Träume ich oder bin ich wach? Dies ist nicht nur die Ausgangsfrage eines jeden Klarträumers, nein, nicht Frage sondern wiederholte ernsthafte Überprüfung des eigenen Bewusstseinszustandes. Darauf wies der Klartraumforscher Paul Tholey vor etwa 30 Jahren in seinen Seminaren an der Uni Frankfurt und seinem Buch zum Klarträumen hin. Die Sache hat nun einen kleinen Haken: Wenn ja, wo bin ich wirklich? Diese kleine und scheinbar unbedeutende Frage kann man sich höchst berechtigt sowohl im Traum- wie auch im Wachzustand stellen mit keineswegs immer eindeutigen Antworten …
Träume ich oder bin ich wach? Wo bin ich hier: in einer Schleife gestrandet, wo ich die Worte dieses Blogs immer nur rezeptiv begeistert aufnahm und nun auf einmal mit vielen Anderen zum eigenen Leser werden und mich kommentieren kann? In einer eigenen virtuellen Realität, die durch erträumte Schnittmengen ein Panoptikum an Ideen und Inspirationen abfeuert? Spielt sich das jetzt wirklich ab oder ist „Breaking 13“ nur ein Seriensequel, dass sich aus einer ominösen Klartraumapotheke speist und meine Neurotransmitter gerade einen obskuren Schreittanz vollführen lässt? Und wenn ja: gibt es unterschiedliche Traumformen?
Vor Jahren arbeitete ich in einem Schlaflabor und wir weckten unsere Probanden aus unterschiedlichen Schlafphasen, um zu erforschen, ob Träume in allen Schlafstadien auftreten können. Sie konnten. Da waren die faktischen, grauen, drögen Träume aus den Tiefschlafphasen, die einsilbigstens berichtet wurden und nach vielen Zwischenstadien die bunten, intensiven, phantastischen der REM- oder Traumschlafphasen, die direkt nach dem Wecken ausschweifend geschildert werden konnten und uns Mitarbeiter in einen Strudel aufgebrochener unterbewusster Welten fast filmartig hineinriß. Bilder können das auch manchmal. Und Musik natürlich.
Eines Winternachmittags in Frankfurt starrte mich also dieser gut geschminkte Typ im Montanus-Plattenladen aus der Auslage an. Lesen konnte ich die Aufschrift leider nicht, war die japanische Fassung. Fand das Cover aber auf den ersten Blick sympathisch, nein eher magisch anziehend. Also reinhören. Aber: Was war das? Eine Sorte unbekannter Popmusik? Japanische Zauberformeln? Vielleicht auch ein bislang unentdecktes Universum, das mich mit jedem mal hören tiefer in sich hineinzog und so eigenartig faszinierend und fremd war wie die plastischen Träume unserer Probanden.
Left Handed Dream. Gibt es sowas überhaupt? Das Traumlexikon sagt dazu, dass Träume mit dem Aspekt der Linksseitigkeit darauf verweisen, dass man sich der unbewussten Seite des Erlebens vermehrt zuwenden sollte. Da geht es also hin oder ist Sakamoto halt Linkshänder und die träumen vielleicht anders? Diese vertrackten Arrangements, die viel mehr ein japanisches Empfinden als die dortige Musikkultur abbilden. Diese archaischen manchmal sogar fast tanzbaren Rhythmen, die schrägen Gitarrensounds von Adrian Belew, der näselnd-monotone japanische Gesang (ich mag die amerikanische Version dieser Platte bis heute nicht) und dann die seltsamsten Tierstimmen im letzten Song. Chill-factor. Fragmente. Tell me your story … a yellow chrysanthemum. Die Blume des japanischen Kaiserhofes oder doch der Mohnblütengarten? Träume ich immer noch oder bin ich wach? Ich weiß es bis heute nicht, aber Ryuichi jedenfalls träumt mit links …