Wie in den Geschichten, die gut ausgehen. Das Jahrtausend war noch jung, das Buch, das sie las, ein historischer Roman. Man kann dieses Genre schon aus der Halbdistanz erkennen, die oft sandfarbene Grundierung, die wallenden oder gekrönten Häupter einer lang vergangenen Ära. Ich kenne mich in historischen Romanen nicht so gut aus, sagte ich zu ihr, die ersten Worte, ich lese eher Thriller. Dann erzählte sie mir nach einem dezent prüfenden Blick ein wenig was von der Geschichte, ich achtete nur auf das warme Timbre ihrer Stimme, den Singsang fast, den duchgebräunten Körper. Das Haar mittelbraun, ihr Gesicht „easy on the eyes“, wie die Amerikaner sagen. Am Abend trafen wir uns in der Trattoria, die den besten Orangensaft von Lanzarote aus afrikanischen Orangen presst. In ihrem Bett verschwand ich in ihren langen Haaren, wir erzählten uns den Rest der Urlaubszeit von unserem Alltag, wir gingen essen, schwimmen, küssten und auf heissen alten Stadtmauern, und am letzten Abend machte sie mir einen Heiratsantrag, ich sagte ja. Nein, ich sagte nein, ganz freundlich, und wir sahen uns nie wieder. Es fiel kein böses Wort. Das Besondere an dieser Geschichte ist zweierlei. Zum einen, sie ist Wort für Wort wahr und wenig spannend, bis auf den kleinen Schlenker mit dem Ja. Zum andern, die „Moral“, das Leben kann manchmal sehr einfach sein. Ich weiss nicht, welchen Song Richard Brautigan hier noch untergebracht hätte, wenn es seine Story gewesen wäre, wahr oder erfunden. Vielleicht einen Blues von John Lee Hooker, mit einem Koffer und einem Bahnhof. Einer geht immer zuerst, und manchmal ziemlich am Anfang. Das ist dann aber keine „Moral“, das ist ein Soundtrack.