Auch wenn es unlogisch war: Die Navigation war nicht zu gebrauchen. Geographisch zählt Zypern zwar zu Asien, das Land ist jedoch Mitglied der EU und obwohl die Türkei nicht Teil der EU ist und ihr größter Teil in Asien liegt, wird sie vom Navigationsgerät erfasst. Wir saßen im Mietauto direkt beim Flughafen Larnaka, die Sonne blendete, es war ziemlich heiß im Wagen und der Wasservorrat neigte sich dem Ende zu. Der Pfeil im Display, der unsere Position angab, lag im Niemandsland, war nicht zu orten. Das Gerät der Autovermietung war auf englisch eingestellt und mit der Stimme einer Frau, die etwas genervt oder auch schnodderig klang und einen Befehlston drauf hatte. Please drive through high lighted route. / Drive 1 point 9 kilometres, then enter roundabout. Das Haus lag am Rand von Limassol, gegenüber einem Stück Brachland, auf dem Autos parkten, wilde Gärten waren angelegt, in denen Kräuter und Zitronen wuchsen, eine ausrangierte Waschmaschine stand in der Nähe eines Verkaufsautomaten für Wasserflaschen. Auf der anderen Seite der Brachfläche lag eine Schule. Die Ansagen wurden über Lautsprecher gemacht und die Stimme ähnelte der aus dem Navigationsgerät. Vor einem Fenster nisteten Tauben, im Zwischenraum zum Nachbarhaus war ein Ficus Benjamini bis übers Dach gewachsen. Manchmal fuhr ein Wagen durch die Straßen, und es tönte die Stimme eines Lautsprechers daraus. Ich verstand kein Wort, auch nicht vom Tonfall her, und ohne das Bild des Fahrzeugs vor Augen hätte es alles sein können, vom Versuch, Kartoffeln zu verkaufen über die Verkündigung des Ergebnisses einer politischen Wahl bis zur Ankündigung des Weltuntergangs. Die Katze merkte, dass ich sie mochte, sie saß stundenlang draußen auf dem Fensterbrett. Ich wollte sie aber nicht ins Haus lassen und streichelte sie durch die Scheibe. Sie kuschelte sich daran. Gibt es etwas, das die Vision und Imagination einer Zärtlichkeit übertrifft?
Archives: April 2017
2017 8 Apr
Imaginäres aus einem asiatischen Land
Martina Weber | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Comments off
2017 7 Apr
In den Zustand eines sendebereiten Radios versetzen (3)
Martina Weber | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Comments off
„Gehen ist das stärkste kreative Werkzeug, das ich kenne,“ schreibt Julia Cameron. Da sind die Bilder, da ist Bild für Bild, in einem Tempo, das wir verarbeiten können, da ist die Atmung, die sich beruhigt, und die bloße Fortbewegung verändert die Stimmung in uns und setzt etwas in Bewegung. Ich bin immer gern abends Fahrrad gefahren, schon als Schülerin und obwohl ich schon 14 Kilometer Strecke für den Schulweg hinter mir hatte, ich setzte manchmal den Walkman auf, hatte meine Lieblingskassetten zurechtgespult, hörte ein paar Songs, ich suchte den Weg durch Feldwege, ich kannte einige, die noch nicht asphaltiert waren, ich fuhr den Fluss entlang, am liebsten zur Zeit der Dämmerung, am liebsten allein. Es ist etwas Sportliches dabei, aber das Gehen hat eine andere Qualität. Auf dem Schulweg war mir fast jeden Tag ein Mann aufgefallen, der den Fluss entlang, unter den Kastanien, zu Fuß ging. Der Mann wirkte so unauffällig, dass ich kaum etwas über ihn sagen könnte, er war groß und schlank und er trug völlig normale Kleidung, ich wüsste nicht einmal mehr, ob er eine schmale braune Aktentasche trug, die wohl zu ihm gepasst hätte, er hatte eine Entscheidung getroffen. Es muss nicht der Jakobsweg sein. Ich war vielleicht sechzehn, als ich an einer Fußwallfahrt teilnahm. Es hatte keinerlei religiöse Gründe, eher soziale, es war eine Gruppe junger Leute und wir wanderten durch den Odenwald, mit einem großen schweren Holzkreuz, das meistens auf den Schultern der älteren Jungen lag, ich hatte es nur ein Mal eine kurze Strecke getragen. An einem Abend stand eine Fußwaschung auf dem Programm. Wir bildeten Zweiergruppen und wuschen einander die von der Wanderung schmutzigen und verschwitzten Füße. Jemandem etwas erlauben, was man sonst kaum jemals so bewusst für sich selbst tut. Ein spiritueller Akt. Beim Gehen entwickeln wir ein Gefühl für eine Landschaft, für einen Ort, für die anderen und für uns selbst.
Das ist nun so ein schlimmer Tag
Wie der April ihn bringen mag
Mit Schlacken, Schnee und Regen.
Wir schaffen es nicht ganz in das Droste-Zimmer, aber im Münster-Stüble ist jetzt für 8 Manas reserviert. Und dort sind wir ganz unter uns. Wir treffen uns um 18:00 Uhr am Samstag, den 27.5. im Restaurant Feldmann, An der Clemenskirche 14 in Münster. Das Essen ist nicht ganz billig, aber dafür einheimisch – wenn wir zusammenlegen, wird jeder satt. Die Münsteraner Küche ist etwas deftig und westfälisch störrisch, deswegen geht’s am Sonntag – pour ceux qui veulent – ins schöne Kreuzviertel, wo wir im Le Petit Rêve in der Gertrudenstraße 19 von süßen und leichteren petites choses nicht nur träumen können: un croissant est un croissant est un croissant.
Für die Biker gibt es die Aufmerksamkeitsaufgabe, auf allen Allradwegen auf die im Entstehen begriffene Skulptur im öffentlichen Raum zu achten und uns darüber zu berichten.
Es wird lebendig.
2017 5 Apr
John Zorn in der Elbphilharmonie
Jochen Siemer | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Tags: John Zorn | 6 Comments
Im Vorfeld hatte man sich lange gefragt, wie das denn gehen solle, alles unter einen Hut zu bringen. Die Vorfreude war gross gewesen und als man auf einem der besseren Sitze Platz genommen hatte und das Konzert begann, wurde schnell klar: wo John Zorn draufsteht, da ist auch John Zorn drin. Insgesamt siebenundzwanzig Musiker in zwölf Formationen traten auf. Solo, im Duo, im Trio und als Quartett brachten sie einige der „Bagatellen“ zum Besten, von denen der jüdische Jazz-Innovator zuvor dreihundert am Stück komponiert hatte, in dreimonatiger Klausur und mit der von ihm gewohnten Schaffenskraft.
Man begann pünktlich wie die Bauarbeiter und dem Polier in Person kam spontane Sympathie entgegen, als er die Bühne betrat in gewohnter Arbeitskleidung: lässig in Tarnfarbenhose mit den übergrossen Seitentaschen, fast so gross wie das auf dem hauseigenen Tzadik-Label veröffentlichte Œuvre. Kurz dem Publikum zunickend, die Sympathie erwidernd, begann er sogleich, sein Abendwerk zu verrichten, denn die Zeit war knapp. Diszipliniert unter der Regie und Moderation des Komponisten lief nun alles ab, straffer und mit mehr Dynamik, als Bauplaner ein Projekt jemals zuende brachten.
Als es nach zwei Stunden zur Pause ging, hörte man von einem jener zahlreichen Besucher im fortgeschrittenen Rentenalter, die wohl der Philharmonie wegen gekommen waren und vermutlich das erste Mal mit solcherlei Musik Bekanntschaft machten: „Laut, aber gut.“ Genau das war auch das einzige Manko: es war stellenweise schlichtweg zu laut. Glücklicherweise aber kam man doch auch in den Genuss einer ortstypisch differenzierten Akustik. Beim Soloauftritt Craig Taborns etwa schritt der umtriebige Zorn hilfreich zur Tat: „I wanna hear the Piano, let´s drop off the soundsystem.“ Beifall.
Es waren auch solche kleinen Zwischenfälle, die den Abend würzten: einer jener dumpfen douchebags etwa, der seinem selbsternannten Pseudokumpel quasi über den Kopf der Ikue Mori hinweg, die zuvor eine eigentümliche Computerperformance abgeliefert hatte, zurufen musste: „Next time you put it on a USB stick, John.“ Emotionslos und sachlich, wie es die Situation erforderte, war dessen Antwort: „Fuck you!“ Gut so, denn der Typ sass gleich hinter uns. Hätte man ihm, dem spontanen Impuls nachgebend, direkt eine geplettet, die Konzentration wäre vorrübergehend gestört gewesen.
Die Highlights des Konzerts? Ein jeder der zwölf Acts war hörenswert. Von einigen der Musiker, die ja beim Label ECM schon publizierten, hörte man auch Stilles, klassisch Anmutendes: vom schon erwähnten Craig Taborn etwa, von der Pianisten Sylvie Courvoisier im vertrauten Zusammenspiel mit ihrem Gatten, dem Geiger Mark Feldmann und seinem unverwechselbar eigenem Violinenton. Das Duo Julian Lage und Gyan Riley, der eine an den Nylonsaiten und der zweite an den steel strings zupfend, war beeindruckend. Auch das Violoncello-Duo mit Erik Friedländer und Michael Nicolas liess die Akustik des Ortes gut erklingen.
Persönlicher Höhepunkt war dann doch das Quartett der Pianistin Kris Davis, mit der reizenden Mary Halvorson an der Gitarre, mit Drew Gress am Bass und Tyshawn Sorey am Schlagzeug. Da würde man sich über ein erscheinendes gemeinsames Album freuen. Dann wieder Zorn, der fast jeden Angehörigen seiner Freundesfamilie nach den jeweiligen Auftritten herzte, küsste und umarmte: „After this beautiful ballad, let´s do a little headbanging!“ Und was jetzt kam, glich elektrisch verstärkten Vorschlaghämmern mit Massagebass im Unterbauch. Die drei Jungs des Trios Trigger lieferten eine Metal-Performance ab, die man nicht vergisst und der Chef im Ring gönnte ihnen ausnahmsweise eine Extrarunde, denn sie seien ja „first time in Europe“. War das ein Spass!
Den ersten Set hatte John Zorn am Saxofon im legendären Masada Quartett begonnen – mit Trompeter Dave Douglas, Joey Baron am Schlagwerk und Greg Cohen am Bass. Als ihn das Trio des Organisten John Medeski, mit Drummer Calvin Weston und David Fiuczynski, jenem Doppelhalsgitarristen der Gruppe Screaming Headless Torsos, dann mit Power-Funk abschloss, war man froh, dass gerade erst zwei der insgesamt fünf Stunden eines grandiosen Konzertabends wie im Flug vergangen waren.
2017 4 Apr
Some time travel report: London 1995
Michael Engelbrecht | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Comments off
During that week we (Olaf Saddeler, the photographer, and I) made a lot of interviews for three 90-minute episodes for Michael Naura’s „Jazzlaboratorium“ including meetings and tea time with David Toop, Max Eastley, Robert Hampson (Main) a.o., at their homes or records companies. As these names may tell some of you, Naura gave us all the freedom to leave the jazz fields and dive into the experimental London „underground scene“ (not exclusively, we also talked to a street musician playing, well, „Heart of Gold“, which I think, is the no. 1 evergreen in London tubes and railway stations). Olaf says it was 1995, in my memory it was 1997. I’ve always loved long dark coats (s. photo), and it was nearly always raining. When we came to David Toop’s place, thousand records, many book shelves and an uninhibited sadness filled the room – not long before David T. has lost his wife, and I’m quite sure writing and listening and making music were essentials in his his survival kit – we talked about his instant classic „Ocean of Sound“ which broke so many frontiers between the ancient and the avantgarde. It was the time when coffee shops in big numbers seemed like being built over night. We had a knack for Indian restaurants, and finally, for the rain. We loved wet clothes, wet hair, wet microphones. We loved walking through Hampsted Heath in the rain. Though it was London, we felt like living in two fucking genius John Fogerty rain songs.
2017 4 Apr
Deutscher POP und PUNK aus Halle
Lajla Nizinski | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Comments off
Vor Jahren besuchte ich die Kunstakademie auf Burg Giebichenstein in Halle. Der Unterschied zu der Düsseldorfer Kunstakademie lag eindeutig in der soliden, handwerklichen Ausbildung der jungen Kunststudenten. Am Wochenende traf ich zufällig auf zwei Künstler aus Halle, die in Potsdam in der Galerie Sperl ausstellten. Ich war eigentlich wegen des neuen, wirklich wunderbaren Museums BARBARINI hingefahren, weil ich die ostdeutschen Maler: Heisig, Sitte, Mattheuer … sehen wollte. Welch Zufall, dass ich in diese Vernissage geriet. Moritz Goetze hatte einmal diese Maler „verpopt“. Er bezeichnete sich selbst schon damals in Halle als deutscher POP-Art Künstler. Von 1981-1985 hatte er in seiner Band „Grössenwahn“ als Sänger und Gitarrist mitgewirkt. Er widersetzte sich dem PUNK Verbot und ’schlug seine eigene Trommel. Mit seiner letzten BOND BAND coverte er kurz vor der Wende den GOLDFINGER Song, ohne Englisch zu können. Ich kaufte mir die auf 1 Million limitierte Pressung. Auf der B-Seite dieser Vinyl-Single wird richtig wüst „gepunkt“ – just like Rio Reiser did – oder ganz dem Credo eines tiefdenkenden Nachbarn zu Ehren: „Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum“.
2017 3 Apr
Gregor öffnet seinen Plattenschrank (131) – „mana-memo“ (1 / 2017)
Gregor Mundt | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | 5 Comments
Gesucht und gesucht hab´ ich, allein, ich konnte sie nicht finden. Zwischen 1997 und 1998 hat Michael Naura eine Weltmusik-Sendung anmoderiert, also da blieb wirklich kein Auge mehr trocken. Meine unzähligen Kassetten sind natürlich bestens geordnet und ausgezeichnet, aber Pech, die TDK-90 mit dieser Sendung von Naura ist nicht zu finden. Gerne hätte ich ein paar Sätze aus diesem Beitrag hier zum Besten gegeben. Beim Thema Weltmusik konnte der Meister ja richtig garstig werden, da war dann von „Gemischtwarenwahnsinn“ oder „Multi-Kulti-Gepansche“ die Rede. Sprachlich gewaltig war Naura ja wie sein Freund Peter Rühmkorf. Letzterer schrieb einst Haltbar bis Ende 1999 und widmete das Gedicht Michael Naura, dem Krapotkin des Pianos.
2002 veröffentlichte Naura das Buch Cadenza – Ein Jazzpanorama, hierin findet sich besagtes Gedicht quasi gleich zu Anfang, dort heißt es:
Kommkomm, die Haare liegen doch, der Schal sitzt.
Irgendwann muß sich einer vermutlich entscheiden,
ob er Dichter oder Pressereferent werden will:
Andere in deinem Alter
bieten heut schon den Landesvater;
andere lungern noch immer herum, wo´s grad was zu glauben gibt –
Ich aber sage euch, dieses totenwurmhafte Geticke
darf doch nicht alles sein
H i e r i s t e i n r i c h t i g e s H e r z, d a s s c h l ä g t!
N i c h t s d r u m h e r u m.
Und dann bietet Naura Sounds aus dem Blätterwald, Essays zu Monk, Taylor, Wynton Marsalis, Knef, Bill Evans, Jarrett und vielen anderen. Es folgen vier kurze Texte im Flattersatz: zum Beispiel ein Abgesang auf den Jazz, eine Grabrede oder Naura geht der Frage nach: Welchen Jazz hört Gott?
Dann Sieben purpurne Märchen, herrlich, über einen Bluesmusiker, eine Jazzsängerin, eine Jazz-Pianistin, einen Saxophonisten (der träumte, er hätte zwei Köpfe), eine Jazz-Flötistin, eine Jazz-Komponistin und einen Jazz-Trompeter (der ein Freund von Dizzy Gillespie war, aber noch mehr ein Freund der Wolken).- Unsere Neugier wird befriedigt durch den Abdruck von Briefen an Naura, etwa vom Staatsminister beim Bundeskanzler Dr. Michael Naumann, Joachim-Ernst Berendt (sechs gedruckte Seiten lang!), Friedrich Gulda und – wow – Carla Bley: June 26, 1998 Dear Michael – Good to hear your voice! We were just talking about you (Fancy Chamber Music is coming out in Europe this week – with your Commission on it). Here are a few things you might not have. (Wow! A 10 hour program of me?) And a catalog in case you want anything else. Say hi to Christine. Stay well. Carla.
Und es gibt noch viel mehr zu entdecken in diesem Buch.
Aber ich gehe jetzt erst einmal ganz schnell zu meinem Plattenschrank und nehme Carla Bley: Fancy Chamber Music heraus und erfreue mich an dem wunderbaren Wolfgang Tango, dem fast fünfzehnminütigen Eingangstück der Platte …
Man könnte diesen Mann im Schlafanzug auf die Bühne stellen, und er hätte noch immer Stil.
Ein bisschen kurzatmig ist er ja geworden, der gute Bryan, und die ganz hohen Töne übernehmen inzwischen Backup-Sängerin und -Sänger, aber was soll’s. Der ehemalige Roxy-Music-Sänger ist 71, da ist das nun mal so. Aber was er und seine achtköpfige Band da gestern abend in Pittsburghs Heinz Hall auf die Bühne stellten, das war beachtlich. Chris Spedding an der Gitarre, der allerdings meist dem jüngeren Gitarristen Jacob Quistgaard aus Dänemark das Feld überließ. Der wahre Show-Act allerdings war die australische Saxofonistin Jorja Chalmers, die wirkte wie unmittelbar aus einem film noir aus der Leinwand gesprungen.
Geboten wurden „Greatest Hits“. Ein paar ältere und neuere Ferry-Klassiker („Slave to Love“, „Bête Noir“ und andere), doch dreiviertel der Setlist stammte aus Roxy-Music-Zeiten. Offenkundig hat sich Ferry damit abgefunden, dass dies die Songs sind, die das Publikum hören möchte, und er bringt sie gut. „Ladytron“, „Bitter Sweet“, „Love is the Drug“, „Re-make / Re-model“, „More Than This“, „Avalon“ – alles war dabei, und nichts wirkte angestaubt, trotz der etwas einfallslosen Lightshow, bei der sogar die gute alte Spiegelkugel exhumiert wurde. Besonders bemerkenswert im übrigen das Instrumental „Tara“, das allen Bandmitgliedern Gelegenheit zum Solieren gab, und eine Coverversion von Neil Youngs „Like a Hurricane“.
Tja, und dann passierte es: Mitten in „Virginia Plain“, als schon längst alle Besucher in den Sitzreihen standen, hauchte mit einem schrillen Pfeifton die PA ihr Leben aus und ließ sich nicht mehr reanimieren. Nach zehn Minuten Ratlosigkeit erschien die Violinistin der Band, Marina Moore, auf der Bühne und spielte – unverstärkt und solo – ein paar Minuten lang ein Werk, das eine der Soloviolin-Partiten von Bach gewesen sein könnte. Danach erschien noch einmal kurz Bryan Ferry, sagte über die Hausanlage irgendetwas, das niemand verstand, aber sein Abschiedswink war eindeutig. Der Setlist nach verpassten wir noch „Let’s Stick Together“, „Jealous Guy“ und „Editions of You“.
Das Publikum nahm’s gelassen. Was blieb auch anderes übrig.
2017 2 Apr
Fragments #2.1 Superfamily’s Warszawa’s closing song
Ian McCartney | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Comments off
The album Warszawa by Superfamily must be a decade old by now, and it’s not a record I’ve ever read a review of or heard anyone talk about, maybe I talked about it in the posts that went into to Papierkorb. Who knows? Fuck knows. One of the specific things I love about this record is its time travel theme. The first track is even called ‚Time Travelling‘. But you can’t make out the lyrics to that one too well as the vox are vocodered, presumably garbled during their journey through space-time.
A quick digression: if you listen to Kraftwerk’s Computer World (the title track from that LP) very closely, the lyric goes:
Interpol and Deutsche Bank, FBI and Scotland Yard
Interpol and Deutsche Bank, FBI and Scotland Yard
Crime, travel, communication, entertainment
Crime, travel, communication, entertainment
Then it goes like this:
Interpol and Deutsche Bank, FBI and Scotland Yard
Interpol and Deutsche Bank, FBI and Scotland Yard
Time travel, communication, entertainment
Time travel, communication, entertainment
And music is the perfect medium for time travellers. Kraftwerk knew this. Superfamily must have too. Anyway the other thing I love about Warszawa is that it doesn’t obscure its influences. You can hear the influence of The Killers in particular. But rather than this producing a simulacral effect, the opposite happens: the artist is free. A simulacrum is only a simulacrum if it’s unknowing or cynical. Originality is what it is, but the guarding of originality is unoriginal, as is is its curation. Warszawa is a record of its time, despite the time travel. (Tourbillon and on and on, Mireia, wherever u are.)
And then there’s a twist. A perfect denouement. The Suffering (the closing track) shifts from The Killers suddenly, gloriously, to a Daniel Lanois influence worn on its sleeve so vividly that it could be a sleeve tattoo. It’s there in the vocal presentation, the metre and the whatever the word is I’m looking for here – saudade? Eraritjaritjaka? Ghostiness? The song breaks down like this – central character heads to the city centre on a Saturday night but leaves at 8pm cos there’s „nothing new“, heads along a „sandy street“ (James Joyce reference?) to home. „First I froze and then I turned the key“. Vocoder kicks in again. For like 6 minutes. Night turns to day. The protagonist then gives us a precis of what just happened: he went home but she was gone, the lights still on in the house. And now it’s morning in a day that’s „young, grey and gold“. A big ending. No time travel though, as the closing words of the song and the LP go like this:
It’s a sin to go back in time. Move it on move it on, move it on, move it on
Then you realise this is an urge to time travel to the future, and it is why the song is fucking genius. Because living day to day is that forward movement. There is no exit. The future is that mountain.
2017 1 Apr
In den Zustand eines sendebereiten Radios versetzen (2)
Martina Weber | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Tags: Scott McCloud: The Sculptor | Comments off
Neulich las ich auf Amazon die begeisterte Besprechung einer Kundin über eines der Bücher von Julia Cameron, wahrscheinlich über das Standardwerk „Der Weg des Künstlers“. Die Rezensentin schrieb, sie hätte durch die Morgenseiten ihren Weg zur Malerei gefunden, mittlerweile zahlreiche Ausstellungen, national und international, sie war voll des Lobes für Camerons Grundtechniken, und die zahlreichen Übungen und sie endete mit dem Satz, sie würde den Rest ihres Lebens die Morgenseiten schreiben. – War diese Rezension hilfreich? 467 Likes. Die Technik der täglichen handschriftlichen Selbstreflexion, schnell geschrieben im Bewusstseinsstrom, hat es sogar in einen Comic geschafft. Der Bildhauer, the sculptor, von Scott McCloud bekommt die Chance seines Lebens. An Abend seines Geburtstags, den er – leider wieder solo – mit mehreren Gläsern Bier in einem billigen Schnellimbiss verbringt, taucht sein Onkel plötzlich auf, und bringt ihm ein paar verschollen geglaubte Zeichnungen aus seiner Kindheit mit, um ihm, der dabei ist, die Bildhauerei auszugeben, wieder Mut zu machen. Der Onkel bot David einen Deal an: Er schenkt ihm die Fähigkeit, Steine und andere Materialien mit den bloßen Händen formen zu können, 200 Tage lang. Bewusste Leerseiten in einem Buch mag ich eigentlich nicht. Ich erinnere mich an ein Buch, in dem ich es affektiert fand. Hier, beim Bildhauer, passte es. Es war das blanke Nichts, die Leerstelle, der Tod, das pure Entsetzen vor einem bürgerlichen Leben, das der Onkel für David als Alternative zur Bildhauerein entwarf. Wie er da auf drei Seiten in dem schweren, fast 500 Seiten umfassenden Comic ein ganzes Leben skizziert, das ist auch sprachlich sehr amüsant. „Maybe get a job teaching at a community college. // Maybe meet a girl at best buy [!!!, Ausrufezeichen von mir eingefügt. Formulieren die US-Amerikaner das wirklich so?], start dating. // She´ll put up with your crazy habits. // You´ll put up with her musical tastes.“ (…) „You´ll settle down, get a starter house, // two boys, // yellow lab //, minivan.“ „That isn´t me“, stammelt David. Die Kunst wäre dann ein Hobby, in den Keller verbannt. Heirat der Kinder, Scheidung vielleicht, „good times along the way, sweet memories, until it starts to wind down (..) until you don´t recognize the world around you.“ Diese Konfrontation macht David klar, dass er bereit ist, für die Bildhauerei sein Leben zu geben. Er schlägt ein. Deal. Und ein Wettlauf mit der Zeit beginnt.