Die Wahl, durch ein Buch zu rauschen, wird zügig getroffen. Nie mehr quäle ich mich über 50 Seiten, mittlerweile erkenne ich einen zähen Schinken sehr schnell. Etwas, das ich mir nicht antuen möchte. Zum Beispiel gedrechselte Virtuosität. Oder Geschmackssicherheit. Bücher, die sich so aseptisch anfühlen wie Gefälligkeitssoli von Branford Marsalis auf einem Sting-Album. Doppelte Strafe. John Updike. Richard Ford, meine Lieblingslangweiler. Gescheiterte Ehen, verkrachte Sportreporter, ach, du meine Güte. Immer wieder einen Sog erzeugen die Romane von James Lee Burke. Und jetzt habe ich diesen amerikanischen Klassiker begonnen, der mich vom Stapel der wartenden Bücher anlachte. Bestimmt nicht, weil er als Klassiker gilt. Oder Kult. Und ich fahre ein paar Tage in den Norden, Richtung Wangerland. Feile ein wenig an der Radionacht herum, habe schon die letzten zwanzig Minuten vor sechs Uhr morgens komplett verändert. Keine wortlastige Forschungsreise ins alte Ohio der Fünfziger Jahre, die ist auf Juni verschoben, stattdessen klingt die Nacht aus mit einer wunderbar abgehangenen Jazzballade, die kaum einer kennt, mit dabei der junge John Surman. Ich werde mir einen Strandkorb mieten, mich in eine dicke Decke mümmeln, vom Strandimbiss Reis mit Zimt und Zucker besorgen, und tatsächlich durch „Der Electric Kool-Aid Acid Test“ rauschen, ohne Windeseile, einfach über Tage und alle Wetter hinweg.
1 Comment
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Jan Reetze:
Auf dem kaue ich seit Jahren herum und find’ es einfach zäh wie Charlies Stiefelsohle — selbst dann, wenn man die Personen entschlüsselt hat, wird es nicht bissfreudiger …