Ich muss wohl ziemlich verwirrt drein geschaut haben, denn der Verkäufer versuchte zu erklären: heute speichere man mit USB-Sticks, die eine enorme Speicherkapazität hätten, deshalb sei es wohl auch bald mit den CD-Playern im Auto vorbei, schon heute wären die neueren Modelle ja bereits mit USB-Schnittstellen ausgerüstet. Smartphone anschließen und fertig … Jetzt wurde es mir doch zu viel. Ich erläuterte dem jungen Mann nun meinerseits die Sachlage. Er möge sich mal vorstellen, dass man in einem Leben zunächst das Spulentonband als Speichermedium erlebt habe, dann die Kassette, dann die Minidisc, dann die DAT-Audio-Tapes und nun soll die Zeit der CD als Speichermedium auch vorbei sein???
Aus dem Jahr 1877 datiert der Beschluss der Stadt Kronach zur Errichtung einer vierstufigen Realschule – Vorgängerin des Kaspar-Zeuß-Gymnasiums. Im November desselben Jahres stellte Thomas Alva Edison seinen Phonographen vor. Ich weiß nicht, wie das Musikleben zu Kronach im Jahr 1877 beschaffen war. So viel ist klar: Musik musste man selbst machen oder sich handgemacht und mundgeblasen vorführen lassen – in statu nascendi. Es sind seitdem kaum 140 Jahre vergangen, da werden Gregor – und nicht nur ihm – die Speicherformate im Schnelldurchgang gegeben und genommen.
Als ich Kind war, noch im Vorschulalter, war für mich die Musikwelt kaum anders geartet als 1877. Zu Hause wurde nicht musiziert. Wie es dazu kam, dass mich Musik gepackt und nicht mehr losgelassen hat, lag vermutlich daran, dass es doch ein wenig anders war. Wir hatten ein Radiogerät. Meine Lieblingssendung war der Landfunk. Ach was! Es war die einzige Sendung, die ich mir anhörte. Die Beiträge zu Ackerbau und Viehzucht habe ich ertragen, der eingestreuten kurzen Volksmusik wegen.
Mundgeblasenes gab es einmal im Jahr zum Schützenfest, wenn die Helmbrechts Marching Band zum Festplatz zog und den Tag im Bierzelt verbrachte. Man hätte mich vormittags vor der Kapelle abstellen und nachmittags abholen können. Abends im Bett habe ich dann selbst Musik gemacht, vokale Variationen über Blasmusik, autodidaktische Stimm- und Gehörbildung bis ich in den Schlaf fiel.
Mit dem Spiel eines Instruments begann ich recht spät, im Alter von 9 Jahren Violine, mit 13 Jahren Klavier. Mein drittes „Musikinstrument“ war ein Plattenspieler. Da war ich 14 Jahre alt.
Das Radio jedoch war das Fenster mit weiter Aussicht zu Klanghorizonten – viel später auch zu den Klanghorizonten. Drei West-Sender konnte man in der Region über UKW empfangen: anfangs nur den Bayerischen Rundfunk, seit den 60er Jahren RIAS. Der DLF stellte erst nach 1980 UKW-Stationen entlang der Zonengrenze auf.
Vier Moderatoren haben mir viel gegeben. Ich mag sie wegen ihrer Kenntnisse und ihrer sprachlichen Eleganz.
Karl Bruckmaier BR
Karl Lippegaus DLF
Michael Engelbrecht DLF
Walter Bachauer RIAS