Du, lass dich nicht verhärten in dieser harten Zeit – unvergessliche Verszeile des Barden Biermann, dem unsereins einst mit gemischten Gefühlen begegnete, jedoch auch Positives abgewinnen konnte. Anders als etwa der Frankfurter Schriftsteller Wilhelm Genazino, der gerne auf leisen Sohlen umherflaniert in seiner „Schule der Besänftigung“, kam der Wolf stets laut daher und erntete dafür Applaus: Gut gebrüllt, Löwe! Wo sind denn heute jene, die dem System so klar die Pranke zeigen?
Erste Eindrücke kamen von einem Schulfreund, der Konkret lesend, Ente fahrend, Gauloises rauchend, eben auch Besitzer aller Biermann-Alben war. Zwar nicht wirklich meine Musik, doch dessen Persona im Spannungsgefüge des geteilten Deutschland, stimmungsmässig in den Nachwehen des Nazireiches verhangen, hatte Charisma. Auch einer obrigkeitskritischen Haltung, mit Revoluzzerromantik gewürzt, kann man in Zeiten gnadenloser Globalisierung, in denen Dichotomien wie „links und rechts“, „gut und böse“ so simpel nicht mehr greifen, noch etwas abgewinnen. Es bleibt Fakt: die Kluft zwischen Armen und Reichen alleine schon treibt jedem Anständigen unter uns die Schamesröte ins Gesicht, mehr als je zuvor. Und die im Dunklen sieht man nicht: das Kapital mit seinen Fluchten und Verflüchtigungen.
Ein Livekonzert des DDR-Barden, damals mit der Aura des frisch Ausgebürgerten umgeben, blieb im Gedächtnis hängen: neben unzweifelhaften Entertainerqualitäten, zudem als ein Kronzeuge des Zeitgeistes auftretend, fiel mir vor allem auch seine Art des Gitarrenspiels auf. Diese Raubeinigkeit gefiel mir: wie ein Baselitz an den Saiten ging er zuwerke, abrupt oft und doch sensibel. Wenn ich Monk zuweilen höre oder Derek Bailey, denke ich stets an dieses klasse Klampfenspiel im biermannesken Klassenkampf zurück.