György Márta Kurtág: „In memoriam Haydée – Játékok, Games and Transriptions“
Vor knapp zwei Jahren, im Februar 2015, veröffentlichte ECM News Series einen Filmmitschnitt eines Pariser Konzerts von György Kurtág und seiner Frau Márta: „In memoriam Haydée – Játékok, Games and Transriptions“ (ein Film von Isabelle Soulards). Erst kürzlich habe ich diese DVD entdeckt und bin einfach hin und weg, was für ein Konzert, was für eine wunderbare Musik. Gewidmet ist dieser Film Haydée Charbagi (1979-2008), einer Musikwissenschaftlerin, die mit den Kurtágs befreundet war. Das Konzert fand am 22. September 2012 in der Cité de la Musique/Paris statt. Die Musik, die sie teils zusammen, teils jeweils allein vortragen, überrascht mich nicht. Mich erinnert ihr Programm an Grete Sultan (Plattenschrank 32), die große jüdische Pianistin, die von Deutschland in die USA emigrieren musste, um zu überleben und sich dort mit John Cage anfreundete. Für sie war es normal und überhaupt nicht ungewöhnlich, das Nebeneinander von Werken aus Barock, Klassik, Romantik und zeitgenössischer Klavierliteratur (z.B.John Cage). So spielen eben auch die Kurtágs eigene zeitgenössische Werke – hier sind es Stücke aus der Játékok-Sammlung – und Bach-Transkriptionen. 1997 veröffentlichten die beiden Kurtágs schon einmal eine CD bei ECM unter dem Titel Játékok, auch hier spielten Marta und György Kurtág eigene Werke und eben J.S.Bach. Kürzlich las ich, dass `Játékok´ das ungarische Wort für `Spiele´ oder `Spielsachen´ sei, so nennt Kurtág seine stetig wachsende Sammlung kurzer spielerischer Stücke. Musik, bei der es ständig etwas zu entdecken gibt, voller Überraschungen.
Drei der Bach-Transcriptionen, die in Paris vorgetragen wurden, kennt der Kurtàg-Interessierte auch schon von der 1997 erschienenen Platte Játékok ( First movement from Trio Sonata in E-flat major (BWV525), O Lamm Gottes, unschuldig (BWV 618) und `Aus tiefer Not schrei´ich zu dir´ (BWV 687). In Paris spielen die beiden nun auch noch `Nun komm´der Heiden Heiland´ (BWV599), `Alle Menschen müssen sterben´ (BWV 643), `Duet No.3 in G major´ (BWV 804) und – Höhepunkt des ganzen Konzerts – `Sonatina from `Actus tragicus´, Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit´ (BWV 106). Dieses 2 Minuten und 11 Sekunden kurze Werke hat es wirklich in sich, für mich, neben einigen Werken von Olivier Messiaen, eine der schönsten Musikstücke überhaupt (das Klavierduo Andreas Grau und Götz Schumacher spielten dieses Stück auch schon ganz wunderbar ein – siehe Plattenschrank Nr.20).
György Kurtág konnte vor knapp einem Jahr seinen neunzigsten Geburtstag feiern, auch seine Frau Màrta dürfte Ende 80 sein, es ist bewegend diese beiden gemeinsam musizieren zu sehen und zu hören.
Hier die wichtigsten György-Kurtág-Werke, die, über der eben vorgestellten DVD hinaus, bei ECM erschienen sind:
György Kurtág / Robert Schumann: Hommage à R. Sch. mit Kim Kashkashian, Robert Levin, Eduard Brunner 1995
Játékok Marta und György Kurtág und J.S.Bach 1997
Kim Kashkashian, Netherlands Radio Chamber Orchestra, Peter Eötvös: Béla Bartók / Peter Eötvös / György Kurtág 2000
Juliane Banse, András Keller: György Kurtág: Kafka-Fragmente 2008
Der Sohn des Meisters, György Kurtág jr, veröffentliche 2009 Kurtágonals mit György Kurtág jr., László Hortobágyi und Miklós Lengyelfi
Kim Kashkashian: Kurtág / Ligeti: Music for Viola 2012