Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2016 19 Okt

Aus unserer Reihe „Die besten Kinofilme des 21. Jahrhunderts“ (erste Folge): IT FOLLOWS

von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Comments off

Die Musik von Disasterpeace (Rich Vreeland) ist der Soundtrack, den solch ein minimalischer Horrorstreifen benötigt. Mit Echos von Cage, Carpenter und Penderecki. Ohne die laufenden Bilder macht er nur Sinn, wenn man etwas zum Film erzählt, der in und um Detroit herum gedreht wurde. Eine urbane Kulisse, die immer mehr zur Geisterstadt taugt. Alles wirkt seltsam retro in diesem Film, der sich in einem Nirgendwann zwischen den Siebzigern und der Gegenwart zu bewegen scheint. Wenn zu Anfang die blonde Jugendliche in High Heels verwirrt auf die Strasse läuft, wähnt man sich in einem Traumszenario.

Überhaupt scheinen sich die jugendlichen Protagonisten in einer Art Blase zu bewegen, zwischen der Zeit des Erwachsenseins und den Geschenken der Kindheit, die immer noch den grösseren Charme besitzen. Man liest auf E-Books (die wie digitale Poesiealben aussehen) Dostojevskis “Idiot”, man guckt alte Schwarzweissfilme mit Cops und Sternenreisenden, man ist vielleicht ein wenig gelangweilt, aber man ahnt und weiss, wie wichtig Freundschaften sind. Die Geschwister zicken nicht miteinander, man ermutigt sich, in dieser Welt, in der die Erziehungsberechtigten ein relatives Schattendasein führen. Und wenn dann das Grauen zur permanenten Bedrohung wird, ist Freundschaft allemal gefragt. Was ist man bereit zu geben, zu teilen?

Als Genrefilm bleiben verstreute Verweise auf andere Klassiker des Horrors im Vorstadtamerika nicht aus, von “Blue Velvet” über “Carrie” bis “Halloween”, aber nicht als ausgeklügelter Subtext für Filmjunkies – alles ist organisch verwoben, es gibt keine einzige überflüssige Szene in einem Film, der trotz unheimlichster Strecken immer noch Momente des Atemholens unter einem weiten Himmel findet,  in denen reine sanfte Melancholie herrscht, und die Gewissheit, dass die Kindheit ein für allemal vorüber ist.

Genau wie der Western, dessen Ende regelmässig verkündet wird, ist auch der Horrorfilm einfach nicht totzukriegen. Immer wieder mal kommen da wie dort kleine Meisterstücke zum Vorschein, die so “creepy” sind, dass manche sich an die erste Gänsehaut im Kino erinnern werden. Dieser Film ist so raffiniert, dass man leicht alle Requisitenvergisst, sogar die Tüte Popcorn in der Hand.

This entry was posted on Mittwoch, 19. Oktober 2016 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

Sorry, the comment form is closed at this time.


Manafonistas | Impressum | Kontakt | Datenschutz