„Everybody lies.“ Der Satz des Dr. House wirkt wie in Stein gemeisselt. Der geniale Arzt und agnostische Diagnostiker mag seine Patienten nicht: hier zwickt es und da tut es weh? Ach nein, wie uninteressant. Don´t tell me your stories. Leave me alone with my own worries! Kaputtes Bein, verunglückliche Liebe: der zynische House, dem schon so manches Übel widerfuhr, hat längst die Faxen dicke. Wären da nicht diese interessanten Fälle, denen nur Typen vom Karat des Sherlock Holmes auf die Schliche kommen. Unterhaltsam ist es, ihm dabei zuzuschauen – und so wie einst die Lektüre von Cioran und Schopenhauer war: heilsam und erhellend. Die Akzeptanz von Negativität wendet sich auf wundersame Weise ins Gegenteil: zu einem positiveren Lebensgefühl.
Auch Sneaky Pete ist so ein Mozart, nicht als Mediziner, vielmehr als Taschendieb und Trickbetrüger. Wie er sich gedankenschnell aus scheinbar ausweglosen Situationen windet, grenzt an Magie: den Zeitfluss auf Zeitlupe stellen und so in aller Ruhe das Mauseloch finden, durch das man entwischt. Eine jede Fernsehserie hat ihre Merkmale, die sie mit anderen verbindet, und solche, die sie unterscheidet. Erlesene Bildfotografie, schwarzer Humor, das Leben in disfunktionalen Familien, eine tarantinoeske Hemmungslosigkeit in der Darstellung von Gewalt, subtile Erotik, lebensnahe Figuren. Sneaky Pete erinnert hier an Breaking Bad, ein bischen an Fargo. Eines macht die Serie dennoch einzigartig: sie wirkt kaleidoskopisch, als eine Aneinanderreihung von Mikro-Kurzgeschichten, die wie kleine Knospen permanent aufspringen, in überraschenden Momenten und Wendungen.
„Immer fix, sonst kriegste nix!“ Was mir ein pfiffiger Spielkamerad in Kindheitstagen als Spruch ins Poesiealbum schrieb, liess mich schmerzlich erahnen: die Disziplin der Schnelligkeit war nicht mein Ding. Auch darin, skrupellos den eigenen Vorteil zu suchen, bestehen bis heute Defizite, die sich nur durch meditative Eigenschaften kompensieren lassen. Sneaky Pete ist so ein windiger Geselle, dem das, was unsereins versagt blieb, spielend leicht gelingt. Wo die Gefahr wächst, erkennt er stets das Rettende. Hierzu gehört die Kunst der schamlosen Lüge, die er übrigens auch mit jenem Typus teilt, der maskenhaft nur zu beherrschen trachtet: dem narzisstischen Psychopathen. Diesen Teil übernimmt, gespielt von Bryan Cranston, sein Gegenspieler Vince, kaltschnäuzig wie ein Krokodil. Wem schon Walter White verständlicherweise unsympathisch war, der findet hier die hardcore version. Charmant und fesch kommt er daher, dem anderen Komplimente machend, so wie man Blumen giesst, die man alsbald zu pflücken gedenkt.