Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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Archives: Februar 2017

 

 
 
 
Get close to the sinners trying hard to repent
Get close to the homeless wasters and the innocent
Get close to the souls ignored and forgotten by the establishment

 
(The Kinks)
 
 
Hier sind einige gewichtige Stimmen aus dem Äther genannt worden. Georg Stefan Troller ist mein Journalistenglück. Sein wienerischer Klang verrät die Herkunft. Seine herbe, mannsstarke Stimme aber nicht, dass er als GI bei den Amerikanern gekämpft hat. Sein Cartier-Bressonscher Fotoblick für Amourszenen könnte ihn in Paris ansiedeln. Alle Vermutungen stimmen.

Troller lebt noch heute in Paris, er stammt aus Wien und verbrachte die Kriegsjahre auf der Seite des Feindes. Seine Stimme hörte man im Rias, WDR und ZDF. Er war wirklich ein Meister der Interviews und Portraits. 70 Folgen von „Personenbeschreibungen“ und 150 Dokumentarfilme hat dieser faszinierende Vielbegabte produziert. Könnte er heute noch einen Film drehen, Troller ist jetzt 95 Jahre alt – würde er die israelischen Ärzte filmen, die heimlich im Gazastreifen operieren.

Für seinen Mut und seinen Witz, für seine ungeheuren kulturpolitischen Kenntnisse und sein sozialpsychologisches Engagement verehre ich ihn sehr. Das zuletzt erschienene Buch, mit dem der Alte noch auf Lesereisen geht, heisst: „UNTERWEGS auf vielen Strassen“. Es ist auch eine schöne Zeitreise in die damalige Aufnahmetechnik. Zunächst schleppte er sich an einem 25 kg schweren Arriphon ab, später bekommt er ein Uher Gerät.

Seinen Fehlern bei Interviews widmet er ein eigenes Kapitel. Herrlich ist folgende Reportage während des Krönungszugs von Queen Elizabeth: “ … und da ist der kleine Prinz Charles in einem hellblauen Sommerkleidchen … , äh, ich meine natürlich die Prinzessin Anne in einem schicken Matrosenanzug. Nein, was ich sagen will, ist, der Prinz trägt diesen Anzug, während die Prinzessin dieses blaue, dieses hellblaue, nein eher scheint es mir himmelblau … .“ Längst war der Zug schon vorbeigezogen und Troller stotterte immer noch an diesen Kostümen herum.

Ich empfehle sehr seinen Dokumentarfilm „Deutschland in den 70er Jahren.“ Immer wieder ist es ein jung machender, witzig gedrehter Film über meine besten Jahre. Ich mag das Interview, das er mit Gisele Freund gemacht hat, besonders. Mit welch herbem Charme die Fotografin ganz einfache Fragen von Troller wie z. B. „Konnten sie als Kleinkind aus dem Fenster gucken?“ mit enormer Aussagekraft beantwortet. Sie kannte ja ebenfalls Gott und die gesamte damalige Kulturwelt.
 
Get close to the refugees and to the Lost
Get close to the brave doctors on the Gaza coast

2017 28 Feb

Quotation interposed

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What happens if you get all your vocabulary together, you learn some tunes, then you get up on the stage thinking, I know what to do, but somebody counts the tune off too fast? Now everything that you thought you wanted to play suddenly doesn’t make sense. So you have to figure out how to make that work. There’s something else about that – it’s called flow. Our ability to control things and analyze things is in direct opposition to a mantra that I have: Thought is the enemy of flow. People ask me, „What do you think about when you’re playing?“ The answer is basically nothing. Thought happens in a completely different way out of flow. Out of flow, it’s contemplative and analytical and problem solving. In flow, it’s completely different. It’s like a real-time program running the background that doesn’t interfere with what’s going on. The ability to adapt in a given moment is beyond the scope of another type of focused thought process.

(Vinnie Colaiuta, Drummer)

2017 27 Feb

Von der fröhlichen Wissenschaft :)

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James Ensor Karneval in Ostende, 1933

 

2017 27 Feb

Quiet (in memory of Andreas Hub)

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Er war einer meiner liebsten Kollegen, ich habe nur in meinem ersten Radiojahr mit ihm zusammen arbeiten dürfen, im WDR, in der „Pop Session“. Er war der Moderator, lebendig, das Herz auf der Zunge, und kluge Urteilskraft, ich gab den Gast, der immer wieder mal am Mittwoch auftauchte, um Musiker ausserhalb des Mainstreams vorzustellen, mit Interviewpassagen, und im zwanglosen Gespräch, das Kronos Quartet, Steve Tibbetts, John Zorn, Brian Eno und andere. Manchmal lud er mich in sein Haus nach Witten ein, wo Unmengen von Langspielplatten schon einen Statiker der Stadt beschäftigt hatten. Auf einer Party kam ein Spezialist für Roots Reggae vorbei, der uns mit Count Ossie verzauberte, am Wittener Waldrand, und ganz ohne Ganja. Als Andreas einmal Paul McCartney traf, war er etwas nervös, weil er einem Kindheitsheld begegnete. Später ist er für „Geo“ um die Welt gereist, ein gelungener Quereinstieg ins Fernweh und Fotografieren. Ich wusste nicht, dass er im letzten Jahr, nach schwerer Krankheit, gestorben war. Am Ende, lese ich, fühlte er sich frei, und war befriedet. Ein wunderbarer Mensch.

Mit diesen 3 Wörtern macht Jan bei gesichtsbuch aufmerksam auf einen Artikel in der NZZ.
 
Die Klassik wird politisch. Ist das gut?
 
Manafonistas wird politisch. Ist das gut?
 

literature
fine arts
music
film
life

 

Da haben wir’s: Manafonistas war nie unpolitisch. Hier wird nur selten explizit darüber geschrieben. Gut so.
 
Vor kurzem hat Lajla Bachtin mitgebracht. Bachtin?
 

In MEYERS TASCHENLEXIKON aus dem Jahr 1992 finde ich ihn nicht. Er müsste zwischen Bachtiar und Bächtold-Stäubli stehen. Wikipedia hilft weiter. Der Fährte folgend sammle ich ein:

In den 1920er Jahren gehörte Bachtin zu einem Leningrader Zirkel
von Literaturtheoretikern.

Bachtins Werke dieser Zeit wurden zum großen Teil erst seit den
1960er Jahren veröffentlicht.

Dazu gehörten sein Formalismus-Essay
‚Das Problem von Inhalt, Material und Form im Wortkunstschaffen‘

Ende 1929 wurde Bachtin von Stalin nach Kasachstan verbannt.

Als Russischer Formalismus wird eine literaturtheoretische Schule
bezeichnet, die etwa um 1915 entstand, aber bereits 1930 aus
ideologischen Gründen unterbunden wurde.

Die sowjetische Doktrin des Sozialistischen Realismus beendete
den ideologisch nicht konformen Russischen Formalismus Anfang
der 1930er-Jahre.

 

Sozialistischer Realismus – nun bin ich angekommen bei einem Thema, mit dem ich mich einmal intensiv beschäftigt habe, Musik & Politik.

Schostakowitsch
Lady Mcbeth von Mzensk
1948
Solomon Volkov, Die Memoiren des Dmitri Schostakowitsch

 

Und wenn ich schon bei Russland bin, dann möchte ich auf einen Artikel in der SZ vom 23. Februar 2017 hinweisen, der hier online gestellt ist. Moment mal! Was da zu lesen ist kenne ich doch schon seit dem 7. Februar 2017:
 
 
Video
 

2017 26 Feb

Spiegelungen, im Blau

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Die Kuppel im Eingangsbereich der Bibliothek sorgt für kleine, durchdachte Irritationen. Die Akustik ist enorm, ein Spiel mit den Absätzen. Wer an einem hellblauen Tag erst am späten Nachmittag das Gebäude betritt, wird über eine Strecke von einigen Metern von der Wucht der Sonnenstrahlen geblendet, strauchelt, bevor er oder sie die nächste Glastür erreicht, die Eintrittskarte für den Skanner schon bereit. An der Garderobe sitzt eine Lady, die Beine übereinander, sie blättert durch ein buntes Magazin, gelangweilt im Sommer, wenn ihr Platz nur eine symbolische Bedeutung hat, weil niemand eine Jacke trägt, die abzugeben wäre. Schräg gegenüber haben auf einer größeren und etwas erhöht liegenden Theke zwei Männer ihren Platz. Es sind immer Männer, dort. Ich habe keine Ahnung, welche Bedeutung sie haben, security undercover, es sieht so aus, als hätte ihr Job etwas mit Technik zu tun. Am späten Abend, kurz bevor die Bibliothek ihre Tore schließt, betätigen sie ihre Hebel, sie schalten die Lichter aus, zuerst die in den Lesesälen. Dann spiegeln sich Computerarbeitsplätze mit ihren Bildschirmen auf solche Art im Glas zwischen den Streben der gläsernen Kuppel, dass ich gern zurückkehren würde, ein einziges Mal. Doch jetzt passieren die letzten Besucher, die Angestellten der Spätschicht die Ausgangskontrolle. Die Schlösser der Spinde drehen sich, sie geben die eingeworfenen Münzen zurück.

… und bringt bitte einen Text mit, der euch sehr gut gefällt, den ihr aber nicht selbst geschrieben habt, Genre egal, maximal eine Seite, bitte für alle kopieren und ein paar Argumente überlegen, die aus eurer Sicht für die Qualität des Textes sprechen …

 

D. hatte einen schmalen Erzählungsband von Denis Johnson dabei: Jesus´ Sohn. Er fing einfach an zu lesen und es war gleichgültig, dass wir weder den Zusammenhang noch den Titel der Geschichte kannten. Er begann so: „Kurz darauf standen Autoschlangen auf beiden Seiten der Brücke, Scheinwerferlicht schuf um den dampfenden Schrotthaufen eine Stimmung wie bei einem nächtlichen Fußballspiel, und Kranken- und Polizeiwagen bahnten sich zögernd ihren Weg, so dass die Luft farbig zuckte.“ Ein paar Absätze später folgte eine Passage, die die Stimmung im Raum veränderte.

 

„Dann kam die Frau den Gang hinunter. Sie war eine Pracht – sie glühte. Sie wusste noch nicht, dass Ihr Mann tot war. Wir wussten es. Das gab ihr diese Macht über uns. Der Doktor bat sie in ein Zimmer mit einem Schreibtisch am Ende des Ganges, und unter der geschlossenen Tür strömte ein strahlend heller Glanz hervor, als würden dort drinnen in einem phantastischen Verfahren Diamanten zu Asche verbrannt. Was für Lungen! Sie schrie schrill auf, so wie, vermute ich mal, ein Adler aufschreit. Es war ein wunderbares Gefühl, am Leben zu sein und das zu hören! Überall habe ich seither dieses Gefühl gesucht.“

 

Während D. darüber sprach, was ihn an Denis Johnson faszinierte und welches seine Lieblingsbücher waren, klebten meine Augen auf dem Satz: „Das gab ihr diese Macht über uns.“ Worin liegt die Macht einer Frau, die in der Illusion lebt, ihr Mann würde leben? Sie lebt in der Gewissheit, dass ihre Liebe existiert. Dies ist ihre Wahrheit und eine Erfahrung, die in ihrem Körper gespeichert ist. Es ist ihre Kraftquelle, der sich die anderen nicht entziehen können. Darin liegt ihre Macht. Die Nachricht des Arztes verändert ihren Körper, die Konfrontation mit der Wirklichkeit zerstört die Frau. Und welches Gefühl sucht der Erzähler, vergeblich? Die Lebendigkeit. [Heute mal große Worte, Guerrilleros, der Mond irgendwo über dem Lagerfeuer.]

 
 

 
 

2017 22 Feb

Post von Fred

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Lieber Michael,


 

(…) Ja … Walter Bachauer! Wie sehr wird er vermißt, du und Bachauer, Ihr hättet Euch sicher gut verstanden, glaube ich, und Ihr beide seid und ward immer meine Lieblingsmoderatoren! Und wenn ich nun lese, es wird im gewisser Weise das „Bachauer-Archiv“ geöffnet … tolle Sache, wirklich! Ich habe auf alten Tonbändern unzählige Sendungen von Ihm aus den späten Siebzigern und den Achtziger Jahren. 



Ich muß nun dazu sagen, ich stamme ja aus der DDR, und habe dort bis zu Ihrem Ende auch gelebt, also alle Höhen und Tiefen der Musik aus dieser Perspektive erlebt (auch kulturpolitisch in der DDR – hatte ja als Musiker illegal von 1968 – Mitte der Achtziger Musik gemacht), natürlich mit dem Blick über den Grenztellerrand, also Rias, SFB, BBC, und TV (Beat–Club war ja ein MUSS!) natürlich auch.

Ich habe natürlich auch als Musiker alles aufgesogen. Cafe Einstein … ja Bachauer kannte Sie alle… naja fast, aber seine Sendung „Avantgarde Magazin“ war etwas Besonderes, genau wie deine „Klanghorizonte“. Nach Bachauers tragischem Tod, hatte es, ich glaube Lauri Schwarz noch eine Weile weitergeführt, war nicht schlecht, auch etwas in seinem Sinne, aber Bachauer war eben Bachauer …

Ja, und was diese unglückselige Verlagerung von den Klanghorizonten auf diese inhumane HÖRzeit betrifft: sehr ärgerlich – (…) leider bin ich mit nun 62 „ooch nich“ mehr so der Nachtschwärmer, obwohl deine Sendungen eigentlich zur blauen Stunde immer passen! Also, die alte Zeit war genau richtig …

Übrigens, in meinem Karteischrank, liegen so ca. 20 Kassetten mit Sendungen aus den Neunzigern von Dir, ich erinnere mich gern an die berühmten Engelbrecht-Autofahrten mit meiner damaligen Lebensgefährtin, da haben wir und doch hin und wieder spät abends ins Auto gesetzt und sind dann langsam mit irgendeiner Sendung von dir durch Berlin, speziell die nächtlich beleuchtete Ostberliner Karl Marx Allee runter, und wieder nach Hause gefahren, es war wunderbar!



Weißt Du, zurück zu Bachauer, ich erinnere mich gerade, ich wußte ja gar nicht wer Clara Mondschein war/ist, mir mal eine Moderatorin des Rias mich postkärtlich aufklärte, und mir Bachauers Adresse schickte, das war kurz vor 89, allerdings über den Umweg der Belgischen Botschaft … denn offiziell ein Kontakt zu westlichen Massenmedien (wenn es um Politik zb. ging) konnte schon mal 7-8 Jahre Knast bedeuten…

Ach Michael, ich könnte dir da so viel Geschichten erzählen…ja es war nicht leicht, das Leben in der DDR, dennoch möchte ich diese ganzen Jahre dort nicht missen, es sind wichtige Erlebnisse für das Leben, das man hat.


 
Herzlicher Gruß
, Fred M.

2017 21 Feb

Palaver mit Otto

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„Nun liegt aber der wahre Zauber des Wanderns nicht im Laufen oder in der Landschaft, sondern im Reden. Das Laufen ist nur dazu da, für die Bewegungen der Zunge den Takt anzugeben …“

(Mark Twain: Unter Freunden – Der Lauf der Unterhaltung)

 

Otto ist ein bischen verrückt, aber man kann gut mit ihm plaudern, wenn man stundenlang am Fluss entlangläuft. Hat er erst einmal sein Thema gefunden, lässt er davon so schnell nicht ab, als gäbe es nichts Anderes. Mal war es eine aus ausgesuchten Einzelkomponenten zusammenkomponierte Hifi-Anlage, die das Zentrum seines Wollens in Beschlag nahm. Dann war er wiedermal verliebt. Einen gewissen Frauennamen hörte man nun öfter als den der derzeit medial gepuschten „Frauke Petry“ im Lauf der Unterhaltung. Diese Rangehensweise, als wäre es ein Prinzip der Medien selbst: die Langzeitarbeitslosen, Dauerthema einer Periode – Fachgesimpel über die Köpfe von „Häftlingen“ hinweg, bis der Wind dann plötzlich wechselte. Dann waren es die „faulen Griechen“ – „Varoufakis, Varoufakis, Varoufakis“ krähte der Hahn dreimal: des morgens, mittags, abends. Fast eine Erlösung, wenn es auch mal die da ganz oben träfe – denn die im Dunkeln, sie versteckten sich in Steuerparadiesen, Transparenz gelte überwiegend für leichter Überprüfbare. Stichwort Martin Winterkorn, VW. Ein ganzer Konzern in der sozial-ökölogischen Hängepartie. Zwei Themen nun bestimmten jüngst Ottos Interesse: die Schere zwischen Arm und Reich, global und national gesehen. Und, ernsthaft: Vitamin K2. Er hatte nämlich rausgefunden, dass eine Vitamin D Substitution im Winter, die in unseren Breitengraden (Otto wohnt in Emden) durchaus Sinn mache, ohne gleichzeitige Gabe von K2 und Magnesium aber nicht funktioniere. Um so erstaunlicher, dass weder Ärzte noch Apotheker davon so richtig Bescheid wüssten: das Gesuchte sei doch nicht im Grünkohl oder in der Butter! Otto genervt: „Sie kennen den Unterschied nicht zwischen K1 und K2, wozu haben die denn studiert?“ Wir wechselten das Thema: Trump und die Plünderung der Rohstoff-Ressourcen durch westliche Wohlstandsstaaten war das Programm. Das Reden ist ein langer, unruhiger Fluss.


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