Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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Archives: Februar 2016

2016 15 Feb

Cinema Magic

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Satyajit Ray’s classic THE APU TRILOGY

(New 2015 trailer for Janus Films‘ restoration)

 

2016 13 Feb

Gregor öffnet seinen Plattenschrank (109)

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Über Hannover 96, eine traurige Jukebox und die Trostplatte von Jon Balke

 
 

Nichts gegen Thomas Schaaf, ich habe mich gefreut, als er als Trainer der 96er antrat. Zwar trauere ich immer noch den Mirko-Slomka-Zeiten nach, aber, anyway, die Schaaf-Lösung hatte mich doch hoffnungsfroh gemacht. Nach der Heimniederlage gegen Darmstadt musste ich dann aber schwer den Kopf hängen lassen, dennoch, auch gegen Mainz hatte ich Hoffnung, und, man mag es nicht fassen, ein Unentschieden hätte ich den 96ern auch in Dortmund zugetraut. Nun ist es beim 1:0 für Dortmund geblieben, sei`s drum. Der Abstieg scheint unausweichlich und das im Jubeljahr des Vereins. Hannover 96 wird im April 120 Jahre alt und spielt, wie ich gestern las, aktuell die zweitschlechteste Saison der Vereinsgeschichte.

Heute rief mich, gleich nach Spielende, der Wirt einer Kneipe in Hannover an, auch hier steht eine meiner Jukeboxen. Ich liebe dieses kleine Gasthaus in der Nähe des Tiergartens, schon als Kind bin ich mit den Eltern hier eingekehrt und durfte mir eine Libella bestellen. Heute ist das eine echte 96er Fan-Kneipe. Also, der Wirt sagte, Jammerstand, die Fans seien verzweifelt, kaum einer hätte jetzt noch Hoffnung auf Klassenerhalt. Heute nach dem verlorenem Spiel gegen Dortmund sei es beängstigend still in seinem Gastraum gewesen, auch die Jukebox würde schweigen. Wenn der Musikbox überhaupt Beachtung geschenkt würde, dann seien es ausschließlich Balladen, die gedrückt würden, traurige Lieder ohne Ende. Ich erwiderte, ich hätte seit Freitag, also gestern, eine neue Trost-Platte, die neue CD Warp von Jon Balke, diese CD sei einfach der Hammer, prallgefüllt mit Überraschungen, Ungewöhnlichem, nie Gehörtem, und, das ist unfassbar, manchmal hätte ich, so sprach ich zu ihm, sogar das Gefühl, Paul Bley würde aus dem Himmel heraus für uns spielen, echt, unglaublich: „Schalt einfach mal die Box aus und leg diese CD auf und schau, wie die trauernde 96er-Gemeinde reagiert …“

 
 
 
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2016 12 Feb

Things in the Key of Life

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„Coast to coast, LA to Chicago, western male –
across the north and south, to Key Largo, love for sale …“

 
… so besang eine Schönheit mit Samtstimme namens Sade einst ihren Smooth Operator. Ich mochte den Song, ihre Stimme, verband damit auf ewig diesen geheimnisvollen Begriff, der nach „großem Schlüssel“ klang, ohne zu wissen, was das ist. Als Neuankömmling in einer rasant wachsenden Gemeinde Netflix-Beflissener weiss ich es nun und dieser blinde Fleck in meinen Wissenshorizont ist ausradiert.

Das gibt mir wiedermal zu denken: unsere Kenntnisse sind stets von seltsamen Irrlichtern des Nichtwissens umgeben, denn wir Menschen sind nicht wie Wikipedia. Gottseidank ist diese Wissensbank ja lediglich ein tool, das man benutzen und beiseite legen kann. Sonst ginge es uns wie diesem Helden in Stanley Kubricks Clockwork Orange, wir würden damit gefoltert, permanent wissen zu müssen, so wie jener pausenlos sehen sollte.

Aber die Unvollkommenheit einer nie zum Abschluss kommenden Horizonterweiterung von Erfahrungen beschert uns den Genuss ewiger Entdeckerfreude. Botho Strauss´ Buch Lichter des Idioten ist hier hilfreich – es ist ein Lobgesang aufs Dummbleiben und zielt auch kritisch auf diese digital gestützen Schlaumeiereien. Milan Kunderas Lachen und Vergessen gehört in diesen Kontext. Und Philosoph Peter Sloterdijk bemerkte hierzu, so mancher Geisteswissenschaftler habe sich ja schon in jungen Jahren zuschanden gelesen.

 

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Hinterlässt nicht jeder gute Film, jede gelungene Serie, die zuende geht, ein Gefühl von Wehmut, als wäre man ein Heimatvertriebener? Hat man sich doch vertraut gemacht mit Personen, Schauspielern, Orten, Handlung. Wenn man sich dann damit identifizieren kann, vielleicht Parallelen endeckt zur eigenen Lebensgeschichte, umso besser. Im Falle der amerikanischen Serie Bloodline heisst das verlorene Paradies Florida Keys. Gleich hinter Miami beginnt nicht Delmenhorst, vielmehr Key Largo. Den Schlusspunkt dieser Inselkette setzt Key West – Kuba und die Bahamas sind nicht weit.

Is Florida Keys paradise, now? Beinahe – und dennoch weit gefehlt. Auch Sade kommt in der Serie nicht vor, das mag manchen beruhigen. Exquisite Klänge aber, strains of Jimi Hendrix, Metal, Salsa – alles wohldosiert und gut plaziert.

Nachdem man also Season One final passieren liess, hernach aus jenem Sehnsuchtsgefühl heraus noch einmal recherchierte über Schauspieler, deren Vita, Emmyverleihungen, Binge-Watching-Gewohnheiten (haha!) – macht man die Probe aufs Exempel. Man drückt die Returntaste und was im real life nicht möglich ist, beim Filmegucken geht´s.

Man schaut also erneut Episode eins, kennt nun das Ende ja und ist verblüfft. Denn alles erscheint jetzt in einem anderen Licht. Die vielen flashbacks beispielsweise, mit denen der Neueinsteiger anfangs malträtiert wurde: nun kann man sie zuordnen. Spätestens hier wird klar, dass sie auch Stilmittel sind zur Unterstützung dessen, was der australische Schauspieler Ben Mendelsohn in hervorragender Weise darstellt: being traumatized.

 

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Die andere Leidenschaft bleibt: Songs dechiffrieren. Mittels Youtube, wo man nicht nur den Akteuren auf die Finger schauen kann und sich als Vorlage diese eine Fassung aussucht, die den feinen Unterschied ausmacht – denn die meisten Musiker haben ihre brillianten Momente, wo alles zusammenpasst, vielleicht das Publikum auch den richtigen spirit abgibt.

Und natürlich die Aufnahmequalität: in diesem Falle war es ein Live-Video von King Crimson, das mich antörnte. Einer jener vielen Titel dieser Band mit der guten Mischung aus Melodie (Adrian Belew) und abgefahrener („fucking“ würde Robert Fripp wohl dazu sagen) Gitarrenarbeit. Nun erst wird mir die Schnelligkeit des Saitenpriesters bewußt. Impossible for me to do that, Mister. „Frame By Frame“, step by step. Hey, what is the key?

2016 11 Feb

Nightbirds, Seabirds, etc.

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2016 11 Feb

A Winter Walk

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Eager I hasten to the vale
As if I heard brave news
How nature held high festival
Which it were hard to lose

(aus: „A Winter Walk“ von H.D .Thoreau)

 
Ein Spaziergang in klarer Winterluft mit Ohrschuetzern, die die neuen Songs von Don Henley durchlassen. CASS COUNTY, wo das wohl sein mag? Vielleicht in Massachusetts, dort in Walden Woods, wo Thoreau fuer die kommenden Generationen ein nachahmenswertes Dasein vorlebte. Don Henley von den Eagles gruendete das „Walden Woods Projekt“. Was sind die Gruende? Er geht nicht nur auf dieser CD in seine Kindheit zurueck, in die wetlands, in die Oekotopen nach Texas, woher er kommt. Fuer unsere Generation ist es ein besonderes Erlebnis, den Bogen „unserer“ Musiker mit zurueckzuspannen und daran teilzunehmen.
 

„A long time ago
when we were young and pretty
we ruled the world, we stopped the time, we knew it all, we owned this city
Running with the crowd, carefree and proud
I heard somebody say
Take a picture of this
Take a picture of this“

(„Take A Picture Of This“)

 
Was geht wohl in Don vor, wenn er sein Fotoalbum durchblaettert? Sehnt er sich nach der friedsonnigen, mellow time zurueck?
 

„Speak to me plain
Tell me the truth
Is it really me you miss
Or just your long lost youth?“

(„That Old Flame“)

 
Nein, er ist ziemlich erwachsen geworden. Mit seiner Band und an der Gitarre richtet er sich, mitten im amerikanischen Wahlkampf, an Donald Trump:
 

„You don’t have to be right, Donald, all the time
You can’t go on with all these axes to grind. So why don’t you lighten up and let it ride? Too much pride. Now listen, Mr. Trump, empires rise, and empires fall,
you stick around here long enough, you’ll see it all
Now it loos like it’s gone nationwide, too much pride.“

(„Too Much Pride“)

 
Sein Verhalten gefaellt mir. Vielleicht besser als diese neue CD. Obwohl wirklich gute Texte drauf sind und der gefaellige driving sound, mit Tunes, gesungen von Starguests like Lucinda Williams, Mick Jagger, Merle Haggard und vielen anderen einen absoluten Hoerspass verspricht – bei einem winterwalk with a warm heart.

2016 10 Feb

Postcard to Pittsburgh

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Manchmal schreibe ich auf die Vorderseite eines Buches ein paar Zahlen: Monat und Jahr, in dem ich begonnen habe, es zu lesen. Bei diesem Buch habe ich es nicht gemacht. Genau gesagt sind es zwei Bücher mit Erzählungen von Doris Lessing und ich erinnere mich daran, dass ich sie in einem Antiquariat entdeckt habe, ich war wahrscheinlich Mitte bis Ende Zwanzig. Es sind richtige, gebundene Bücher, wie ich sie selten kaufe, mit einem Einband und einem gestalteten Cover. Im Inhaltsverzeichnis des Bandes „Die Frau auf dem Dach“ habe ich drei Überschriften angestrichen. „Zimmer neunzehn“, das ist ein guter Titel für eine Erzählung. Ich erinnere mich an C., die eine Geschichte schrieb, über die wir diskutierten, sie trug den Titel „Im zweiten Stock“. Da entsteht gleich ein Bild, aber es bleibt mysteriös. „Zimmer neunzehn“ ist noch konkreter als „Im zweiten Stock“. Es entsteht ein klareres Bild, und zwar das eines Hotelzimmers, jedenfalls eines gemieteten Raums. „Dies ist eine Geschichte, nehme ich an, über ein Versagen der Vernunft.“ So fängt es an und es geht ums Ganze, nämlich um die Lebensgestaltung und wie eine Frau sie mit einem Partner hinbekommt. Es ist lange her, dass ich die Geschichte gelesen habe, und ich will sie jetzt nicht noch einmal lesen, denn es passiert selten, dass etwas so einschlägt wie es diese Geschichte bei mir getan hat, und das ist in der Erinnerung interessanter als es bei einer erneuten Lektüre sein könnte, wenn ich den Text jetzt auch ein wenig überfliege. Worum geht es im Leben, was ist wichtig, und wie gestalten wir es konkret? Welche Bedeutung hat die Arbeit, ein Beruf, eine sonstige Beschäftigung, Freunde, ein Partner, vielleicht eine Familie, das Eingebundensein in etwas Größeres? Was macht überhaupt Sinn? Und bei allen Schwierigkeiten, die schon damit verbunden sind, ein berufliches Ziel zu verfolgen: Es gibt etwas, was stärker ist als Planung. Es sind Strukturen, die einfach da sind, vor uns, und die wirken, in uns allen, und denen wir zum Teil auch ausgeliefert sind. Ich liebe es, in Büchern Anstreichungen zu machen, ein Buch mit meinen Anstreichungen ist für mich viel wertvoller als ein neues Buch, und angestrichen habe ich unter anderem diesen Satz: „Er war wie andere Ehemänner geworden, sein wirkliches Leben spielte sich ab in seiner Arbeit“ (…). Und wie fing es an? Beide hatten gut bezahlte Berufe. Susan oder später dann Mrs Rawlings, war sie nicht eine kluge Frau, reflektiert, sinnlich und mit Stil? Was ist ein Grund zum Leben? Die Geschichte hat keine fünfzig Seiten, und auf einmal finden wir uns in Rollen, in denen wir uns gefangen fühlen. In Zimmer neunzehn passiert nicht das, was es suggeriert. Sie wollte einfach nur glücklich sein. Ich habe versucht, ein paar Konsequenzen daraus zu ziehen. Die Erzählung selbst benötige ich nicht mehr dafür. Zimmer neunzehn ist präsent.

The first album of the British new wave expressionists of Magazine: wasn’t it called REAL LIFE? It was, wasn’t it? This is no quiz, so don’t bother, don’t look. The explosion of punk and post-punk (first wave of post-punk) was about a certain vision of „real life“, and, get used to it, real life is about the everyday, the lust, the burden, the thrill, the boredom, the fake, the excellence, it’s the agenda of living in wartimes and in protected areas. Have a look at outer space! It’s not funny. Fucking black holes. It’s real. Even here. Like the people you know so well via radio or TV, Roger Willemsen for example, he just died, aged 60. It’s like he went downstairs for a whisky and never came back. He loved jazz. There are no jazz bands in heaven. No cappuccino up there, too. I liked the way he created a sense of wonder. So he’s just another fine guy in a line of fine guys who shared their thoughts, travelled, loved, looked, thought, died. Here we are, in our real lifes left with what is left: a story of long goodbyes, great evenings, vanishing in never ending books, ashes to ashes, ready for love, through with love, listening to Blackstar or Astral Weeks or Taking Tiger Mountain (By Startegy), in Pittsburgh, Glasgow, Hannover, Frankfurt, Düsseldorf, Aachen, Schwerte, Stuttgart, Kronach, Leinfelden. Tutti forgetti? Entropy. Memories. Howard Devoto. Ghosts.

 

Mulder: I’m thinking maybe it’s time to put away childish things. The sasquatches, the mothmen, the jackalopes. I thought it’s be great to get back to work. But is this really how I want to spend the rest of my days? Chasing after monsters?

Scully: We’ve been given another case, Mulder. It has a monster in it.

2016 7 Feb

WOODEN SHIPS from David & Stephen & Aladin

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Auf der Finissage war sie in ein Gespraech verwickelt worden, das sie zuhause noch einmal Revue passieren liess.

Was hatte er damit gemeint, Zizek sei ein Idiot, wenn er den neuen Klassenkampf herbeiwuensche. Sie hatte ihn am Arm beruehrt, so als wolle sie ihn beschwichtigen. Zizek sei von Kind auf Kommunist gewesen, er kaeme wohl mit dem globalen Kapitalismus auf der einen Seite und der Empathie fuer die Fluechtlinge auf der anderen Seite nicht zurecht. „Nein, nein“, sagte der ihr Fremde, Zizek haette ja noch mehr Idiotisches veroeffentlicht, z.B. ueber Hitchcock: Warum greifen die Voegel an? Das sei dort seine zentrale Frage. Er behaupte, dass dieser Angriff sich auf die ganze Welt beziehe, auf unseren Kosmos und jetzt kaemen die Fluechtlinge und stoerten den Verlauf unseres friedlichen Lebens.

Sie liess den Monologisten einfach stehen. Sie ging hinunter an die Getraenkevergabe, wo sie immer der gleiche Anblick von jungen Leuten an ihren Nuckelbierflaschen nicht ueberraschte. Sie fragte ein Finissagenbaby, wer die CD von CSN mitgebracht haette, sie hoere in der letzten Zeit gerne WOODEN SHIPS:

 

„If you smile at me I will understand, ‚cause that is something everyone does in the same language. I can see by your coat, my friend, you’re from the other side. There’s just one thing I’ve got to know, can you tell me please, who won?“

 

Der Schwarzhaargegelte grinste: „Du bist so cool, bleib bis zu meiner Mitternachtsperformance“. Es war erst 22 Uhr. Sie wuerde sich hier langweilen. Reinste Lebenszeitverschwendung. Sie wollte nach Hause – in der Biografie ueber Roland Barthes weiterlesen.

Jemand legte eine Hand auf ihre Schulter: „Findest du diese Musik auch zum Kotzen?“ fragte der ihr Fremde. Sie wich ihm aus: „Welche Musik waere jetzt besser?“ „Bach, die Inventionen von Bach.“ „Sie sind ein seltsamer Vogel. Wissen Sie was, Slavoj Zizek hat mal vorgeschlagen: Voegel aller Laender vereinigt Euch!“ Jetzt liess er sie kopfschuettelnd stehen.

Stephen Stills sang das, mit dem sie einverstanden war:
 

„And it’s a fair wind, blowin‘ warm out of the south
Over my shoulder, Guess I’ll set a course and go.“


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