Es war zu der Zeit, als ich das Doppelalbum UNFOLD der Necks bekam, da hatte ich eine Idee. Ein anderes, wahrlich Geschichte schreibendes, zukünftiges Doppelalbum des australischen Trios, die eine CD produziert von Brian Eno, die andere von Manfred Eicher. Also kontaktierte ich alle drei Parteien in gut überlegter Reihenfolge, es gab die allerbesten Gründe für so eine Ko-Produktion von WARP und ECM.
Hört man sich ein Album wie DRIVE BY an, weiss man, dass die technoiden Strukturen, der australische Minimalismus für Brians Klangideen ein gefundenes Fressen wären. Und dann erst die australische Ambient-Variante von AETHER oder HANGING GARDENS. Hört man sich ein Album wie OPEN an, und ein paar andere, könnte die kammermusikalische Raffinesse, die feine Reduktion, Manfred Eicher durchaus auf die Idee kommen lassen, hier das nächste grosse Piano-Bass-Schlagzeug-Trio der etwas anderen Art nach Oslo oder Lugano einzuladen. Richard Williams, mein Lieblingsmusikschreiber der Siebziger Jahre, sprach ihn darauf schon vor Jahren an. „Good things happen slowly …“
Beide waren von der Idee jedenfalls angetan, gelinde gesagt. Brian fand sie fantastisch, bat um ein paar Tage Bedenkzeit, er sei in diverse Projekte verwickelt, und bei Manfred sollte ich mich nach drei Monaten wieder melden, er reiste, gewiss mit leichtem Gepäck, von Produktion zu Produktion. Gute Ideen gehen, wir wissen es alle, mitunter auf verschlungenen Wegen und tausend guten Gründen verloren. Beide kannten die Musik der Necks – der Produzent aus München hatte sie erst vor einiger Zeit in New York live erlebt, Eno hatte schon mal mit ihnen als Teil des Projekts THE SCENIUS gearbeitet.
Zudem würden sich Eicher und Eno dann wohl zum ersten Mal real begegnen, was unerfindlicherweise bislang nie geschehen ist, lediglich eine Serie von Faxen wechselte hin und her, als Eno mit Lanois Jon Hassells POWER SPOT produzierte, welches dann bei ECM erschien. Und Brian liebte etliche ECM-Produktionen, die ich ihm über die Jahre geschickt hatte, zum Beispiel Eleni Karaindrous MUSIC FOR FILMS, die Manfred in Anspielung an Brians gleichnamige Platte so genannt hatte, David Darlings CELLO, und ein Werk, das ihn regelrecht beeinflusste, Heiner Goebbels‘ LANDSCAPE / SHADOW WITH ARGONAUTS.
Natürlich hatte ich im Vorfeld The Necks, und speziell Chris Abrahams, kontaktiert, was die Band von der Idee halte, und ob ich hier den ‚go-between‘ machen solle, ohne irgendwas garantieren zu können, ausser guten Argumenten und einen guten Draht zu den Akteuren. Wochenlang wechselten Mails zwischen den Bandmitgliedern, bis ich folgende Antwort erhielt:
Micha, Having discussed this amongst ourselves, we’re keen to pursue the idea you have of the Necks making recordings with Brian and Manfred, for a double album release. Thanks again for your generous offer to facilitate this. I hope everything’s going well for you. Cheers, Chris
Daraufhin schrieb ich zwei lange Briefe, nach Notting Hill und Gräfelfing, die, s.o., auf offene Ohren stiessen. Grünes Licht also für ein spezielle Opus mit zwei Produzenten, die ja trotz unterschiedlichster „Hörgeschichte“ ästhetisch einiges verbindet. Wieviele Kreise könnten sich da schliessen? Und eine Coveridee gab es auch schon (eine Geisterstadt in South West Wales, Australien natürlich). Wochen und Monate vergingen. Als sich dann meine Idee mehr und mehr in das Feld von „great unmade albums“ einzureihen schien, oder, besser gesagt, „great unmade double albums“, kontaktierte ich Chris noch einmal. Eine Antwort kam nicht mehr.