2018 28 Aug
„Avenidas“ – Wirkungsgeschichte eines Gedichts
von: Manafonistas Filed under: Blog | TB | 3 Comments
3 Comments
-
Michael Engelbrecht:
Ich dachte anfangs, das wäre ein Fake. Ist es aber nicht. Dieser Herr Meyer sieht ja etwas humorlos aus, aber genau das verleiht seinen Aussagen zusätzliche Schärfe. Unfassbar. Was sind das für Idiotenstudenten, die das in Gang gesetzt haben!?
-
Jan Reetze:
Ob das in Rede stehende Gedicht nun wirklich ein „großes Kunstwerk“ ist, möchte ich mal unbewertet lassen.
Tatsache ist aber, dass sich an — auch gerade amerikanischen — Universitäten eine Denkweise unter den Studierenden breitgemacht hat, die ins Gegenteil dessen umgeschlagen ist, was eigentlich beabsichtigt war.
Aus der Idee, bestimmte Benachteiligungen bestimmter Personengruppen zu vermeiden, wurde inzwischen ein Diskurs, der verlangt, dass eine vollständig subjektive Wahrnehmungsweise von der Allgemeinheit als „gültig“ anerkannt wird, wobei der Dreh ist, dass nur die angeblich „Betroffenen“ selbst entscheiden wollen, wer sich an der Diskussion überhaupt beteiligen darf. Im Endeffekt führt das dazu, dass über Schwarze nur Schwarze, über Schwule nur Schwule, über Transgender nur Transgender und über perkussive Musik nur noch Trommler reden dürfen.
Daraus wird dann die Forderung nach bestimmten Privilegien für bestimmte Minderheitengruppen (oder auch für individuelle Angehörige solcher Gruppen) abgeleitet. Und es entstehen so merkwürdige Debatten wie diese über das erwähnte Gedicht. Hier hat sich die Universität einem Diktum gefügt, das dem genannten Muster folgend überhaupt keine Diskussion zuließ.
Irgendwann gibt sich das hoffentlich wieder.
-
Michael Engelbrecht:
Oder es ist Teil einer Zeitgeistwende, ins Reaktionäre, Kleinkarierte.
Wir Babyboomer erleben gerade die schwersten Erschütterungen des demokratischen Denkens. Eine rechte Suppe schwappt durch die Länder, und ich werfe das, was dem Gedicht widerfahren ist, gern mit in den Topf.
Mir gefällt das Gedicht übrigens sehr. Man kann aus dem Muster zwar leicht umzählige Gedichte selbst herstellen, aber er war nun mal der Minimalist, der das als Erster „in den Raum stellte“.
Ich hatte mal einen kleinen Lyrikband von Herrn Gomringer, es war die reine Lust, seine oft kargen Texte auf dem grossen Blatt auf sich wirken zu lassen.
„Avenidas“ stammt von 1953.