Die Grillen zirpen 24/7 und der Sommerwind trägt Bougainvilliablütenblätter durch die offene Tür. Es ist nunmehr auf den Tag genau 5 Jahre her, dass Gregor über die Grillen in der Musik schrieb. Seitdem öffnete er 120 mal seinen Plattenschrank, also durchschnittlich 24 mal im Jahr.
Während Gregor damals Musik vorstellte, in der der Sound der Grillen vorkam oder eine Rolle spielte, möchte ich heute zwei Alben vorstellen, in denen dieser wunderbare Insektenklang, der laut Murray Schafer von den meisten Menschen als angenehm und entspannend erlebt wird, im Mittelpunkt steht und Hauptklangquelle ist.
Vor vielen Jahren als Student arbeitete ich als Konzertkartenverkäufer im Saturn Frankfurt, was auch die Platteneinkäufe günstiger machte. Eines Tages bat ich meinen Chef mir doch Graeme Revells The Insect Musicians mitzubringen. Als er damit zurück kam hatte er sich bereits das Backcover durchgelesen und schaute mich besorgt an und legte dann ein freundliches „Geht’s dir gut?“ nach.
Spätestens nachdem zu Hause die ersten Töne aus meiner Anlage erklangen, wusste ich: es geht mir gut! Die Faszination einer durcharrangierten Musik, deren Quellen ausschließlich aus von Insekten, vornehmlich verschiedener Zikadenarten, stammte, erfasste mich sofort und trug mich fort in bizarre insektoide Welten, wo völlig andere Regeln der musikalischen Kommunikation galten. Revell sammelte die Ausgangsklänge rund um den Globus und veränderte sie dann elektronisch, indem er sie streckte bis sie perkussiv wurden, loopte oder tonal ausbalancierte. Das Ergebnis reicht von völlig eigenwilligen ambienthaften Stücken bis hin zu der eigenartig schönsten Variation über ein japanisches Volkslied. Ein Kleinod, das, desto länger man es hört anfängt unter die Haut zu gehen und bald dort beginnt ein fast unheimliches Kribbeln zu verbreiten.
Ganz anders dagen das Vorgehen des Jazzmusikers, Philosophieprofessors und Insektenforschers David Rothenberg auf Bug music, der zu den nur wenig manipulierten Klängen einer nur alle 17 Jahre auftretenden Zikadenart Bassklarinette spielt und sich teilweise die (entbehrliche) Unterstützung des Gitarristen Robert Jürjendal dafür holt. Dabei entstehen magische Liveduette zwischen ihm und den Insekten und faszinierend perkussive Stücke: Insect drummers I-III. Am verständlichsten wird sein ungewöhnliches Vorgehen in der Kommunikation mit den Insekten in diesem Video, die durchaus nicht für jeden zu bewältigenden Schwierigkeiten hingegen zeigen sich in diesem kurzen Clip.