Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2018 29 Mai

Sonnenschein

von: Hans-Dieter Klinger Filed under: Blog | TB | Tags:  | 5 Comments

 

heute kam es zu einem Gewitter
es war harmlos, einige Kilometer entfernt
aber es brachte Regen ohne Hagel
das tat den vertrockneten Feldern gut
die Wolken haben sich noch nicht verzogen
hängen bleigrau am Himmel herum
und trotzdem scheint die Sonne
es gibt ja nicht nur unser Sonnensystem

 
 

Ich erhielt nach dem Gewitter einen Telefonanruf von der Firma Steingraeber & Söhne, einer Klavierfabrik in Bayreuth. Mein Sohn studiert in der Wagner-Stadt und spielt American Football bei den Bayreuth Dragons. Er wohnt in einer WG, in einem schönen alten Gebäude der Altstadt, unmittelbar neben den Verkaufsräumen von Steingraeber & Söhne. Im Januar diesen Jahres fiel mir ein Plakat im Steingraeberschen Schaufenster auf: am 23. Juli 2018 wird Daniil Trifonov im Markgräflichen Opernhaus einen Klavierabend geben. Es schien das einzige Plakat für dieses Ereignis in der Stadt zu sein. Dass es noch Tickets geben könne, hielt ich für ausgeschlossen. Als Keith Jarrett 1981 im Herkulessaal zu München auftrat, blieben die Litfaßsäulen der Stadt frei von Ankündigungen. Nach wenigen Tagen waren die Eintrittskarten vergriffen.

 
 
 

 
 
 

Diesen hinreißenden Auftritt Trifonovs habe ich zwei Tage vor dem Steingraeberschen Telefonanruf auf youtube gesehen. Ich weiß, Klassikallergiker werden sich hüten, den Play Button zu drücken, das müssen sie auch nicht. Aber ich versichere, nur ein einziges Mal (und dann nie wieder) dieses kurze Recital im Yellow Lounge Berlin hören zu sehen, ist ein einmaligeres Ereignis, als zum zehnten Mal die CD mit dem Köln Concert aufzulegen. Was für ein Rahmen! Hört man den Ton nicht, könnte man sich in einem Jazz Club wähnen – Bill Evans, solo am Klavier. Das Durchschnittsalter des locker am Boden sitzenden und herumstehenden Publikums halte ich für jünger als das der Besucher eines Rolling Stones Konzerts. Ja sogar blutjunge Bierflaschen sind als Hörer zugelassen.

 
 

im Januar habe ich bei Steingraeber & Söhne angerufen
das Konzert sei seit Sommer 2017 ausverkauft
anderes habe ich nicht erwartet
es war aber schön, mit der freundlichen Dame zu sprechen
und um einen Platz auf der Warteliste zu bitten
das könne sie machen, ich aber möge der Hoffnung entsagen
und überhaupt, mein erstes Klavier war ein Steingraeber
als ich vor einem Jahr das Haus meiner Mama leerte
fand ich alte Korrespondenz & Rechnungen in ihrem Archiv
auch jene des Klavierkaufs und der Transportfirma
ich konnte das Lächeln der freundlichen Dame am Telefon hören
vorhin hat sie mich angerufen
es sei ein Karte zurück gegeben worden
ob ich sie haben wolle?

 
 
Sonnenschein aus einem fernen Sonnensystem

This entry was posted on Dienstag, 29. Mai 2018 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

5 Comments

  1. Hans-Dieter Klinger:



     
    Damit keine Missverständnisse entstehen

    das bin nicht ich
    das ist Bill Evans
     
    er sieht dem Daniil doch ähnlich – oder?
     
    eine der Personen auf diesem Bild bin ich


    Nachtrag vom 8. Juni 2018


    .

     

  2. Michael Engelbrecht:

    Hans-Dieter, das bist du?

    Zeit der frühen Selbstbildnisse, anscheinend :)

    Nö, nach fünf Minuten würde ich dann doch lieber nach Köln umschalten, aber was für eine anmutig gewobene Geschichte.

    Und diese Wettersache! :)

    War heute ganz verzaubert, under the spell, von „Gottes Lieblingskunde“, der neuen Platte von Father John Misty.

    Gute Träume.

  3. Hans-Dieter Klinger:

    ich würde eher Fallrückzieher wie Ibrahimovic, Ronaldo & Bale hinbekommen, als so Klavier zu spielen

    soon I’ll roam around Elbjazz Festival

  4. Michael Engelbrecht:

    Das ist auch nicht so schwer mit den Fallrückziehern, ich kann sie immer noch …

    Ich bin am Wochenende bei einem peruanischen Schamanen auf Drogenreise. Auch nicht schlecht. Die Guten, Hans-Dieter, keine Scharlatane.

  5. Michael Engelbrecht:

    Und es ist, auch in der Musik, nicht immer der Rastelli, der die Pforte öffnet, sondern manchmal einfach der, der den Schlüssel hat.

    Aber wirklich ne tolle Geschichte, auch ohne Soundtrack :)


Manafonistas | Impressum | Kontakt | Datenschutz