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2018 15 Aug

Enno Patalas 1929-2018

von: Jan Reetze Filed under: Blog | TB | 4 Comments

 

(Foto: Filmmuseum München)
 
 
 
Einmal, nein: zweimal hatte ich mit ihm zu tun, um 1989 muss es gewesen sein. Ich stellte ihm einige Fragen zu seiner Rekonstruktionsarbeit an Fritz Langs Metropolis, einem Film, der mich nicht nur als solcher faszinierte, sondern der auch in meinem Studium eine nicht ganz unwesentliche Rolle spielte.

Den Brief, den er als Antwort schickte, hatte er ganz sicher höchstpersönlich auf seiner berühmten Schreibmaschine geschrieben. In irgendeiner Box müsste ich den wohl sogar noch besitzen. Ich war sehr erstaunt, wie freundlich er mit Giorgio Moroders Metropolis-Fassung umging.

In einem kurz darauf folgenden Telefonat (dem zweiten Kontakt) erklärte er mir den Grund: Der australische Sammler Harry Davidson besaß eine farbige (!) 16-mm-Kopie einer englischen Fassung des Films, die einige kurze Szenenausschnitte enthielt, die in keinem anderen Archiv zu finden waren — u.a. die am Glockenseil schwingende Maria und der Kampf im Nachtclub um die Robot-Maria. Patalas wusste durch Kenneth Anger von dem Film, aber das Filmmuseum München, Patalas‘ Brötchengeber, hatte nicht die Mittel, diese Ausschnitte zu erwerben. Was Patalas nicht gelungen war, das hatte dann aber Moroder geschafft. Er stellte dem Filmmuseum diese Szenen zur Verfügung, und so konnten sie in Patalas‘ Rekonstruktion des Films einfließen.

Patalas war nicht allzu begeistert davon, in den Credits von Moroders Metropolis-Fassung aufzutauchen. Nachlesen lässt sich die Geschichte des Films und der Rekonstruktion in Patalas‘ Buch „Metropolis in/aus Trümmern“, erschienen 2001.

 
 
 

 

 
 
 

Enno Patalas verstarb am 7. August 2018 im Alter von 88 Jahren. Hier ist ein ausführlicher Nachruf von Werner Sudendorf.

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4 Comments

  1. Lajla:

    Jan, vielleicht interessiert dich auch seine Ehefrau und Filmkritikerin Frieda Grafe. Erich Brinkmann ist ein alter Freund von mir und hat in seinem Brinkmann Verlag edle Bücher über die beiden herausgebracht.

  2. Jan Reetze:

    Die berühmte zwölfbändige Werkausgabe, ich weiß, ausgewählt von Patalas. Vier Bände davon gibt es inzwischen schon gar nicht mehr, und wer sie hat, gibt sie nicht mehr her.

    Ich fürchte, die meisten Leute kenn nicht mal mehr die Filme, die sie besprochen hat, geschweige denn den Namen Grafe …

  3. uwe Meilchen:

    … Kenneth Anger! „Scorpio Rising“! Noch ein Name den heute fast niemand mehr kennt!

  4. Michael Engelbrecht:

    Ich erinnere mich an Scorpio Rising. Der Kurzfilm mag experimentell und formal interessant gewesen sein, inhaltlich war das Teil aber so was von lächerlich, bescheiden, und auch reaktionär, in meiner Erinnerung. Und auf jeden Fall fand ich ihn damals schon totlangweilig.


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