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2016 1 Mrz

Herzattacke eines Winkeladvokaten

von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | 10 Comments

Der Schriftsteller Ahmed Naji wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt, in Ägypten, einem Land, in dem die Justiz gnadenlos gegen Intellektuelle vorgeht. Die Strafe erhielt er wegen Verletzung des öffentlichen Anstands. Das Literaturmagazin Akhbar al-Adab hatte das sechste Kapitel aus einem neuen Roman von Naji veröffentlicht. Ein 65 Jahre alter Rechtsanwalt nahm Anstoss an einer darin enthaltenen Sexszene und erstattete Anzeige, weil er bei der Lektüre Herzrhythmusstörungen bekommen habe. Wenn jemand die Anschrift dieses Anwalts kennt, geben Sie mir bitte Bescheid: ich schicke ihm gerne die englische Ausgabe von William Burroughs‘ „Naked Lunch“, mit der Auflage, dass er sich bei der Lektüre fortlaufend in ärztlicher Kontrolle befindet. DER ARTIKEL ZU DEN HIER BESCHRIEBENEN VORKOMMNISSEN FINDET SICH IN DER SZ VON MORGEN, im Feuilleton, S. 11: „Sie sind verhaftet! Und zwar alle!“ Verfasser: Paul-Anton Krüger.

This entry was posted on Dienstag, 1. März 2016 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

10 Comments

  1. Uwe Meilchen:

    Der Artikel aus der „Sueddeutschen“ ist mittlerweile auch online …

  2. Michael Engelbrecht:

    Dieses Deutschland wird auch zunehmend gruseliger: ich stehe tatsächlich, angesichts der Erbärmlichkeit der Grünen und der SPD, zum ersten Mal in meinem Lebem vor der Wahl, Angela Merkel zu wählen (für ihr couragiertes Eintreten für Flüchtlinge, wenngleich die Logistik mangelhaft ist) – oder Die Linken. Wer nicht wählt, stärkt die AfD.

  3. Lajla Nizinski:

    Ich habe mir die neue „Cicero“ wegen der Sloterdijk Debatte gekauft. Da ist eine gute Durchleuchtung aller Parteien von Peter Schneider drin. Leider findet sich da auch keine Partei, die ein Sicherheitskonzept für Europa vorlegt. Das fordert klugerweise Gorbatschow, er ist heute 85 geworden.

  4. Uwe Meilchen:

    Mir faellt schon seit geraumer Zeit ein Verstummen u.a. der Philosophen (= Geistesgroessen dieses Landes) auf – und nicht erst seit der Fluechtlingsdebatte!

    Man muss ja nicht immer der geaeusserten Meinung sein; aber ein oeffentlicher Diskurs in pro und contra findet seit geraumer Zeit, und nicht nur „in den Medien“, gar nicht mehr statt. Wo sind denn Herr Habermas, Herr Sloterdijk et al. und warum aeussern sie sich nicht, zu aktuellen Fragen ?

    Was hat FJ Raddatz, lang lang ist’s her, im Kulturteil der „ZEIT“ an Diskursen und Diskussionen angezettelt ! Alles lange her; mittlerweile herrscht vermutlich der Wille und die Meinung der Anzeigenkunden in den Printmedien vor !

    Roger Willemsen und Guenter Grass (dessen Meinung ich wahrlich nicht immer geteilt habe) taten dies zumindest und es waren m. E. andere und bessere Zeiten als wir beide noch unter uns hatten und wenigstens diese (als Beispiel genannt) Tacheles redeten. (Vielleicht lese ich aber auch die „falschen“ Zeitungen …)

  5. Lajla Nizinski:

    Es gibt die Stimmen von Sloterdijk, Botho Strauss, Safranski, … sie sind ziemlich nationalistisch. Für mich gibt es nur die europäische Lösung. Ich habe die Bedeutung von Solidarität noch nicht vergessen.

  6. Rosato:

     
    Letzte Woche
     
    22. Februar – Wie der Krieg nach Europa kam @3sat
     

    „Vor dem Krieg lebten wir unbesorgt. Wir führten ein glückliches Leben. Dann kam der Krieg und wir mussten flüchten, irgendwohin. Das Leben wurde zerstört. Ganz Syrien ist zerstört.“

    Das sagt ein bildschöne junge Frau, mit einem todtraurigen Lächeln auf dem Gesicht, manchmal zittern ihre Lippen.

    Es folgen 45 Minuten lang schlimmste Bilder, bittere Erzählungen von mehr als zwanzig Getroffenen. Oft werden nur die Antlitze gezeigt, ohne Worte – die Augen, die Mimik sagen genug.

    „Ich sage euch Europäern: habt keine Angst. Ich sehe keinen Grund, warum ihr Angst haben solltet. Im Gegenteil. Ihr könnt unbesorgt sein, ihr Europäer. Als wir herkamen wussten wir, dass ihr gute Menschen seid, nicht so wie bei uns. Ihr habt von uns nichts zu befürchten – im Gegenteil!“

    Mit diesen Worten der jungen Frau endet der Film. Er wurde um 22:30 Uhr gesendet. Um 18 Uhr sollte er ausgestrahlt werden!!! um 18:30, um 19 Uhr, um 19:15, um 19:16 – anstelle der albernen Frühabend-Krimis … hach, ich bin so ( ).

    Vielleicht öffnen solche Dokumentationen die Augen, den Verstand (und die Herzen ?) – ich weiß es nicht.

  7. Michael Engelbrecht:

    Du wirst den Hass nie besiegen hierzulande, aber auch die Solidarität nicht.

  8. Michael Engelbrecht:

    Es gibt keine Leitkultur, keine Leitdenker. Gut so. Es gibt keine Wegweiser, es gibt ein weites Feld widerstrebender Ideen, das muss genügen.

  9. Lajla Nizinski:

    Zum Glück ist nicht ganz Syrien zerstört. Damaskus ist relativ sicher, weil die Regierungstruppen die Hauptstadt schützen. Das Gebiet 60km westlich von Homs in Richtung Antilibanongebirge ist unzerstört. Dort gibt es viele kleine Ortschaften, in denen ein normales Leben möglich ist. (Quelle: meine Freunde in Damaskus)

  10. Uwe Meilchen:

    Ja. Alle diese Krisengebiete, die durch Intervention „sicherer“ und „stabiler“ gemacht werden sollten …

    Und leider sehe ich so garnicht, dass „die Printmedien“ eben diese widerstrebenden Ideen auch gleichberechtigt abbilden. Und es muss natuerlich auch gesagt werden dass soooo viele Edelfedern auch nicht mehr uebrig sind, die sich aeussern koennten wenn sie denn wollten. Und wenn schon Herr von Hirschhausen als Philosoph „durchgeht“ …


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