Um vielleicht einigen die Zeit bis zum Erscheinen des neuen Albums von Jon Hassell etwas zu verkürzen will ich heute an eines der interessantesten und zudem japanischen Trompetenalben erinnern. So wie die Trompete aus dem Jazz nicht mehr wegzudenken wäre, ist auch der umtriebige Musiker dieses Albums nicht mehr aus der Jazzlandschaft wegzudenken, wenngleich er nicht selten dessen Grenzen außerordentlich strapazierte (Geht denn das bei Jazz überhaupt?). Zwischen Heavy Metal, brachialem Freejazz (z.B. mit Peter Brötzmann) und experimentellem mit DJ Krush reicht sein weites Spielfeld.
Silent Melodies nun wurden solo zwischen 2000 und 2003 an unterschiedlichen Orten eingespielt und stellen fast das leiseste und vertrackteste Werk Toshinori Kondo’s dar, wie der Titel schon vermuten lässt. Elektronisch verfremdete Trompetenklänge, geloopt, schwebend, mal ganz fremd technoid, mal wie Hassell’s Forth World Music nur von der anderen Seite des Planeten. Gewidmet der spirituellen Natur und der Vorstellung des 21 Jahrhunderts. Sagt eigentlich schon fast alles, Song for the Small Planet! Ja, planetare Ambient music, die sich zwischen Clear Water und First Light archaisch zeitlos, in magischer Verfremdung übereinandergeschichtet und leise Geschichten einer ganz weiten kristallinen Sphäre im samtenen Schwarz erzählt. Futuristische Wolken ziehen vor namenlosen Monden vorbei, deren stilles Licht über die feinen Gesichtszüge des japanischen Musikers zieht, der seine seit Jahrzehnten brodelnden avantgardistischen Aktivitäten hier in einer ethnosurrealen Zukunftsvision kulminieren lässt. Kein Funke von Sentimentalität oder Esoterik, keine Zitate, kein Versuch bereits einmal Gehörtes neu aufzulegen. Konzentriert und eigensinnig. Ein Soundtrack für eine nächtliche Fahrt durch die Lavafelder Lanzarotes zu den schwarzen Stränden, um dort das Leben des Meeres aus der Tiefe leuchten zu sehen …