Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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Archives: November 2016

Hans Otte ist ein beinahe Unbekannter
 
 
ein kaum bekannter Pianist
es gibt Aufnahmen mit dem SWF-Sinfonieorchester und den Berliner Philharmonikern

ein kaum bekannter Komponist
sein bekanntestes Werk ist DAS BUCH DER KLÄNGE für Klavier

Herbert Hencks 1999 erschienene ECM-Einspielung dieses 12-teiligen Klavierzyklus hat die Erinnerung an einen unterschätzten Komponisten lebendig erhalten.
 
 
 

 
 

Auf dem kompositorischen Weg des 1926 geborenen Hans Otte scheint es keine kontinuierliche stilgeschichtliche Entwicklung zu geben.

Beiheft Zeitgenössische Musik in der Bundesrepublik, Vol. 5

 

Man hat keine Chance, diese Feststellung profund zu überprüfen. In Heft 17 der MusikTexte vom Dezember 1986 findet man neben einem überraschend umfangreichen Werkverzeichnis eine nur schmale Diskographie. Das ist bis heute so geblieben. Das widerspiegelt auch meine Tonträgersammlung. Neben einer Aufnahme von Das Buch der Klänge / Stundenbuch – gespielt von Hans Otte – ruhte viele Jahre eine Aufnahme von passages (1965) für Klavier und Orchester ungehört.
 
 
 

 
 
 
Die New Music aus Amerika kam in zwei Wellen. In den 50er Jahren war es der Kreis um John Cage, der die festen Burgen des europäischen Serialismus erschütterte.

In den frühen 70er Jahren fand die amerikanische Minimal Music essentielle Unterstützung in Deutschland. Die New Allies waren zahlreiche Kulturträger Westdeutschlands, allen voran die Rundfunkanstalten.
 
 
Die Festivals „pro musica nova“ und „pro musica antiqua“ in Bremen
 
 
Hans Otte gehörte zu den Neuen Verbündeten der American Experimental Music und war dazu ein Förderer der Alten Musik, ganz besonders der damals noch jungen historischen Aufführungspraxis. Nikolaus Harnoncourt hat ein erstes entscheidendes Podium in Bremen gehabt. 1959 war das Jahr, in dem Hans Otte die Leitung der Musikabteilung von Radio Bremen übernahm.

Als ich 1959 nach Bremen kam, hab‘ ich mir einfach das Konzertleben der Stadt angeschaut, und das war ja, wie man weiß, sehr traditionsbeflissen. Es waren in erster Linie eben die Philharmonischen Konzerte für klassische und romantische Musik da, dann gab es ein reges Kirchenmusikleben. Was der Stadt also meiner Meinung nach damals fehlte, war die gesamte alte Musik, vom Mittelalter bis zur Renaissance und in das Barock hinein, was der Stadt fehlte, war die Kenntnis der neuen Musik, und was der Stadt ebenfalls fehlte, war das, was man Informationen über die außereuropäischen Musikkulturen nennen kann. Also habe ich ein Festival für alte Musik aufgebaut und eins für neue. Im Zusammenhang mit anderen Festivals in Berlin, Rennes und München war es möglich, als Ergänzung auch immer mehr außereuropäische Musikensembles nach Bremen zu holen. Es war eigenttlich eine Liebeserklärung an Bremen, eines Tages sollte jeder wissen können, was auf dieser Welt musikalisch existiert. (Bei Pro Musica Nova) ging es darum, durch das Festival darüber zu informieren, was die mittlerweile längst schon arrivierten Komponisten der Welt denn gerade machen: Stockhausen, Cage, Boulez. Kagel. Ligeti und so weiter. Dann gab es natürlich die vielen ganz jungen Komponisten, die wir hier vorgestellt haben.

MusikTexte 17, 33

Ungewöhnlich detailreich, fast möchte man glauben lückenlos, wird in New Music, New Allies Hans Ottes Wirken in Bremen beschrieben, ein Engagement, das weit über die Hansestadt hinaus ausstrahlte. Und hier kommt Walter Bachauer ins Spiel, der am 3. Dezember 1971 der Uraufführung von Drumming im Museum of Modern Art, New York beiwohnte – am 3. Dezember 2016 wäre Hans Otte 90 Jahre alt geworden.
 

In the audience at Otte’s legendary 1972 festival sat a RIAS employee named Walter Bachauer (1942-1989). In July 1972 he hosted a similar eight-day series of avant-garde concerts in West Berlin (11-18 July), subtitled „Spiel, Klang, Elektronik, Licht.“ For this ambitious event, Bachauer took advantage of the European tours of Cage, Tudor, and Reich and other Americans like Feldman and Rzewski who resided in Europe that summer. Following Otte’s plan, Bachauer presented concerts as well as exhibitions, tape demonstrations, and three seminar series. […] Like Otte, Bachauer framed his festival with Cage and Tudor, who gave the first concert as well as the last. Three concerts featured works by Feldman. […] Many critics agreed that for better or for worse, Reich’s Drumming stole the show.

New Musik, New Allies, 184

2016 27 Nov

Endstation

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Hallo Herr Engelbrecht,

wir haben Ihre Anfrage an das zuständige Label „Warp“ weitergeleitet. Das Label wird sich um die Bemusterung von Brian Enos Album kümmern. Ihnen einen schönen Tag. Mit freundlichen Grüßen, J. E.

 

Liebe Frau E.,

Sie haben es an Warp weitergeleitet, an Warp, nach London? Leider habe ich mit dem dortigen Nicolas Fritz schon seit Jahren angeregten Emailverkehr, und bei dem Herrn ist ENDSTATION. Trotzdem danke für ihre Mühe. Mit freundlichen Grüssen, M.E.

 

 

 
 
 

Picture drawn by Adrian Tomine (Summer blonde, stories)

2016 26 Nov

Jan Kath

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Die Kunstwächter haben oft ein Faible für Autonomie. Ein grosses Kunststück möge in seiner vollkommen eigenen Sphäre existieren, nicht funktionalisiert werden, oder gar zum Gebrauchsgegenstand degenerieren. Die frühen Arbeiten Wassily Kandinskys dienten mitunter der Dekoration, und wurden entsprechend milde belächelt, als zweitrangig abgekanzelt. Von minderer Bedeutung! Dabei waren diese Teile von Innenausstattungen (Gardinen etc.) teilweise hinreissend. Mittlerweile hat sich die Szene etwas entspannt, obwohl nach wie vor hinter manchem Darsteller eines Freigeists eine Krämerseele lauert. Diese Teppiche von Jan Kath sind schon speziell. Dass er damit meines Wissens auch schon in Kassel war, und anderen Ausstellungsorten, interessiert mich nicht. Mich beeindruckt seine Vita zwischen Peru und Bochum, all die frühen Schritte. In etliche  seiner Teppichkreationen und Teppichrekreationen bin ich geradezu vernarrt. Man könnte den Herstellungsprozess auch „remixing carpets“ nennen. Ich schicke jetzt aber keinen Brief ans Universum (these carpets are quite expensive). Ich könnte höchstens, individualisiert und objektbezogen, für einen Raum mit einem seiner Teppiche einen Soundtrack anbieten, als Mixtape. Unser Blogroll hat sich erweitert. ENO WEB ist auch wieder da, mit etlichen interessanten Verlautbarungen, u.a. Brian Enos Mail an seinen alten Freund Steward Brand zum Ausgang der US-Wahlen.

2016 25 Nov

[where is our culture heading]

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2016 24 Nov

ALWAYS LIKE THIS

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„London sprawls for an old city. Most European capitals are pretty compact, but London, being an amalgamation of former villages, has many centers and activities can take place, miles apart from one another. As a result there can be some long and strenuous pedals.“

(David Byrne: Bicycle Diaries)

 

Get on your bikes, I will take you to the North of London, to Crouch End, where we will meet the Bombay Bicycle Club. Let’s first step into the same named eat-in restaurant and enchant a nice mouthwatering Indian meal. Then we split with A SO LONG, SEE YOU TOMORROW. This is a title of a song from the very young band BOMBAY BICYCLE CLUB. I adore them. I discovered them, when I became aware of a portrait from the British artist Joe Simpson. He painted some musicians and among them is the leadsinger Jack Steadman of BBC. They do not only rock, acoustic is as enjoyable as the electronic stuff. Ed Nash plays the bass just great. They are all so young, the music is so innocent and purity. They repeat the words over and over like a mandra. The effect is – you feel jolly.

 

Enjoy:

ALWAYS LIKE THIS

FLAWS

HOME BY NOW

TO THE BONE

SO LONG, SEE YOU TOMORROW

 

 

 
 
 

Es ist zu leicht, auf diese neue Ausgabe von Mono.Kultur aufmerksam zu machen. Man bräuchte nur ein, zwei Episoden des Gesprächs zum Besten zu geben. Oder drei, vier kurze Stellen zitieren. Man könnte auch, noch einfacher, die Künstlerin kurz vorstellen, mit Witz, oder im Stil von Wikipedia. Aber ist es nicht langweilig, einfach eine Schublade aufzuziehen, oder den kundigen Animateur zu geben? Wer mit ihren Arbeiten vertraut ist, braucht das alles sowieso nicht, und wird dennoch grosse Freude beim Lesen haben. Jede Ausgabe von Mono.Kultur enthält ein einziges, langes Gespräch, begleitet von Illustrationen, graphisch exzellent aufbereitet. Wer Sophie Calle nicht kennt, wird auf jeder Seite, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, verblüfft sein, verwundert. Auf Ideen kommen. Im Grunde ist die Kunst der Sophie Calle eine einzige weit verzweigte Gebrauchsanweisung, das Staunen über die eigene Existenz als ständige Option beizubehalten, das Leben als aufregende Versuchsanordnung zu gestalten, abseits selbstgefälliger Avantgardisterei. Kein Wunder, dass sie mit Laurie Anderson bestens befreundet ist. Bevor ich jetzt doch in die Falle tappe, und einzelne Stories anreisse, hier kurz eine unvollständige, entspannte Liste der Angesprochenen, um das Wort Zielgruppe zu vermeiden. Freunde generativer Musik, Zenlehrer, Psychotherapeuten, Alltagsabenteurer, Erforscher von Zufallsprozessen, Verwandlungskünstler, Pataphysiker, die Lesergemeinde von Detektivgeschichten, Julio Cortazar, Ror Wolf, Heinrich Steinfest oder den besseren Büchern von Paul Auster, Anhänger von Schelmenromanen a la Bouvard und Pécuchet, Freunde der Videowerke und Schriften von Bill Viola, alle Menschen, die Songalben von Brian Eno besitzen oder gerne seine Oblique Strategies zur Hand nehmen, jedes Individuum, das sich für Bon Ivers neues Album Twentytwo, A Million begeistern kann. Auf keinen Fall sollten sich folgende Personengruppen dieses fantastische Heft zukommen lassen. Journalisten, die sich darüber aufregen, dass Bob Dylan den Nobelpreis für Literatur bekommen hat, Leute, die Coldplay für eine grossartige Band halten, Menschen mit moralischer Verachtung für Stripteasetänzerinnen, Menschen, die das Album Mensch von Herbert G. lieben, verklemmte Calvinisten, und andere Sapiens, die auf jede Spur von Exzentrik mit Abwehr und dummen Sprüchen reagieren. (Angaben zur Bestellung in comment one.) 

2016 24 Nov

„The Address Book“

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In 1983, the French artist Sophie Calle found a lost address book on a street in Paris. She rang up the people listed and asked about the owner of the book, whom she calls Pierre D. („I will try to discover who he is without ever meeting him.“) She published her findings in a newspaper — to the outrage of the real Pierre, who threatened to sue. Calle agreed to hold off republishing the pieces until after his death.

Pierre died in 2005, and this book is now available in English. I’d foolishly worried that there would be something self-consciously whimsical, something Amelie about the project. But from the outset, Calle’s inquiry is too serious and strange and plain difficult. A few people refuse to speak to her. Others agree to meet Calle, but can’t recall Pierre. The testimonies add up; our quarry comes into focus then blurs again: He lives alone. His hair went white the week his mother died. He has conventional sexual fantasies. He wears ill-fitting clothes, like a clown.

Assembling a personality from these shards is intoxicating, a bit like solving a mystery, a bit like falling in love. But whom are we falling in love with? Is it Pierre? Or is it our guide? The book includes photographs of the people, paintings and places dear to Pierre. The most arresting portrait is of a young woman — could it be Calle? — in profile, hiding her face behind long dark hair, inscrutable to the last.

 

(Parul Sehgal)

2016 23 Nov

Intensive care music

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There’s a shop in London that is so exclusive its website isn’t indexed by search engines. I don’t remember how I discovered its existence. I think maybe someone forwarded me a hyperlinked URL for this obscure, somewhat mysterious entity.

The clock is broken. Time slid off its face, by and by evaporating. Its 6 upside down is a 9 now. All of which is to say the exact when of my visit to this place is unrecorded. It could have been 2014, 2013, 2018. I simply don’t care when it was (or will be). Time-stamping memories is a reductive process. Especially those that have a psychogeographical element. And those that may not have happened yet can’t be time-stamped anyway. The clock is broken. The calendar is torn. Everything is broken. Everything is repairable. Forward. Je me promène. Principalement je me promène.

I’m fairly sure it was in Hackney. (LOL wher da fuk else LOL.)

Sunny day, virtually cloudless, low humidity. One of the 3 or 4 days of the English year (in Scotland you only get 1 or 2) when someone from Southern Europe would look up at the sky and not start crying (I love the UK weather and its limitless greyness but that is a whole other blog).

I’d been in Finsbury Park earlier that day looking for John Lydon’s old house. Without an address it was a deliberately pointless exercise, and I didn’t find it. Late breakfast (more of a brunch, really) at a cafe up the road from Finsbury Park tube, then onto Hackney. I’d had to call the shop to book an appointment. You can’t just walk into this shop. You have to phone and go „hi, can I visit your shop at 2pm please“ and they go „yeah, that should be okay“ and you give your name.

So I get there at the appointed time, and LOL of LOLs, the fucking thing doesn’t seem to exist. In this totally anonymous, slightly inauspicious street in Hackney. The street number I have been given appears within a range of numbers (you know, like 21 to 28 X Street) – and that range refers to a faded office reception area behind a locked door leading up to a personnel agency with a strange name and vaguely disturbing logo. (It reminds me, fleetingly, of Michael Landy’s Scrapheap Services and I LOL silently to myself. (All LOLs are silent. Especially the loud ones.)

And I stand there, like a plum. In the pleasant Hackney sun. It’s either late Spring or early Autumn. Warm not hot sun. If my life was a cartoon (and I am not sure it’s not) then at this point there’s a big thought bubble above my head going: Fuck this. I check the address on the unindexed website on my phone. I go to the top of the street and check I am on the right street. I do not want to make the mistake I made the time I went on foot from Gare du Nord to Montreuil only to find out the city has 2 streets with the same name and the one I walked to was the wrong one and had nothing in it. And the right one would only have been a 6 minute walk from the station.

A woman appears. She looks like Rickie Lee Jones did in 1989. She even has the hat. She is American. I tell her I am looking for the mystery shop and she tells me she is too. We spoke for a while about music. (Or will do if this a memory from 2017 or beyond. Calendrical entropy, mate. Calendrical entropy.) She owns a record label She knows her stuff. I mention that my main listening pleasure is records like Plateaux of Mirror and The Pearl. And she came out with a classic line. She says: „ah, thats real intensive care stuff“. And it was one of those moments where it’s like in your cartoon world a lightbulb flashes above your heed. Cos there is an element of intensive care in this music, somehow. What a fucking brilliant description. (I have been in intensive care many times but only ’so to speak‘. I had a summer job one year cleaning various hospital wards, one of which was intensive care. There is an ambience in intensive care, unmistakable. The pay and status of the job were so low as to be laughable, but for me it was an honour to do this work.)

The Pearl, by Brian Eno and Harold Budd is my favourite record this week. (According to LastFM I played „Late October“ 724 times throughout 2012 so I’m guessing it was a favourite then too.) It’s almost a VR experience. There is depth perception going on in some tracks, as well as sunlight through gaps in the forest roof. It’s a very playable record, and one that you can either concentrate or not concentrate on, depending on how you feel. You can tell Harold Budd is a poet here, despite there not being any words – well, not along the surface anyway. Maybe there are subterranean lexical streams in which words float like blue/white canoes saying things like „moss“, „lichen“, „Mnemosyne“ – the latter a word that is always best unworded and off the page, for structural reasons. Boom.

If I ever truly loved an LP it is this one. It is fucking giant. And yet no way overbearing or serious. There is no such thing as serious music anyway. Its intentions – like those of satire or fine art – may be serious. But the enaction of art is play. No matter what you do with paint or a drum, you’re a beta chimp at play. Imagination is more important than unlaughing seriousness. The cosmos is partly the sound of laughing. The big bang is a bang of mirth as well as fireworks. And music is just an echo of the sound of creation.

Anyway, eventually the American woman’s friend turned up. An American rapper. He knew the people in the shop and texted them to come out and meet us. The rapper was friendly and I could tell he found my Scottishness amusing, but I couldn’t help feeling that these people – however congenial they may be, were on a different plane to me, the working stiff who used to mop hospital floors. The woman asked for and took a note of my email address before the rapper showed up. She was going to send me some music. She didn’t. But I like that anyway.

Eventually we get led into the shop. It’s kind of like a cave, or a spaceship. Low ceilings, slightly weird sealed off from outside world kind of feeling. In one room is a bar. Nobody is behind this bar; the walls are stocked with spirits labelled with logos I’ve never seen before. The other 5 or 6 rooms are full of clothing. I doubt anything costs less than £700 here. I am more of a Levi’s/Adidas guy. Time to go. I find her and I say goodbye to her, and then go back up the stairs and onto the anonymous Hackney street. And I think of the Rickie Lee Jones lookalike’s phrase „intensive care music“ and I think „I will need to use that phrase“.

2016 23 Nov

Lieber Rosato,

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an einer Niemandsküste der Bretagne entlang zu wandern, ohne das geologische Wissen von Lajla, bedeutet, sich auf Intuition, altes Pfadfinderwissen und die eine und andere Internetrecherche zu verlassen. Es ist allerdings auch eine, lapidar gesagt, zutiefst romantische Angelegenheit. Ich habe manchemal grosse Lust, Musik an ganz anderen Orten zu hören, früher war es der Walkman, der Discman, heute sind es, bevorzugt, wasserdichte Boom-Boxen in Küstenregionen.

Und auch wenn Nils Petter Molvaers neues Album es nicht ganz in die Parade meiner zwanzig Meisterwerke des Jahres geschafft hat (der unglückliche Platz 21, viereinhalb Sterne, nach Downbeat-Rating, keine Diskussion!), so ist es doch ein grosses Faszinosum, und geradezu atemraubend, BUOYANCY in hereinbrechender Dunkelheit im Meer zu hören. Wenn etwas an meiner Story nicht ganz korrekt war, dann die Anzahl der Boom-Boxen: ich hatte fünf grosse Exemplare auf Felsgestein platziert, um der Musik den erforderlichen Schalldruck zu verleihen. Sah aber keinen Grund, mit technischen Details zu langweilen.

Nach meiner Highlandreise zu Beginn des Jahres war es das eindrücklichste Naturerlebnis der letzten Zeit. Und es war ein Alleinsein betörender Art. Dass ich dann doch am Folgetag ins Krankenhaus musste, lag an einer massiv geprellten Kniescheibe, und einer, wenn ich die Ärzte und ihre Schaubilder richtig verstanden habe, Patellasehnenreizung. Die Schmerzen waren über Nacht brutal geworden, und es war gar nicht so leicht, mit meinem untrainierten Französisch den Ärzten  meine multiple Schmerzmittelallergie nahezubringen.

Schliesslich erkannten sie, dass Paracetamol wenig helfen würde, und ich bekam ein starkes Opiat. Musste deshalb auch eine Nacht im Krankenhaus verbringen. Als das High einsetzte, die Schmerzen zur Illusion wurden, wünschte ich mir wie aus dem Nichts, SKYLARKING von XTC im Sensurround-Sound zu hören. Steven Wilson hat da wieder ganze Arbeit geleistet. Dann glitten die Gedanken zurück zu den Bildern des abendlichen Molvaer-Rausches, und einzelne Gitarrenmotive von Geir Sundstol produzierten den einen oder anderen Flashback.

 
 
 

 
 
 

Aber geradezu surreal wurde es, als ich dann in die alte Heimat fuhr, und am Abend desselbigen Tages Zeuge eines der absurdesten und hinreissendsten Fussballspiele der jüngeren BVB-Historie wurde. Mittlerweile bin ich zu Paracetamol gewechselt, sonst hätte ich mich zwischendurch gefragt: „Träum ich, oder wach ich?“. 8:4 gegen Legia Warschau, mit einem Nuri Sahin, der alte Klasse bewies, und leider bei Thomas Tuchel fast schon aussortiert ist. Ein High reihte sich ans andere. Ach so, das von dir erwünschte „official video“ aus der Bretagne gibt es leider nicht, unser Filmemacher Ingo J. Biermann war nicht verfügbar. Und, ähem, da sich einige Manafonisten derzeit im Weather Report-Rausch befinden, eine Alternative zu BUOYANCY wäre für mich HEAVY WEATHER gewesen!

 

Mit besten Grüssen,

Michel de Roscoff

 

P.S.: Heimgekehrt, fand ich in der Post zwei neu aufgelegte Elektronikalben aus der alten Bundesrepublik, ATMOSPHERE und NORDBORG von Adelbert von Deyen, aus den Jahren 1979 und 1980. Meine Erinnerung an diese Ausgrabung von „Bureau B“ ist zu vage, um auch nur ein Wort dazu  zu verlieren.


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