„Das weitaus größere Versagen jedoch ist, zu lange nur auf das Spektakel zu starren, das sich gerade abspielt, und an die Vernunft zu glauben, die alles schon richten wird. Die Angst derer zu teilen, die jetzt schon den Hass spüren, den Trump für sich instrumentalisiert hat – Einwanderer, Muslime, Schwarze … Menschen in Aleppo – ist alles andere als irrational. Wann immer spätere Autokraten an der Macht einen Staat zum Instrument der Einschüchterung, Unterdrückung und Gleichschaltung umgebaut haben, hat es oft ähnlich ruhig begonnen wie jetzt. Und zu viele wollten nicht hinsehen. Es gibt also mehr Anlass dafür, wachsam zu sein und jeden Angriff, jede Gefahr klar zu benennen, als sich allzu schnell in einer beschönigten Realität einzurichten.“
(Carsten Juncker, Die Zeit)
2016 30 Nov
Es wird alles gut werden? Wie bitte?
von: Manafonistas Filed under: Blog | TB | 7 Comments
7 Comments
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Michael Engelbrecht:
Mir könnte richtig schlecht werden bei dem Gedanken, das der von mir im Grunde hochgeschätzte Clint Eastwood vermutlich Donald Trump gewählt hat. Als Parteigänger und einstiger Bürgermeister von Carmel, CA.
Dabei war er als „mayor of the town“ wahrscheinkich noch der beste schauspielende Republikaner im Amt, wenn man die Knallchargen Reagan und Schwarzenegger in dieser gekauften Demokratie a la USA miteinbezieht.
Die Bestbesetzung wäre (auch wenn wir uns hier im Bereich reiner Fiktion befinden) Kiefer Sutherland, den ich gerade als Notfall-Präsident in der Serie „Designated Survivor“ erlebe. Aber selbst Kiefer S. scheint im Oval Office die Arschkarte zu haben.
Bisher habe ich die USA als ein Land erlebt, das sich eher nach Helden als nach Idioten sehnt, aber diese Sicht ist wohl reichlich naiv.
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Michael Engelbrecht:
theguardian.com / donald-trump-victory-tour-ohio-speech-hillary-clinton-media
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IJ. Biermann:
Ich lese ja immer mit ebenso großer Faszination wie großem Schrecken die zahlreichen Leserkommentare unter Artikeln und Essays wie diesem (den ich natürlich auch gelesen habe), bei Spiegel Online, ZEIT Online, FAZ usw … Da wird es einem wirklich übel – weil man sehr deutlich sieht, wie krass sehr viele Leute auch hier schon „brainwashed“ sind und mit völliger Überzeugung wirre und erschreckende Aussagen von sich geben. Ich finde das aufschlussreich, um nachzuvollziehen, wie viele Leute eben heute denken und wie die ganzen gesellschaftlichen Strukturen eigentlich nicht mehr recht funktionieren. Im „Ersten“ lief eben ein sehenswerter Fernsehfilm namens „Die vierte Macht“, der ebenfalls recht gut in Form eines Unterhaltungsfilms diesen Verschiebungen nachspürt.
Ein hochinteressanter Text über die millionenfache Beeinflussung von Wählern fand ich übrigens hier; George Orwell lässt grüßen:
https://medium.com/@MedicalReport/how-the-trump-campaign-built-an-identity-database-and-used-facebook-ads-to-win-the-election-4ff7d24269ac#.hfwcfq5ogDer Text bedient sich wiederum an Informationen aus diesem, der noch vor der Wahl veröffentlicht wurde:
https://www.bloomberg.com/news/articles/2016-10-27/inside-the-trump-bunker-with-12-days-to-goÜberhaupt sind die Texte von George Monbiot lesenswert:
„Frightened by Donald Trump? You don’t know the half of it“ https://www.theguardian.com/commentisfree/2016/nov/30/donald-trump-george-monbiot-misinformation -
Ingo J. Biermann:
PS: Ich finde dabei eine nicht unwesentliche Frage (die ich mir öfters stelle), wie man konkret „wachsam sein“ kann, über das eigene beschränkte Umfeld hinaus. Dass ich wachsam bin und mich interessiere, hat ja leider noch noch lange nicht zur Folge, dass sich am Lauf der Dinge etwas ändert, geschweige denn verbessert.
Und all die Leute, die ich z.B. unten den Zeitungsessays kommentieren sehe und lese, die sind, wie man an der dortigen Kommunikationskultur sieht, doch leider vollkommen unempfänglich für Argumente der „bösen Linken und politisch korrekten Gutmenschen“, ebenso wie ich halt auch komplett unempfänglich bin für die aus meiner Warte heraus abstrusen Argumente und Sichtweisen der Trump-Verteidiger und -Schönreder.
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Michael Engelbrecht:
Diese Frage halte ich auch für nicht unwesentlich, Ingo.
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Lajla Nizinski:
In meiner Philosophiegruppe wird z.Z. über Glück nachgedacht. Wir sind 15.
13 von den Teilnehmern sind glücklich, weil wir Frieden haben. Als ich zu bedenken gab, dass wir Frieden haben, weil wir woanders in Kriegsgeschehen involviert sind und deswegen doch nicht glücklich sein könnten, waren die meisten Anwesenden nicht meiner Meinung.
Diese Gruppe ist ein Paradigma für die Trumpwähler: etwas enttäuscht über ihren Lebensbogen, gesättigt, aber trotzdem nach mehr Genuss suchend, etwas zu arm für Eigentum. Etwas zu egoistisch für "Eigentum verpflichtet". Enttäuscht vom Establishment, aber doch dazugehörend. Haben mehrmals mit derselben gepennt :):)
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Michael Engelbrecht:
Ich empfehle dieser Gruppe die Lektüre von Ludwig Marcuses PHILOSOPHIE DES UN-GLÜCKS, und dir den Austritt aus der selbigen :)