Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2019 29 Jan

Olompen

von: Hans-Dieter Klinger Filed under: Blog | TB | 1 Comment

Ich schreibe hier selten über neu erschienene Alben. Meistens sind es Rückblicke auf Klassiker oder Konzerterlebnisse – längst stattgefundene oder frisch erlebte. Aus diesem Grunde sind meine Jahreslisten kurz und enthalten oft weit zurückblickende Reviews. Man gestatte diesen holprigen Pleonasmus. Manchmal mache ich mir Gedanken, warum das so ist. Ein paar persönliche, nur auf mich zutreffende Antworten habe ich. Diese zum Beispiel.

In meinen ganz jungen und den noch jungen Jahren war die Welt ein Buch mit unendlich vielen ungeöffneten Seiten. Das ist es auch heute noch, obgleich es weniger unendlich viele Seiten zu sein scheinen als vor sechs Jahrzehnten.

Ich erinnere mich an eine meiner ersten Geigenstunden. Ich war damals 9 Jahre alt. Nach dem Schrubben auf leeren Saiten und den ersten Griffübungen kam endlich eine vollständige Tonleiter zur Aufführung, G-Dur – grifftechnisch simpel und nur ein Saitenwechsel. Kantor Arthur Orth begleitete mit ein paar Harmonien und meine Knie wurden weich von diesem unerhörten Eindruck. Zu Hause erzählte ich – noch ganz ergriffen – meiner Mama von diesem Erlebnis. Die Wirkung heute? Sie wäre gleich Null …
 
 
 

Olompen
 
 
 

Die ersten Seiten im Buch der Welt machen einen ungeheuren Eindruck, wenn man sie zum ersten Mal aufschlägt. Seit 2 Jahren und 3 Monaten habe ich Julius, meinen ersten Enkel. Es ist ein Riesenvergnügen mit ihm. Zwar flippt er nicht aus bei einer G-Dur-Tonleiter , aber bei Blasmusik, bei „Uff da daaa“ schon. Bayerische Volksmusik und die Blaskapellen beim Helmbrechster Schützenfest waren ja auch meine ersten musikalischen Vorlieben. Meine banalsten Scherze und Blödeleien verlangt er „nochmaahl, nochmahhl“

Das Gedächtnis in den ersten Lebensjahren ist wahnsinnig leistungsfähig. Julius merkt sich in der Regel ein einmal gehörtes Wort. Und wenn eines schwer auszusprechen ist oder es ihm nicht gefällt – wer weiß das schon -, dann erfindet er ein neues. Beim Kinderarzt bekommt er nach der Untersuchung zur Belohnung *Gummigiechi*. Letzte Woche habe ich in der Wohnung mit ihm Fußball gespielt, nicht mit einem schweren Ball, sondern mit *Olompen*.

Julius gibt mir richtig Aufwind.

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1 Comment

  1. Martina:

    Ich habe auch, als ich neun war, mit Geigenstunden angefangen, nachdem ich vorher Blockflötenunterricht hatte. Ich erinnere mich noch gut an die Gehörschulungsübungen, die mein Lehrer mit mir regelmäßig durchführte. Er stand am Flügel und ich weit weg in diesem riesigen Übungsraum mit Fischgrätparkett. Er spielte zwei Töne und ich sollte sagen, welcher höher (oder tiefer) war. Das klingt einfach, ist aber nicht immer so leicht.

    Nachdem ich meine Geige jahrelang nicht mehr angerührt habe, würde es mich allerdings durchaus nicht kalt lassen, wenn ich jetzt wieder eine schöne G-Dur-Tonleiter hinbekäme.

    Vor einiger Zeit habe ich gelesen, was das Kriterium dafür ist, wie viel jemand auf einem Instrument erreicht (was man natürlich auch auf andere Aktivitäten übertragen kann). Man könnte meinen, es hätte mit Talent oder Fleiß zu tun oder einer Mischung. Man hat Schulkindern, die Geigenunterricht als Unterrichtsfach folgende Frage gestellt: „Was glaubst du, wie lange wirst du Geige spielen?“ Diejenigen, die für immer auf dem Instrument spielen wollten, wurden die besten.


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