und könnte sich jedes vergangene Jahrzehnt herauspicken, was für ein unerträglicher Blöd- und Grausinn saisonweise verlobhudelt wird, mein liebstes Beispiel dafür ist „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“, ein Machwerk mit einem hinreissenden Titel und einer hirnrissigen Geschichte, von einem trostlosen Gesellen, der halbtot durch die Grosstadt geistert und dann noch zum Killer mutiert. Als Heilmittel für solchen Quatsch mögen einige der folgenden Werke, nach denen nur selten noch gefragt wird, zurück ins Licht geholt werden – ihre Magie ist ungebrochen. Wie sang doch einst Friederike M. ihr Loblied auf H.C. Artmann, oder flüsterte sie nur?
NACHSPIEL – „er hat wasserblaue augen immer noch, kann schoen fabulieren, sitzt vor seiner lesung in der hotelhalle, schluerft kamillentee, wird von ehrfuerchtigen juengern umringt, faehrt moped (meist ueberland), will den knochenschmerz nicht wahrnehmen. ist der juengste von uns allen geblieben, die wir damals in den fernen fuenfzigerjahren begonnen hatten, die neue poesie fuer uns und die welt wiederzuentdecken. ohne ende seine stolze feuerkunst moege verzaubern.“
Ernst Kreuder Die Gesellschaft vom Dachboden
H.C. Artmann: Grammatik der Rosen (Die volle Dröhnung)
Ernst Augustin: Der amerikanische Traum
Clemens J. Setz: Die Stunde zwischen Frau und Gitarre
Brigitte Kronauer: Teufelsbrück
Ror Wolf: Zwei oder drei Jahre später. 49 Ausschweifungen
Urs Widmer: Der Kongress der Paläolepidepterologen
Hartmut Geerken: Obduktionsprotokoll
Heinrich Steinfest: Mariaschwarz