„MONTAUK
ein indianischer Name, er bezeichnet die nördliche Spitze von Long Island, hundertzehn Meilen von Manhatten entfernt, und er könnte auch das Datum nennen:
11.5.74″
Ich war mir nicht sicher, ob ich das Buch noch hatte, aber es war noch da. Großartiges Umschlagfoto: Max Frisch Anfang / Mitte der 70er in New York, fotografiert von Jürgen Becker. Eine Straßenszene, Max Frisch schaut zur Seite, eine Ampel ist grün (aber schwarzweiß), ein paar unentschlossen wirkende Passanten. Wunderbar grobkörniges Fotopapier. Selbst die Wolkenkratzer wie aus einer Traumkulisse, weich. Solche Fotos möchte ich machen.
„MY LIFE AS A MAN
heißt das neue Buch, das Philip Roth gestern ins Hotel gebracht hat. (…) Ich möchte wissen, was ich, schreibend unter Kunstzwang, erfahre über mein Leben als Mann.“
Gelingt es mir, mich festzulesen? Ich überfliege Passagen, die ich bei meiner Lektüre vor Jahren angestrichen habe: „Heute interessiert es mich nicht einmal mehr, was W. über unsere lange Geschichte denkt. Das vor allem macht mich betroffen. Ich meine, daß die Freundschaft mit W. für mich ein fundamentales Unheil gewesen ist und daß W. nichts dafür kann. Hätte ich mich ihm weniger unterworfen, es wäre ergiebiger gewesen, auch für ihn.“
[no audible dialogue]
Es ist eine schonungslose Selbstreflexion, auf allen Ebenen. Der Vorwurf, den ihm eine kluge Frau gemacht hat: Dass er zehn Jahre lang nichts zu ihrer Selbstverwirklichung beigetragen hat. – Wann sind Beziehungen interessant?
Ein anderes Montauk – die Brandung am Nordstrand, das Restaurant Lobster Roll, die Straße im nächtlichen Wald, getaucht in blaues weich gezeichnetes Licht. Willkommen am Ende der Welt. Montauk ist – neben New York – Schauplatz der TV-Serie „The Affair“, deren 2. Staffel es in Jochens Liste der Favourites geschafft hat. Eine Ermittlung in einem Todesfall, Verhöre in der Rahmenhandlung und die Story im Rückblick, ein Beziehungsgeflecht ohne Chronologie, erzählt aus zwei Perspektiven und in einer grandiosen und völlig unberechenbaren Spannungskurve, zunächst auch was die Frage angeht, welcher Todesfall untersucht wird. Am Ende der zweiten Staffel, in der die Zahl der Perspektiven auf vier erweitert wird, ist der Gerichtsprozess an seinem Höhepunkt. (Hier können Sie eine Pause einplanen.) So ganz aufgelöst ist die Bedeutung des düsteren Trailersongs jedoch noch nicht. A song about family. Wow, und wie Scotty „There is a house in New Orleans“ singt, auf einer kleinen Bühne, vor rot beleuchteten Gardinen. Don´t ruin this fucking day for me, okay?