Es wird einige Alben geben bis Anfang März, die unsere Herzen höher schlagen lassen. Von Joe Lovano bis Robert Forster, von William Tyler bis Lambchop, von Eleni Karaindrou bis Rustin Man. Quasi als Nachhall des nun rasch endenden Jahres hat Brian Whistler sich für Aaron Parks’ voluminöses Doppelalbum Little Big begeistert. Ein pianistisch versierter Jazzkenner aus dem Raume Kronach ist ihm beigesprungen, und aus Niedersachsen ist zu vernehmen, dass man auf diesem Opus des Jazzpianisten manch Verschärftes zu entdecken habe.
Im fernen Pittsburgh hat Jan Reetze ein altes, nie sonderlich hoch angesiedeltes Werk der Talking Heads, True Stories, neu für sich entdeckt. Oft genug geraten „additional tracks“ zur blossen Sammlerfreude, aber hier kamen im Archiv erstaunliche Entdeckungen zum Vorschein, die auch Lust machen könnten, den zugehörigen, satirischen Film anzuschauen, „a delightfully odd musical comedy from 1986“. Die Blu-Ray Criterion-Edition des Films, mit vielen Extras und neuer 5:1-Abmischung ist ab Ende Januar erhältlich.
Manchmal können wir auch anderen Stimmen trauen, ohne selbst im Stoff zu stecken. Aber als ich das erste Kapitel von David Keenans Roman (wirklich, ein Roman??!!), gelesen hatte, machte sich ein breites Honigkuchengrinsen auf meinem Gesicht breit, und ich ahne, dieses Buch wird mein nächtster Oberburner sein. Wie bemerkte Irvin Walsh dazu: „Captures the terrific, obsessive, ludicrous pomposity of every music fan’s youth in an utterly definitive way.“
Wann haben Sie Ihren letzten Spionagethriller gelesen? In meinem Fall kann ich es genau sagen: heute Nacht. Gegen 2.00 Uhr war die letzte Seite des Debut-Romans von Matthew Richardson geschafft. Wenn man so ruhig Spannungsbögen entwickeln kann, ohne in fiebrige Hektik zu verfallen, ist das schon allerste Güte. Dem Briten ist eine meisterhafte Charade gelungen, angesiedelt in der Post-Snowdon-Ära, bei der selbst einem mit allen Wassern gewaschenen Ex-Agenten des MI-6 zwischendurch die alte Frage Drehschwindel bereitet: „Who the fuck am I?“ Makellos erzählt, hervorragende Übersetzung.
Ganz grosses Kino für daheim garantiert diese erste und sicher einzige Staffel von Sharp Objects. Jean Marc Vallée kannte ich nicht mal vom Namen, aber das änderte sich seit dem Kinofilm Dallas Buyers Club, sowie der Serie Big Little Lies. Und jetzt diese meisterhafte Verfilmung des ersten Romans von Gillian Flynn. Amy Adams gibt wohl die Rolle ihres Lebens, und wenn man sich nach dem Abspann der letzten Folge, den man aus guten Gründen bis zum Ende durchlaufen lassen sollte, fragt, „What the hell …“, weiss man spätestens, dass man hier in eine extrem dunkle Spielart von „Southern Gothic“ gelockt wurde. Und alles ist leider so furchtbar real.