Musik im Roman „Die Knochenuhren“ von David Mitchell (Teil 2)
In den nächsten Kapiteln werden nur noch wenige Interpreten und/oder Musiktitel erwähnt. Im vierten Kapitel, das von 2015 bis 2020 reicht, wird allgemein Musik von und mit Stan Getz genannt, Leonard Cohen spielt „Dance Me To The End Of Love“ und Vangelis „Chariots of Fire“. Wir hören aber auch Musik von Bonnie „Prince“ Billy und Maria Callas singt „Casta Diva“.
Im fünften Kapitel, dem umfangreichsten des Buches, dessen Handlung vom 1. bis zum 7. April des Jahres 2025 reicht, wird Toru Takemitsu und seine Komposition „From Me Flows What You Call Time“ erwähnt. Erzählerin dieses Kapitels ist Dr.Iris Mariunus-Fenby, eine Ärztin. Sie steigt aus ihrem Auto, schaut auf das Lichtermeer Torontos und befiehlt ihrem Wagen: “Scheinwerfer aus, Radio aus“ und damit verstummt „From Me Flows What You Call Time“, dieses Musikstück des im Oktober 1930 in Tokio geborenen und im Februar 1996 ebendort verstorbenen japanischen Komponisten Toru Takemitsu. Ich kannte dieses Stück nicht und da Sony-Music 1998 diesen Titel zusammen mit „Twill by Twilight“ (in Memory of Morton Feldman) und „Requiem“ herausgebracht hatte und noch einige CDs verfügbar waren, habe ich eine dieser Platten erstehen können. Keine eingängige Musik, nicht einfach zu hören, aber höchst interessant. Toru Takemitsu wurde übrigens von John Cage, Claude Debussy und Olivier Messiaen beeinflusst (da sind ja wieder die üblichen Verdächtigen beisammen). Erstaunlich sind die Titel seiner zahlreichen Werke zu lesen:“Music of Tree“,“Rain Coming“,“How slow the Wind“,“Your love and the crossing“, “Coda… Shall beginn from the end“,“November steps“ etc. Musik spielt auch in diesem Kapitel übrigens keine größere Rolle, außer Toru Takemitsu wird nur noch der finnische Komponist Jean Sibelius mit „Der Schwan von Tuonela“ genannt.
Am 26.Oktober 2043 setzt die Handlung des letzten Kapitels ein. Erzählerin ist wiederum Holly Sykes, allerdings nun im Alter von 73 Jahren. Wir befinden uns in Irland, die Zivilisation ist am Ende. Es gibt nur noch einen letzten privaten Radiosender, gespielt wird von Damon MacNish and the Sinking Ship: „Exocets For Breakfast“ und wiederum (siehe das erste Kapitel) die Talking Heads mit „Memories Can´t Wait“. Später gibt es dann keinen Strom mehr und auch das Radio bleibt stumm, Zitat: „Mo fragt Lorelei, ob sie uns nach diesem schlimmen Tag nicht etwas auf der Geige vorspielen möchte. Meine Enkelin entscheidet sich für „She Moved Through The Fair“. Da Mitchell keine weiteren Angaben zu diesem Song preisgibt, wähle ich für meine DoCD, die die Musik zum Buch enthalten wird , aus den unzähligen Versionen die wunderbare Van-Morrisons-Interpretation aus von 1988 von der LP Irish Heartbeat aus (ist das wohl im Sinne des Autors?). Am Ende des Buches greift Dr.Iris Mariunus-Fenby zur Geige und spielt „Don´t Cry for Me Argentina“, das letzte in diesem Buch genannte Musikstück. Versionen gibt es von dieser Lloyd-Webber-Komposition ja unzählige, leider eine kitschiger als die andere. Am besten wäre die richtig heiße Interpretation von Lester Bowie Brass Fantasy, zu finden auf der LP The Odyssey of Funk & Popular Music von 1998. Aber: mir ist natürlich klar, das diese Version überhaupt nicht in die Situation am Ende des Buches passt, da wäre eine Aufnahme mit einer einsamen Geige natürlich ideal, nur leider habe ich keine derartige gefunden. Vielleicht hat ein Leser dieser Zeilen eine Idee.
P.S. Yukie Nagai veröffentlichte am 1.1.1996 die CD „Japanese Piano Music“ , auf dieser CD findet sich eine Komposition von Toshi Ichiyanagi: Cloud Atlas.