Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2017 22 Jan

Fourth World revisited: Y

von: Uli Koch Filed under: Blog | TB | 2 Comments

In seinen „Phantastischen Reisen“ schildert François Place im Stil der alten Weltenreisenden in lexikalischer Anordnung von A bis Z zu jedem Buchstaben ein Reisebericht. Fremdartige Länder, fiktive Völker und deren teilweise seltsame, aber stets faszinierend unbekannte und doch nicht wirklich befremdliche Sitten und Gebräuche. Sie finden alle in ebenso fiktiven Gegenden mit ungewöhnlichster Vegetation, den seltsamsten Tierwesen und archaischsten Ethnien statt und trotzdem wirken diese Geschichten so natürlich, als ob nicht mehr geschildert würde als beispielsweise ein Familienausflug auf die Wasserkuppe. Lange habe ich nicht mehr an diese Geschichten gedacht, bis ich die ersten Töne von Y hörte.

Y steht nicht für irgendwas, sondern heißt einfach so. Eine Kooperation von Cummi Flu und Raz Ohara. Cummi Flu heißt eigentlich Oliver Doering und war bereits Mitglied von Raz Ohara’s Odd Orchestra. Stolzer Bastler kleiner Musikinstrumente, z.B. einer Schreibmaschine, die getunte Gummibänder anschlägt. Archaischer Soundforscher und überhaupt: wo hat er die ganzen feinen Rhythmen her? Unbekannte Percussioninstrumente, die zu einfach zum Nachbauen klingen. Polyrhythmische Grooves, die aus den übersehenen weißen Flecken der Landkarten Afrikas und Polynesiens, aber vielleicht auch aus den ritualaffinen Regionen des Stammhirns entführt wurden. Dazwischen Fieldrecordings und artifizielle Frösche oder Vögel, die vielleicht zwei Köpfe oder einen langen Resonanzsack an der Kehle haben und wieder diese kryptischen Gummibandloops. Dazwischen singt Ohara mit verhuschter Stimme mantrenartige Strophen, bei denen meistens unklar bleibt, welche Sprache bei dem Text Pate gestanden haben könnte. Futuristische Ethnomusik, die synästhetisch eine Bebilderung erzeugt, die durch die Schluchten des visuellen Kortex, die lichten Wälder der Insula, vorbei an den amygdaloiden Monolithen und über wernecke’sche Steppen nebst einem Abstecher in die motorisch-dubbigen Areale führt und schließlich bei den weißen Türmen des frontalen Friedens für dieses mal Einhalt zu finden scheint.

 
Cummi Flu & Raz Ohara: Y
 
 
 

 

This entry was posted on Sonntag, 22. Januar 2017 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

2 Comments

  1. Lajla Nizinski:

    Das hört sich wie Käptn Blaubart an. Ob man in Zamonien auch gesungen hat, ist unbekannt. Auf Y könnte die menschliche Stimme meinetwegen durch Krötengekrächze ersetzt werden.Wie viel Lucy in the sky ist da wohl dabei?

  2. Michael Engelbrecht:

    Ich bin gerade wach geworden, da lese ich vom Tod von Jaki, und von einer okkulten Fourth World-Platte, die mir nie begegnet ist. Was einem so alles entgeht. Gerade mal der Name Raz Ohara lässt ein fernes Glöckchen bimmeln. Ups … ich schaue nach … eine Neuerscheinung.


Manafonistas | Impressum | Kontakt | Datenschutz