Über die vergangenen Jahre hat sich viel Musik aus den unterschiedlichsten Kulturen bei mir angesammelt, wobei der größte Teil irgendwo aus den Regionen zwischen dem vorderen Orient und Fernost herkommt, einiges natürlich auch aus Afrika. Dabei haben mich die unterschiedlichen Formen des Empfindens und Ausdrucks am meisten fasziniert, weniger die Frage, ob es sich hierbei um eher traditionelle oder moderne Musik handelt. Unter der Rubrik „Japanese Jewels“ werde ich in loser Folge einzelne Alben oder Musiker/Bands vorstellen, die ihre Wurzeln in Japan haben oder zumindest eine Verbindung zur japanischen Kultur haben. Vielleicht hatte mein erster Beitrag in diesem Blog über Ryuichi Sakamoto schon einen leicht programmatischen Hauch, was aber nicht heißen soll, dass ich ein Freund einseitiger Vorlieben wäre.
Wie genau es kam, dass ich Anfang der 80er irgendwann Masami Tsuchiya’s Rice Music in den Händen hielt und diese androgyne lufthostessenartige Gestalt mich von dem Cover in waviger Kühle aus einem puristischen Renaissancezitat anschaute, kann ich heute nicht mehr sagen. Irgendjemand musste sie in unsere WG mitgebracht haben, wo es damals mangels jedwelcher regionaler Alternativen oftmals wilder zuging wie in einem Jugendzentrum (was es nicht gab) und die Vordertaunusszene hochfrequent bei uns ein- und ausging.
Kaum auf dem Plattenteller merkt man bei einigen ganz wenigen Neuigkeiten sofort, dass es sich um etwas ganz Besonderes handelt. A new lifer. Dieses hochkarätig besetzte erste Soloalbum Masami Tsuchiya’s, der noch kurz zuvor bei Japan auf deren letzten Tourneen als Gitarrist ausgeholfen hatte und sich dann gleich die Unterstützung von Mick Karn und Steve Jansen für sein eigenes Projekt holte, verbreitete mit den ersten Takten bereits eine magische Stimmung, die zwischen einer japanischen Variante des New Wave, funkigen Passagen und etwas ganz Eigenem treibend oszillierte. Aber auch die Beiträge von Bill Nelson, Ryuichi Sakamoto und nicht zuletzt Percy Jones verschmelzen zu einem abwechslungsreichen organischen Ganzen, in dem jedes Stück mit neuen Überraschungen aufwartet. Beispielsweise dem japanischen Rhythmusempfinden in Passagen, die sonst auch einmal an Talking Heads in ihren besten Zeiten erinnern könnten in Se!Se!Se! oder in Kafka. Oder etwas melancholisch an Japan in Night in the Park. Danach sollten noch einige weitere Soloalben folgen, die aber trotz einzelner überragender Stücke nie wieder das geschlossene kreative Niveau von Rice Music erreichten. Es sei denn mit seiner Band Ippu Do, der an dieser Stelle noch zu einem anderen Zeitpunkt ein paar Zeilen gewidmet werden sollen.