Manafonistas

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Archives: Mai 2017

2017 15 Mai

Let’s Rumba on Congo River

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„…mein Körper, meine Seele sind nackt,
als ein seiner Geschichte beraubter Mensch stehe ich hier“

(Tchicaya U Tam ’si, Dichter 1931-1988)
 

„histoire oblige“ (John Cage)

 
 

In der belgischen Tageszeitung „Le Soire“ war in diesen Tagen ein Foto von einem gekreuzigten Biber abgebildet. Grausam. Grausam die Taten des legendären Legionärs Kongo Mueller, von dessen Greueltaten wir in Filmen im Audimax Freiburg in den späten 70ern erfuhren. In den Tagebüchern von Peter Sloterdijk wurde ich auf ein Buch aufmerksam, das ich jetzt gelesen habe: Eine Geschichte KONGO von David Van Reybrouck (Suhrkamp 2013). Van Reybrouck beschreibt – ohne Scheu -, Grausamkeiten beim Namen zu nennen, wie unter dem belgischen König Leopold II im Kautschukabbau gefoltert wurde und erklärt, wie und warum Lumumba und mit ihm der Traum von einem vereinten Kongo sterben musste.

Nachdem der Kongo 1961 plötzlich unabhängig geworden war, folgte Mobuto, der dem Land einen neuen Namen aufdrückte: Zaire. Mobuto regierte 30 Jahre lang (1965-1997) mit schweren Gewaltverbrechen und dem Geld der USA und Frankreich. Kaliba folgte nach und wurde aber bereits 2001 erschossen. Sein 29 jähriger Sohn Joseph Kaliba übernahm das Amt, das er bis heute in der Demokratischen Republik Kongo (seit 2016 widerrechtlich) innehat. In seinen Anfängen erhielt die Musik eine außerordentliche politische Rolle. Popmusiker wie Werrason und Mpiana machten nicht nur Werbung für Bierbrauereien (Heiniken und Primus), sondern traten auch für den korrupten Kaliba auf ihren Konzerten ein. Auch Papa Wemba sang für Kaliba. Erst 2008 wagte ein junger kongolesischer Rapper die konsumverirrten Musiker und die Volksvertreter anzuklagen.

Als ich am Sonntag in Tervuren (Brüssel) spazieren ging, dachte ich an die Kongolesen, die bei der Ersteröffnung des Afrikanischen Museums Ende des 19.Jhdts. lebendig ausgestellt wurden. Man darf gespannt sein, wann und was das Afrikanische Museum, das seit Jahren geschlossen ist und 2018 wiedereröffnet werden soll, zeigen wird. Vorstellbar ist, dass Papa Wemba oder der bekannte Rumba Song „Jamais Kolonga“ (auf Youtube) erklingt oder „Le Grand Kalle“ von African Jazz: „Oye, oye, oye“.

Oder man lässt in einer nachgebauten kolonialen Siedlung eine Band Maringa- und Rambamusik spielen, auf Flaschen schlug man komplexe, synkopierte afrikanische Rhythmen. Aber man hörte auch Fetzen Fandango, Cha-cha-cha, Polka und Schottisch, neben Echos von Marschmusik und Kirchenliedern. Der wichtigste Einfluss war jedoch kubanisch: Schellack-Schallplatten brachten Musik zu Gehör, die sich für Kongolesen vage vertraut anhörte. Es war die Musik, die Sklaven in den Jahrhunderten zuvor auf die andere Seite des Ozeans mitgenommen hatten, und die nun, bereichert durch spanische Einflüsse, zurückkehrte. Die Sänger in Leopoldville sangen gern auf Spanisch, oder taten so, dass es sich wie Spanisch anhörte.

Die Gitarre wurde das populärste Instrument, neben dem Banjo, der Mandoline und dem Akkordeon. Camille Feruzi, der Akkordeon Virtuose der kongolesischen Musik, komponierte unvergleichlich wehmutsvolle Melodien. Und auf den Schiffen, die vom Landesinnern nach Leopoldville fuhren, spielte der junge Wendo Kolosoy unermüdlich auf seiner Gitarre. Er würde sich zum Begründer der kongolesischen Rumba entwickeln, des einflussreichsten Musikstils im subsaharischen Afrika im 20. Jahrhundert. Es war Musik, die einen lachen und vergessen ließ, die zum Tanz und zur Verführung einlud, die froh machte und sinnlich …“ (S.203)

Ich fahre mit der Tram 44 aus Tervuren in Richtung Brüsseler Innenstadt, genauer ins afrikanische Viertel Matonge. Dahin, wo kein König wohnt, sondern arme Zentralafrikaner ihr Glück versuchen. Die Arrivierteren treffen sich im Club 144 auf der edlen Avenue Louise for a real hot Rumba night.

2017 15 Mai

Open To Space

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Noah Solloway took his time for his first novel A Person Who Visits A Place. I remember a short story titled “The Waiting Room” in one of the new literature magazines, For Starters, a few years ago, and found it again now as part of a well thought mesh in this ambitious first novel, published in 2014, that I spotted browsing the shelves in a library. Solloway studied at Columbia and works as a teacher for English and PE at a public school in Brooklyn, but his novel displays a strong European influence because of its metaphysical claims. The title itself sounds a bit abstract, but the story isn´t. There are 52 chapters, one of each describing, well, a person visiting a place, in a variety of sense. I cannot exactly say how many characters there were involved, because some of them have no names and others who have names do change them. It´s kind of a family structure, there is this young close-mouthed student who struggles for a new life, apart from poverty and loneliness, his mother works as a waitress, which is described from his and her and the father´s and the goldfish´s perspective. There is the student´s affluent girlfriend, there is this superego father-in-law, a famous writer living on an island, there are some close friends, there is a baby girl and several unborn, but persons, time and space are malleable, and page for page you lose control. In an online Interview Solloway said as a teenage boy he loved Moby Dick and I think there´s a crime element and through that you discover dark under-shade. Where is real life? What is memory like? What does liberty mean, hazard? Although the novel´s structure is quite experimental style (in one chapter the main character, a young writer, encounters Alain Robbe-Grillet in a coffee bar in Paris and talks about possible structures of novels) there are always meditative parts and it´s not an essay. “He thought of weather. How unpredictable it still was,” writes one of the narrators. “He looked down at his feet to watch the waves recede, leaving jagged little rivulets in the sand and took comfort that he could find no order in their paths either.” It´s not a sit-back-book, it´s a lean-forward-book. I just checked, the second novel by Noah Solloway, Decent, was released this spring and it will soon be made into a major motion picture.

 
 

2017 15 Mai

Tageslichtgeister

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Faust und Mephisto treten auf.
 

Zwei Platten drehen sich seit Tagen auf dem Teller, sie ziehen mich an als wär´s ein Sog. Abwasch machen, ins Labor? Erstmal einen Pottersong dazwischenschieben. Schnell werden es dann zwei, drei, vier – hintendran noch einen Taborntitel, dann raffe ich mich endlich auf. Schnell kann es zu Verwechselungen kommen: das Stück „Sonic Anomaly“ zum Beispiel – is it Craig or Chris now? Tageslichtgeister schwirren umher. The Dreamer is the Dream.

Redet hier schon einer wirr – prokrastiniert und dilletiert im Klimakterium? Und immer diese abgedroschenen Anglizismen. Nun aber Klartext! Denn wir wissen doch: der vorgebliche Plattenspieler, auf dem sich dieser Potter drehen soll, ist in Wirklichkeit ein ganz banaler Ipod. Hoch gestapelt, tief gefallen, ausgeträumt, Herr Felix Krull!

So what? Der Träumer bleibt ein Traum. Chris Potters Werk ist – um es klartextlich zu sagen – für mich das Beste, was ich bislang von dem Ausnahmesaxofonisten hörte. Es folgen die Daylight Ghosts des Pianisten Craig Taborn, sequenziert mit Silent Light als sanftem Ausklang. Der Albumtitel des Gitarristen Dominic Miller könnte auch Hinweis sein auf eines Ipodhörers liebste Stunde, meines Zeichens twilight zone genannt: die Dämmerung. Denn diese Stunde hat Magie, sie ist ein Übergang.

Übergang?

Ultrahang!

Was denn nun?

Taborn und Potter spielen ja zuweilen auch zusammen.

Komm er mir nicht mit „Wahlverwandtschaft“! 

Des Pianisten Solo auf dem Label ECM war ja schon einzigartig wie dessen ganze Klangauffassung: mal sphärisch verspielt, dann rockig vertrackt. Und angenehm kühl.

Oh Gott – Strawinski, Messiaen, Berg und Bartok?

Zumindest grüsst die Klassik – doch sei beruhigt: fernab von allem Kirchentaggedöns. Das Potter-Album begeistert mich besonders, ich zähl´s zu jener Art Musik, die ich nach eigenem Gutdünken „Erlebnisjazz“ nun nenne. Dies Wort spannt jenen Bogen auch zu frühester Hörerfahrung – in guten, alten Radiotagen.

Die Moderatorin Anne Rottenberger war es, sie legte mir via Radio Bremen schon früh den Schlagzeuger Paul Motian ans Herz und sprach den Namen dabei, wie wenige nur, auch richtig aus: Mozi-en, nicht Mouschn – selbst für Mozartfeinde leicht zu merken. Ich sah sie oft bei Nachbarn zu Besuch, sie fuhr mit ihrer roten Ente vor.

Sie anzusprechen traute ich mich aber nicht, denn sie erschien mir wie ein Engel. Sonderbar an ihren Sendungen war die Zusammenstellung. Traditioneller Jazz aus der Historie und dann die modernen Formen: Robert Wyatt, Soft Machine, Mahavishnu – wage Erinnerungen. Airto Moreira und Flora Purims „Open Your Eyes, You Can Fly“. So wurde also früh das Fundament gelegt für den „Erlebnisjazz“ – und stets aufs Neue erscheinen in dem Gebäude ja ausserordentliche Platten, äh, Potter, Ipods.

Bleib er ganz ruhig, der Wortemacher! Was liegt an Worten, was liegt an dir?

 

  • Chris Potter The Dreamer is the Dream ECM 2519
  • Craig Taborn Daylight Ghosts ECM 2527
  • Dominic Miller Silent Light ECM 2518

 
 

 
 

2017 13 Mai

For the love of

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For the love of Good Arrows and Let England Shake,

For the love of Someday World and High Life

For the love of Everyday Robots and  Laughing Stock

For the love of Bish Bosch and Cuckooland

For the love of Portishead’s and Soft Machine’s Third

For the love of The Village Green Preservation Society

And

 
 
 


 
 
 

P.S. This album was cut for vinyl from the original master tapes by using a completely analogue signal path and with constant reference to the notes made by the cutting engineer for the first pressing of the LP. It has been made with current technology and without imposing the restrictions necessitated by the limitations of record players in the 1960s. Consequently this mono version reveals more of the content of the audio on  the mastertapes. The text above is not a poem,  not even in the tradion of „Konkrete Poesie“. There are no ambiguities, no double bottoms, there is even no clearly defined time zone. At  first everything seems to stick to the English  21st century, but then, for one reason or another, it loses track of the time line. It’s a bit tricky though. The text is thoroughly incomplete, but, put simple, it is about acknowledged and more or less disputable masterpieces and can change lives. There are no strawberry fields on the photo. 

 

2017 13 Mai

Weltraum

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You’re already in space
 
 
 

 
 
 
Beneath the grass and a stone that bears your name
 
 
 

 
 
 
Trabants still in orbit
 
 
 

 
 
 
And Budapest is a city I can’t get the hang of. Up, down, átváltozás, turn around. Please don’t let me hit the ground. Oh, if you could fall for a city. Staying in the same place, just staying out the time. Touching from a distance. Further all the time. Dance, dance, dance, dance, dance, to the electromagnetic radiation left over from the big bang. (It
 
 
 

 
 
 
was only a theory.) You’re already in Space

 
 
Listens:

open.spotify.com/track/1D1JVTUfH41hJerYNmdLR1
open.spotify.com/track/6fb9lvQ9Bk9WpyA66o16dS
open.spotify.com/track/0OkWcpIp79yy3CjPDj0ips

 

 
 
 

Ohne, dass ich es mir groß aufgefallen wäre, hat sich bei mir im Plattenschrank ein Label Raum geschaffen, dass mir außerordentlich gefällt: die Musik, die in der Regel ungewöhnliche Instrumentierung, das Ganze gewagt, neu, erfrischend bis hin zur Aufmachung der CDs, so, als wäre ECM nochmal erschaffen worden, dieses Mal allerdings liegt der Geburtsort nicht in München, sondern in Oslo. Andreas Meland, Chef von Hubro Music, soll ja sogar zeitweise bei Rune Grammofon und auch für ECM gearbeitet haben. Das norwegische Plattenlabel, das inzwischen gut sieben Jahre existiert, stellt sich vor: HUBRO is a record label dedicated to releasing music from the vital Norwegian jazz and improvised music scene. We cherish the album as a physical object. Hubro is a sublabel to Grappa HYPERLINK „https://grappa.no/“Musikkforlag – the no. 1 leading independent record company in Norway. All releases comes with exclusive design by the very talented design group Yokoland.
 
 
 

 
 
 
Auch die Internetseite der Firma (https://hubromusic.com/) kann sich sehen lassen: Ausführliche Plattenbesprechungen; Reviews, Vorstellungen der Musiker; Beschreibungen der CD; Hörbeispiele über Soundcloud; Links zu Spotify, iTunes und Wimp; Erscheinungsdaten für Norwegen und International, was will man mehr. Übrigens Hubro veröffentlicht als CD und als Schallplatte! Bisher befinden sich folgende Werke von Hubro in meinem Plattenschrank: beide bisher veröffentlichten, wirklich ausgezeichneten Werke der Gruppe Building Instrument, deren erste Veröffentlichung den Gruppennamen auch als Titel der Platte trägt (VÖ 2014), es folgte 2016 Kem Som Kan å Leve . Auch Christian Wallumrød ist schon mit zwei CDs zu finden, einmal mit seinem Ensemble, Titel: Kurzsam and Fulger (VÖ 2016) und einmal Solo Christian Wallumrød: Pianokammer (2014). Weitere herausragende Veröffentlichungen: Erlend Apneseth Trio: Det Andre Rom (2016); Erik Honoré: Heliographs (2014); Frode Haltli: Vagabonde Blu (2014). Und freuen dürfen wir uns auf: Phonophani: Animal Imagination (VÖ 9.6.2017) und Michael Pisaro / Håkon Stene & Kristine Tjøgersen: asleep, street, pipes, tones (VÖ 16.6.2017).
 
 
 

 

2017 11 Mai

Desire Like a Hungry Lion

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by Dorothy Trogden for RB

 

A hungry lion is loose in the streets of May.

How difficult it is for you to know what you require
at any passage of your life
yet something sees and knows and waits

until you open your door and go forward to meet it,
to offer what has been taking shape within you.

Hold out the tempting crumbs in the palm of your hand
and quietly wait until you feel the touch of the velvet muzzle.

Look well at the fur and claw of wildness, your brother.
The stars need darkness or you would not know them.

 

 
 

 
 

2017 10 Mai

Zehn Fuenf Siebzehn

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Einen Teddybären, den man in Japan auf eine Sightseeing Tour schicken kann, den hatten wir hier schon vor einiger Zeit! Wie wäre es aber, man könnte in Bücher und deren Romanhandlung „einsteigen“? Zugegeben, sonderlich neu ist diese Idee nicht: Woody Allen hat in seiner Kurzgeschichte „Intermezzo mit Kugelmass“ eindrucksvoll vorgeführt, zu welchen ungeahnten Verwicklungen es kommen kann: verwirrte Studenten aller Herren Länder zum Beispiel, die das Buch im Studiengang lesen müssen und verwirrt eine neue, ihnen und den Universitätshonorationen bis dato völlig unbekannte Romanfigur Kugelmass im Buch entdecken. Und Kugelmass selbst hat auch seine Probleme: wie kann er es schaffen, bei jedem seiner Besuche im Buch aufzutauchen, bevor Madame Bovary Rodolphe Boulanger kennenlernt? Ein reizvolles Gedankenspiel bleibt es allemal, sicher auf der Couch sitzend. Zu wem und in welches Buch würde ich also reisen? Zu Gesine und D. E. in das New York des Jahres 1967? Oder mit Polly Hütchen den Mann mit dem steifen Hut durch Berlin verfolgen? Reizvolle Ideen hätte ich genug und ich wüsste auch schon, wohin meine erste Reise gehen würde.

 


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