Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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Archives: Januar 2016

Die Schöne Neue Serienwelt eröffnet Perspektiven. Wer den Klang favorisierter Sprachen liebt, findet in der Rezeption unsynchronisierter Originalfassungen Vergnügen und mag sich einmal mehr fragen: Warum erst jetzt und nicht schon früher? Kriminalistische Fälle und existenzielles Fallen, das Geworfensein des Menschen – Zutaten, die in der Mixtur einer gelungenen Erzählung nicht fehlen dürfen. Wir feiern hier ´ne Party und Rosamunde Pilcher ist leider nicht dabei! Auch Fantasy bleibt aussen vor. Blood, sex and crime hingegen, gut verpackt, das macht den edlen Braten schmackhaft.

„Willkommen zur Harald Schmidt Show, mein Name ist Lorne Malvo“, so hätte einst ein deutscher Entertainer sein Publikum begrüsst, frei und fröhlich im Gefolge von Max Frisch: Mein Name sei Gantenbein. In der stilprägenden Ära seines Latenight-Programms nach amerikanischem Muster hatte Schmidt damals den öffentlich-rechtlichen Sendern gehörig eingeheizt. Der Talkmaster wäre mit diesem Trick, sich kurzerhand für einen Anderen auszugeben, der stellvertretend für aktuelles Thema steht, direkt in medias res gegangen.

Wäre jener Schmidt auch heute noch am Drücker, dann hätte er ein Phänomen wohl längst erwähnt, das ähnlich wie einst die Privatsender den Öffentlich-Rechtlichen, heute der gesamten Fernsehlandschaft die Hölle heiss macht: gemeint sind die auf DVD gepressten oder via Streaming bequem ins Haus geholten Qualitätsserien, für unsereins vorzugsweise aus englischsprachigen Ländern und aus Skandinavien.

Und wer verbirgt sich hinter diesem Lorne Malvo nun, dessen Name so maliziös klingt und auch ein wenig lonesome? Es ist einer jener Charaktere aus dem spannenden Serienkosmos, deren Darsteller Abwechslung bieten zu den nationalen Schauspieler-Riegen, die wir schon zur Genüge kennen und die in wechselnden Rollen oftmals nur sich selber spielen. Nun aber Justified, Mad Men, True Detective und Die Brücke: geprüft und für exellent befunden.

Oder die Serie Fargo, deren Vorbild ein Kinofilm gleichnamigen Titels war unter der Regie der Brüder Joel und Ethan Coen, und die in der verschneiten Landschaft Dakotas und Minnesotas bösartige und schwarzhumorig angefärbte Geschichten erzählt: sie schafft den Spannungsbogen zwischen Drama, Thriller, Komödie und zeitgeschichtlicher Lehrstunde. Bonanza here meets Jerry Lewis – mit dem langen Atem epischer Breite, dabei bild- und erzähltechnisch weit über Hollywood hinausgehend.

Und Malvo mittendrin, seines Zeichens Auftragskiller. Er könnte die maligne Variante jenes Steppenwolfes sein, dem Hermann Hesse einst literarisch ein Denkmal setzte und der seitdem als Archetyp des lonesome drifters, des ungebundenen Parias gilt. Im Season One Finale tritt er, soviel sei schon verraten, seinem animalischen Äquivalent leibhaftig gegenüber. Wieviel Böses braucht der Mensch? Sympathy for the devil – will sagen: Empathie für alle, auch für die grösste Sau. Ist ja lediglich Fiktion. Wer es real liebt, für den gilt bis auf Weiteres: Und täglich grüsst die Tagesschau.

2016 17 Jan

Nobody Knows

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„Nobody comes and nobody goes, / No one is happy, and no one has woes. / Everything lasting, ever the same, / Nothing is ending, nothing can change. / The Good Lord always has been, / Always will be ever the same. / And confusion mixed with illusion / All years only turn again / With one and one hundred names / Had all the rooms, our key is to change. / Nobody comes and nobody goes, / No one is happy and no one has woes, Everything lasting, nothing can change, Nothing is ending, ever the same …“

 

2016 17 Jan

minimal winter

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minimal music
 
 
 

 
 
 
die Geheimnisse der Wiederholung …
 
 
 

 

… aus einer Sendung des DLF (Studiozeit, 12. Juni 1992)
 

A winter’s day, a bitter snowflake on my face …

‚Sell Me A Coat‘ has long been one of my favourite Bowie songs.
Like a lot of Bowie’s coolest stuff, it’s just a pop song.
But then you look at it more closely and it’s a Schneekugel.
(Which I guess is an appropriate seasonal comparison.)

It’s a winter scene, a solitary individual in a winter landscape.
My mind’s eye sees it as a kind of grey urban space like in a Lowry painting.
The song immediately works its magic by fixing itself in time – the bitter snowflake is ultratransience, it will melt or disintegrate in seconds.
And so the song takes place in this most brief sliver of time.

What I like about this is its forlornness – love lost but no anger or reproach, or even much self pity – it’s more just baleful self-analysis.
The language here is just fantastically effective – I really love it, it does what the best lyrics should do.
What should they do, the best lyrics?
Perform benign, cosmos-changing magic, that’s what.

Sell me a coat is an a commercial ‚call to action‘ in reverse.
(Call To Action examples – ‚BUVEZ Coca-Cola‘, ‚Buy Today 10% off‘ etc.)
It’s unclear as to whom is being asked to do the actual selling.
This lack of obvious addressee gives the song’s main refrain a prayerful tinge.
So what we have is a world where polarities have changed.
Warmth has become unwarmth, time has become untime.
It’s almost like something out of the i-Ching.
Fire from the mountain, the eagle circles the summit.
Summer will give way to winter soon and your prize will fly into the blue.
Everything you touch, you change – everything you change, changes you.
The universe is change, our life is what our thoughts make it.
Supreme success if you hold your course.

And of course he has no coat – and therefore is no Joseph.
Asking to be sold a coat.
With patch pockets.
Somewhere to keep your hands warm!
In a jingly song.
A jingly song sounds that like it was recorded in a small room that was virtually opaque with the smoke from Players No 6 cigarettes.

Is this the same guy who ten years later would sing the weird pseudo-Romanian incantations on Warszawa?

Wow.
 
 
 

 

2016 16 Jan

Heart of a Dog

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Mit der Oscar-Nominierung für Laurie Anderson (sie stand auf der Shortlist für die Kategorie Documentary Feature) hat es nun leider doch nicht geklappt.

Dafür gibt es einen speziell gefertigten Dreiminutenausschnitt aus ihrem Film noch bis Ende Januar jeden Abend um 23:57 in den Midnight Moments auf allen Videoscreens des New Yorker Times Square zu sehen.

Der ganze Film feiert seine Fernsehpremiere in den USA am 25. April auf HBO. Bis dahin kursiert er weiterhin durch ausgewählte Kinos.

 
kaestner_herrausglas
 
 
 
Erich Kästner (1899-1974) gehört neben Kurt Tucholsky und (jedenfalls, soweit es Drehbücher betrifft) Edgar Reitz zu den Autoren, ohne die ich wahrscheinlich nicht zum Stift bzw. zur Tastatur gefunden hätte.

Um so schöner, wenn es von einem dieser Herren neues Futter gibt. Schon 2013 hatte der Zürcher Atrium-Verlag (der seinerzeit im Prinzip nur gegründet wurde, damit Kästner während der Zeit seines Schreibverbotes publizieren konnte) die ungekürzte Fassung von Fabian veröffentlicht. Die Geschichte war 1931 zum Teil sinnentstellend gekürzt und entschärft erschienen und das Originalmanuskript galt als verschollen. Es ist eine Kopie gefunden worden, und nun liegt Kästners Roman in einer von Sven Hanuschek kommentierten Fassung unter ihrem ursprünglich vorgesehenen Titel Der Gang vor die Hunde vor. Einige der Kürzungen gehen von mir aus in Ordnung, aber einige wichtige Handlungsdetails werden erst jetzt, da die bislang fehlenden Teile wieder da sind, klar. Wer sich für die Situation und Lebensgefühl in der Endzeit der Weimarer Republik, kurz bevor die Nazis übernahmen, interessiert, wird hier in jedem Fall mehr erfahren als aus manchem Geschichtsbuch.

Und jetzt, wiederum von Sven Hanuschek herausgegeben und kommentiert, liegt Der Herr aus Glas vor; eine chronologisch angelegte Sammlung von 42 Erzählungen, die Kästner zwischen 1923 und 1955 für verschiedene Tageszeitungen und Illustrierte schrieb, zum Teil unter erst kürzlich entschlüsselten Pseudonymen (etwa „Jarosmin“ oder „Emil Brüll“). Einige der Geschichten waren bereits in der neunbändigen Hanser-Werkausgabe von 1998 oder auch in dem Doppelband Gemischte Gefühle von 1989 (noch in der DDR erschienen) enthalten, aber die meisten erscheinen hier erstmals in Buchform.

Vielen dieser Stories merkt man an, dass Kästner sie als Skizzen für später ausgearbeitete Langwerke oder als eine Art Schreiblabor angesehen hat, in dem er Ideen durchspielt und auf ihre Tauglichkeit testet. So findet man etwa unter der Überschrift „Inferno im Hotel“ (1927 im „Berliner Tageblatt“ erschienen) eine noch völlig unkomische Skizze, aus deren Motiven 1934 die (immer noch wunderschöne) Romankomödie Drei Männer im Schnee entstand. Und wenn ein „Sergeant Aurich“ auftaucht, dann muss man Kästnerkennern nicht erzählen, in welchem späteren Gedicht die Story ihre Endform fand („Sergeant Waurich“). Andere Kurzgeschichten sind blanker Nonsens, tragikomisch oder von einer surrealen Realitätsverliebtheit, die mich nicht selten an Kurzgeschichten von Franz Hohler erinnert. Die für Kästner typische Melancholie und (manchmal etwas arge) Sentimentalität steht über allen Geschichten, wird aber in aller Regel durch den ebenso typischen kästnerschen Humor aufgefangen. Dazwischen stehen auch Geschichten, die eher Tagebuchnotizen sind, etwa „Mutter bringt die Wäsche“ (1947 in der „Neuen Zeitung“ erschienen), die die vollkommene Fassungs- und emotionale Hilflosigkeit von Kästners Mutter schildert, als diese Kästners ausgebombtes Haus in Berlin nicht mehr betreten kann. Vor solchen Texten steht man mit Schluckbeschwerden. Und mindestens so interessant ist, wie Kästner diese (wahre) Episode in eine andere (erfundene) Kurzgeschichte („Berliner Hetärengespräch“) transformiert, die dann letztlich wohl eine Szene für die Münchener Kabarettbühne „Kleine Freiheit“ wurde. Und es gibt sehr selbstreflektive Texte, die als „Briefe an mich selbst“ firmieren und in denen Kästner seine erzählerische Eleganz für kurze Zeit aufgibt. Die lassen ahnen, wie er bei aller Hektik und Betriebsamkeit, die ihn wohl ständig umgab, tatsächlich getickt hat — ein Effekt, den ich sonst nur aus dem Blauen Buch kenne.

Nicht alle der hier vorgelegten Geschichten stammen aus der ganz obersten Schublade. Das macht aber nichts, denn interessant sind sie doch alle. Möglicherweise werden es auch nicht die letzten sein, denn noch immer sind nicht alle Kästnerschen Pseudonyme bekannt oder mit Sicherheit entschlüsselt, und es dürfte weitere Werke Kästners geben, die noch der Entdeckung harren. Ich freu mich drauf.
 
Erich Kästner:
Der Herr aus Glas
Atrium-Verlag, Zürich 2015
ISBN 978-3-85535-411-5

2016 15 Jan

legukeenhcS #1: A Psychic Perihelion & 3 Quarks

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Uncle Arthur is a nano-epic, packing a lot into its all-too-brief 2 minute 13 seconds running time. It’s a nano-epic from the outside, but from the inside, from Arthur’s viewpoint, it’s a big story, the story of a psychic perihelion he’d probably rather forget. Arthur is in his 30s, a socially ‚other‘ character probably broadly not dissimilar to Tim Roth’s character in the film ‚Meantime‘ or Craig Cash’s character Malcolm from the sitcom ‚Mrs Merton and Malcolm‘. Or maybe even Ronnie Corbett’s character from the sitcom ‚Sorry‘.

The backdrop is a small town, rendered in almost cartoon-like motion, with Uncle Arthur making his way past the gasworks, past the river, down the high street on his bicycle. Back to mother. Until one day love finds him. Mother disapproves but he absconds anyway. Then he returns because his love, Sally, can’t cook.

Narratologically this nano-epic is fascinating. The tragedy in it is that at the end, nothing – nothing at all – has changed for Arthur. He’s back working at the family shop, still going past the gasworks and the river down the high street. His decision is made. He’s back with mum. But things will change eventually – entropy will see to that.

The story changes between past and present tenses, the latter giving it uncomfortable focus, the former making it seem like it’s some family legend. The handclaps and jaunty singalong feel add a sense of jovial unreality – as if its story is intended as a mix of twisted didacticism and mild Schadenfreude. A psychedelic Strewwelepeter singalong.

The song is also clearly about subatomic particles – its three characters representing subatomic elementary particles whose substructure is unknown. They are quarks: Mother is ‚down‘ Sally is ‚charm‘ and Arthur is ’strange‘.

2016 13 Jan

Ein perfekter Tag

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Sie ging die Nicolsonstreet entlang, im Ohr palästinensische Musik. Shana Moussa sang Reminiszenzen aus einer freien Lebenszeit, Hosam Hayek spielte auf seiner Oud: Stranger in my homeland. Wie immer versetzte sie sich Vorort in andere Welten, schottische Pfeifen hätte sie jetzt garnicht ausgehalten. Unter dem Arm trug sie die gewichtige Biografie von Ray Davies, yeah: A complicated Life. Sie hatte sich das Buch in der Edinburgh City Library ausgeliehen. Sie würde es mit auf Barra nehmen. Mit diesen 754 Seiten wäre sie für endlose Regentage gewappnet. Sorge machte ihr das Gewicht des Buches. In die Twin Otter durften nur 6 Kilo mitgenommen werden. Sie hatte noch die Songs von Robert Burns im Gepäck und natürlich die raumeinnehmenden Gummistiefel.

She knew „that the tiny plane would drop through the thick cloud buffeted by winds which had blown their way across the Atlantic. It had perhaps climbed no more than 2000 ft since it left Glasgow, 50 Minutes earlier, so by now it seemed it must be skimming the tops of the waves as it gently sank towards the invisible island ahead. One marveled at the wonders of modern radar and navigation systems and prayed they were every bit as good as they were cracked up to be …“

 

Hatte sie gebetet?

 

There is no god and we must get

Our comfort where we find it:

In the rising yell of a laden jet

And a bright contrails behind it.

 

(from Iain Banks poem: After Burns)

 

Sie wanderte an den scharfen Küstenlinien entlang, nur der Gneiss hatte allen Erosionen standgehalten. Sie war von den Schönheiten der Natur geblendet, halluzinierte Kühe mit Schaffellköpfen und weisse Pferde mit Einhörnern. Am Abend versuchte sie sich mit Whisky aufzuklaren, doch die harten Takte der schweren Akkordeons der lokalen Vatersay Band trieben sie zurück in ihr B&B. Sie hörte sich noch ein arabisches Musikstück von DAM Feat. AMAL MURKUS an: „If I Could Go Back In Time“.

 

2016 12 Jan

R.I.P.

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2016 12 Jan

Jasper

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„Time is as weak as water
I’m kneeling on the shore
Showers, palmfronds
Cross me spilling
Silver, sidewalks
Lips so red world so wide
Around my head
Waiting
Time is as weak as water
I taught myself a lesson
I put myself to sleep
Sirens, jasmin
Jasper, flagpole
Tree top, sidewalk
Tuesday night, magnolia
Along my street
Later
I taught myself a lesson“
 


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