Der Tamarindenbaum ist einer der ältesten Kult- und Kulturpflanzen Ostafrikas: sie nährt, spendet selbst in der größten Hitze mit ihren Millionen winziger Blätter Schatten und ihr festes Holz läßt sich vielseitig verwenden. Der Legende nach sollen aus Tamarindenholz die ersten Marimbas gefertigt worden sein. Auf Kisuaheli heißt die Tamarinde Mkwaju und nach ihr hat sich ein japanisches Percussionensemble genannt, deren Erstlinge aus dem Jahr 1981 nun endlich und zum ersten mal auch bei uns wiederveröffentlicht wurden. Und um es schon einmal vorwegzunehmen: die beiden haben mehr als das Zeug zum Reissue of the year!
Das erste Album des Mkwaju Ensembles heißt schlicht Mkwaju und die Musik ist noch durchgehend von keinem geringeren als Joe Hisaishi komponiert, der viele Jahre später die Filmmusiken zu den grandiosen Studio Ghibli Zeichentrickfilmen, neben denen sämtliche Disneyfilme einfach nur flach und banal daherkommen, komponieren sollte. Als Hauptprotagonistin spielt die hier schon mehrfach erwähnte Midori Takada neben Yoji Sadanari und Junko Arase Marimba und Percussion. Und natürlich darf der, den Sound japanischer Popmusik in dieser Zeit durch sein subtiles Gefühl für Klangfarben und -räume prägende Hideki Matsutake nicht fehlen. Das ganze beginnt voller Wucht mit der vieteiligen Mkwaju Suite, in der man sich schnell mitten in der afrikanischen Savanne wähnt, wäre da nicht – ja was eigentlich? Irgendetwas stimmt hier nicht, zu minimalistisch? Zu viele asiatische Hörgewohnheiten subtilstens eingeflochten? Das was in Afrika spielerisch zelebriert wird in radikalster japanischer Konsequenz über- und durchgezogen? Aber mit fast artistischer Vitalität. Dann noch zwei Stücke Pulse In The Mind und Flash-Back die den konsequenten perkussiven Weltmusikminimalismus noch weiter auf die Spitze treiben. Die tausende kleinen Rhythmusverschiebungen der tanzenden Tamarindenblättchen würden sicherlich auch bei Steve Reich das Herz höher schlagen lassen. Dazu empfehle ich thailändisches Tamarindenkonfekt mit feinstem Salzakzent zu der säuerlich erdigen Grundnote.
Nur wenige Monate später erscheint dann das eigentlich Debütalbum des Mkwaju Ensembles Ki-Motion mit eigenen Stücken. Hier kommen Annäherungen an eher kantige Formen des Pop mit ins Spiel, irgendwo zwischen Proto-Techno und Post-Punk, ohne das archaisch Treibende zu verlieren. dazwischen mit dem Titelstück Ki-Motion und mit Air zwei überraschende Ambientstücke, die dennoch den Fluss des Albums nicht unterbrechen. Ki-Motion ist sehr viel japanischer als Mkwaju, noch vielschichtiger, spielerischer und schon ein bisschen auf die späteren Werke Midori Takada’s hinweisend, von denen hier noch auf das jüngst erscheinene kleine Stück Le Renaud Bleu, das sie mit ihrer Tochter Lafawndah eingespielt hat, hingewiesen werden soll. Zeitlose japanische Juwelen aus dem Tamarindenreich, deren Halbwertszeit noch lange nicht abgelaufen ist.