Manafonistas

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2016 23 Feb.

Frischfleisch. Eine postkarnevaleske Erzaehlung

von: Lajla Nizinski Filed under: Blog | TB | 2 Comments

Ich bin eine Gebirglerin. Ich besitze ein kleines Theater, das ich auf ausgesuchten Plaetzen aufstelle. 30 Personen finden darin Platz. Zum Einlass muss ein Organ gespendet werden, quasi als kleiner Obolus. Die gezeigten Auffuehrungen haben meist den grotesken Koerper zum Thema. Die Vorstellungen sind auf Wochen ausverkauft.

Einmal weinte eine Theaterbesucherin, weil sie ihr Herz als Eintrittspreis abgegeben hatte. Sie wollte es einer halbgelaehmten Schauspielerin schenken, die den gewuenschten Sex mit dem Armamputierten nicht erfuellen konnte. Manche Zuschauer erklaeren ihre innerliche Befindlichkeit auf Tafeln, die sie um den Hals tragen. Darauf stehen kleine Erklaerungen:
 
„Meine Leber gebe ich gerne.
Meine Sehnsucht ist die Ferne.“

 
oder
 
„Let me be your Trickster.“
 
Ich trage ein starkes Nervenkostuem. In meinen Genen sind Spuren von Till Eulenspiegel.
Das Buehnenbild wird uebrigens nie ausgewechselt. Immer zeigt es den „Garten der Lueste“ von Hieronymus Bosch. Das Publikum mag das Leihen und Borgen der Organe, am begehrtesten ist natuerlich das Herz. Aber der Darm ist auch sehr beliebt. Er bringt eine erstaunliche Dynamik in den Spielablauf. So kann es vorkommen, dass ein Schauspieler seine Koerpersaefte hasst und von der Buehne herunter bittet: „Wer hat eine Blasé fuer mich?“ Ist es nicht in zweierlei Hinsicht geradezu grotesk, jetzt Sloterdijk vorzustellen, wie er selbst in seiner Blasé sitzt mit einem Jongen an seinem Ruecken haengend.

Unerklaerlicherweise sind in den Theaterstuecken immer die Halbmenschen die Guten. Die Bad Boys sind meist die Zerstueckelten. Sie sind immer so laut und uebertoenen das ganze Ensemble mit ihren Urschreisuchen nach ihren abgehackten Gliedern. Manchmal mische ich mich in den Pausen unter das Publikum. Ich hoere dann, wie Vergleiche zu David Cronenberg’s Filmen gezogen werden. Ich verstehe das nicht. Ich kann dazu nichts sagen. Ich bin nur eine Theaterbesitzerin.

Neuerdings besitze ich auch eine Maschine. Sie ist nicht schwer, aber leider sperrig. Sie wird in den neuesten Stuecken gebraucht. Deformierte Koerper werden manchmal an sie angeschlossen. So wie in diesem neuen Tschechow Stueck. Diese daemonische Nase wagt sich einfach zu weit in die Welt hinaus. Sie wird dann mit Hilfe dieser Maschine wieder zurueckgefahren. Uebrigens komme ich alle drei Monate durch Ihre Stadt.
 
„Entrez Mesdames et Messieurs!“

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2 Comments

  1. Jochen:

    Zu Marc Jongen:

    „Der Parteiphilosoph der AfD“ (faz.net)

  2. Lajla Nizinski:

    Danke für den Link, sehr aufschlussreich.


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