The Affair ist eine amerikanische Fernsehserie – wobei ja der Begriff leicht irreführend ist: „Serien“ stehen ja Filmen, etwa Kinofilmen, qualitativ in nichts nach, im Gegenteil. Gast war in einer deutschen Talkshow unlängst der renommierte, aus Hamburg stammenden Regisseur Wolfgang Petersen, bekannterweise mit Das Boot zu Weltruhm gelangt und seit langem in Los Angeles, also nahe Hollywood, ansässig. Auf die Frage, warum er keine neuen Filme drehe, ob es etwa an Angeboten fehle, war seine Antwort: „Das Entscheidende passiert heute sowie weniger in Filmen, vielmehr Serien.“ Bingo, da lacht das Herz des Bingewatchers. I started with Mad Men about three years ago and went on with True Detective, Fargo, Bloodline, Breaking Bad. So far and not that bad. Irgendwann kam dann die Affäre. Ich zögerte, denn problematische Beziehungsdramen und Rosenkriege sind nicht so mein Ding. Der Anfang: eine schwülstige Bettszene, muskulöser Männerkörper liegt auf nackter Frau. Finger schon am Off Button, doch schnell wendete sich das Blatt. Man kennt das Gefühl: urplötzlich ist man in etwas drin, dass sich realer anfühlt wie das Leben selbst. Als habe man nach langem grauen Rauschen nun den Sender scharf gestellt und es wird kontrastreich, witzig, inspirierend. Hier wird nämlich nicht auf Rosamunde Pilcher schöngeeicht und auch der nordische Ernst eines Ingmar Bergmann bleibt aus. Dann doch eher Polanskis durchtriebener Humor. Eine New Yorker Intellektuellenfamile, er Lehrer, sie die Tochter eines renommierten Schriftstellers, hierzulande wäre es wohl das gehobene Grünenmilieu. Auf dem Weg in die grossen Ferien Richtung Montauk und die Ostküstenfrische. Vier Kinder, zwei kleine, ein prä-pubertärer Sohn und eine genial-pubertäre Tochter. Zickigkeit on Top, gespielt von einer brasilianischen Elfe. So nimmt alles seinen Lauf und man findet sich in Atmosphären, in dem man gerne verweilt. Ein Indikator dafür, dass diese Serie von allen meine liebste ist: die gesamte zweite Staffel schaute ich ein zweites Mal, so wie ich einst Willemsens „Knacks“ auch dreimal nacheinander las. Season Four zählt ebenso zum Besten, was ich sah und wer das noch vor sich hat, der hat es gut. Postscriptum: Sie spiele ja eine sehr giftige, egoistische Person, wird der „Ehegattin“ (links im Bild) vorgehalten. „Well, we are all toxic persons.“ As always here the right dose turns a poison to a cure.
2018 3 Nov
The Affair
von: Jochen Siemer Filed under: Blog | TB | Tags: The Affair, TV Serien | 5 Comments
5 Comments
-
Martina Weber:
Ich gehöre zu den Glücklichen, bei denen „The Affair Season 4“ noch auf der to-watch Liste steht, denn ich warte, bis es die 4. Staffel auf DVD gibt – ab 17. Dezember gibt es sie für diejenigen, die sie im Original schauen möchten, auf amazon.co.uk.
Über gewisse Schwächen in der dritten Staffel haben wir hier ja schon diskutiert. Ich vermute, in der vierten Staffel setzt sich das point-of-view Prinzip, jede Episode aus der Sicht eines anderen der vier Protagonisten zu erzählen, fort?
-
Jochen:
Mein Rückblick (review) ist gedacht als grob skizzierter, subjektiver Fingerzeig – mit Rücksicht auf dich, liebe Martina, und andere Leser. Ist doch nichts ärgerlicher als vorweggenommene Inhalte und Details.
Das Point-of-View Prinzip hätte ich allerdings erwähnen können, zählt es doch zu den Qualitätsmerkmalen dieser Serie. Verblüffend, wie sich objektiv Identisches in personalen Sichtweisen verändert.
Mir fällt gerade ein, dass Max Frisch in Stiller (einer der Highlights unseres gymnasialen Deutschunterichts) ähnlich verfuhr: jene Zartbesaitete (hiess sie nicht Julia?) sah alles ganz anders als ihr identitätskriselnder Künstlergatte.
-
Michael Engelbrecht:
Stiller habe ich mit 16 oder 17 gelesen.
Fand ich seltsam faszinierend, die Welt der Erwachsenen, noch eine fremde Welt damals.
-
Martina Weber:
Thanks, Jochen, I really appreciate your thoughtfulness! Wobei, so ein bisschen was andeuten hättest du schon können.
Zu deinem Begriff der Objektivität: Wir denken immer noch, es gäbe so etwas wie ein objektives Geschehen. Das ist fest in unserem Denken verankert.
-
Michael Engelbrecht:
Mit dem kritischen Auge ich habe einiges an Season 4 von The Affair auszusetzen, aber trotzdem gefiel sie mit sehr gut. In vielerlei Hinsicht.
Für mich ist von Anfang an Handlungskonstruktion, Plotting, ein Problem von The Affair gewesen. Zu viele Ungereimtheiten, die nicht den wechselnden Perspektiven geschuldet waren. Season 3 war weitgehend katastrophal in dieser Hinsicht. Aber Ich konnte mich speziell in die anderen Staffeln gut „hineinfallen“ lassen wegen des Klasse der Akteure und ihrer fesselnden „Ausleuchtung“. Bereichernd.
Man kommt diesen Figuren näher als denen von Mad Men. Was in keiner Weise gegen Mad Men 7 spricht, nur für meine Art diese Serien zu erleben. Unterm Strich, was wiederholtes Sehen anginge, wäre Mad Men aber klar meine Wahl.
Nur ein Einwurf, ich wollte den munteren Dialog nicht unterbrechen …