Falls es jemanden interessiert, in der Monatszeitschrift EPD Film findet sich derzeit, anlässlich des deutschen Kinostarts von Un beau soleil intérieur, ein Porträt von Claire Denis.
Wie die Körper sich suchen – das ist das große Thema der Regisseurin. Zärtlichem und zerstörerischem Begehren verleiht sie die gleiche Evidenz. […]
Denis zeigt nicht mehr, als gerade nötig ist: Ihre Stärke sind die affektiven Momente, die in den Fragmenten einer Handlung aufblitzen und in denen sich die disparate Gefühlslage ihrer Figuren offenbart. Das macht ihre Erzählung zugleich spröde und fragil, lässt Raum für Geschichten, die sich zwischen den Schnitten zutragen können. Das Thema der gegensätzlichen Obsessionen, der Zerrissenheit überträgt sie in eine Montage, die den Zuschauer unversehens in die Situationen hineinwirft und es ihm anfangs nicht eben leicht macht, sich im Wechsel der Schauplätze und Charaktere, im Changieren zwischen den Realitätsebenen zurechtzufinden. Ihre Inszenierung stößt sich am Konkreten, an Tönen, Gesten und Gegenständen. […]
In »Trouble Every Day« ist [mit Kamerafrau Agnès Godard] ihr gemeinsames Ziel, sich Fleisch und Blut auf eine Weise zu nähern, wie es nie zuvor im Kino passiert ist. Die kannibalistischen Übergriffe sind inszeniert wie Liebesszenen. Es liegt ein Gleiten, ein Schweben in Godards Bewegungen, das wunderbar harmoniert mit der getragenen Musik von Bands wie den Tindersticks, die in Filmen wie »Nénette und Boni« und »Trouble Every Day« die Tonspur entscheidend prägen.
Die Musik und die mit ihr verknüpfte Beweglichkeit stehen in Denis‘ Filmen für die Möglichkeit der Transformation. Der Körper der Choreographin Mathilde Monnier, die sie in dem Dokumentarfilm »Vers Mathilde« porträtiert, verändert sich beim Tanz, wirkt jünger. Die Kadrage ist oft zu eng für den Bewegungsrausch der Mitglieder ihrer Compagnie, die Geschlechterunterschiede scheinen sich aufzulösen im Wirbel der Bilder.