Die ersten herbstlichen Blätter wirbeln um den Pool. Allmählich werden die Schwimmbäder wieder geschlossen. Gibt es an den us-amerikanischen High Schools tatsächlich ein Freshman Welcome Sleepover? Einige Leser werden sich an David Robert Mitchells Horrorfilm „It Follows“ erinnern, angesiedelt in einem Vorort von Detroit, wo Figuren wie aus dem Nichts auftauchten und unbeirrt durch die Gegend stapften, ihr Opfer im Blick. „The myth of the american sleepover“ ist der Vorgängerfilm, Mitchells Debüt. Man kann ihn als eine Art Vorarbeit für „It Follows“ sehen. In beiden Filmen gibt es so gut wie keine Erwachsenen und die Jugendlichen, im Sleepover meist um die 16, in „It Follows“ etwas älter, wirken orientierungslos, verwirrt, sich selbst überlassen, und dabei gelangweilt und überfordert zugleich. Das Setting ist ebenfalls ähnlich: hier ein Vorort in Michigan, dort ein Vorort von Detroit. Vorgärten, Schwimmbäder, Veranden, ein paar öffentliche Gebäude, wenig befahrene Hauptstraßen und überall Parkplätze frei. Im Sleepover fällt der Termin des offiziellen Sleepover mit einigen privaten Übernachtungspartys zusammen. Den Schlafsack geschultert und in die Pedale getreten, während der Abendhimmel am schönsten ist, und dann den energiegeladenen Song „Elephant Gun“ von Beirut im ipod angeklickt. Es geht in dieser Nacht darum, noch etwas aus dem Sommer herauszuholen. Sich gut mit jemandem unterhalten zu können und verrückt auf jemanden zu sein, das fällt eher selten zusammen. Am Anfang sind die Partys noch streng nach Geschlechtern getrennt. Während die Mädchen über Modefragen debattieren, hängen die Jungs schweigend vor dem Fernseher herum. Und hier habe ich eine der schönsten Szenen des Films gesehen, fast ohne Worte. Einer der Jungs, ein sympathischer Typ, der zwar in eine Blonde verliebt ist, die es aber genießt, ihn abblitzen zu lassen, dieser Junge beobachtet beim Fernsehen, wie ein etwas älteres Mädchen, wahrscheinlich die größere Schwester des Gastgebers, in Shorts und einem simplen roten Sweatshirt zum Kühlschrank geht, in ihren Socken, konzentriert, ein Telefon in der Hand. Sie schaut den Jungen an, holt ein sehr amerikanisches Plastikgefäß mit einem Saft aus dem Kühlschrank heraus, kippt etwas in ein Glas, schüttet ein bisschen daneben. Sie hält die ganze Zeit Blickkontakt mit dem Jungen, wischt mit einem Lappen den Fleck vom Boden auf, sagt ins Telefon, während sie den Jungen fixiert, I miss you too, und dann zeigt sie ihm den Mittelfinger. Ich denke, das ist die coolste junge Lady im ganzen Film. Es ist ihr einziger Auftritt. Niemand hat die kleine Szene mitbekommen. Der Film im Fernsehen läuft weiter. Ein Junge, der so aussieht, als ob er mal später Karriere machen würde, sagt: This movie is not even scary. Die Nacht ist noch lange nicht vorbei.
2 Comments
-
Michael Engelbrecht:
Da bin ich ja mal gespannt auf den nächsten Film des Regisseurs., IT FOLLOWS ist absolut grossartig, den Vorgänger kenne ich nicht.
-
Martina Weber:
„The myth of the american sleepover“ gibt es auf youtube in voller Länge zu sehen.