Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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Archives: Januar 2016

2016 24 Jan

Snowstorm 5: Happily Sane. Hatred

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There Is A Happy Land is the title of the fifth track on Schneekugeln. And what fucking depression.

Keen readers will know the title from two places: first from the awful, depressing 19th century hymn that’s about as spiritual as drinking paint. Second, from the infinitely depressing (but great) 1957 Keith Waterhouse novel by the same name. The hymn is what it is. The novel is pure unadulterated cosmos. A genius book, whose acuity of perception is so sharp that to re-read it would be vandalism.

It’s impossible to imagine this song’s iration without the influence of the novel. Part of Bowie’s genius was the ability to throw references forward without the need to poststructualise. In this case, throwing forward from the primordial paint of the life-reducing hymn and the mega fucked-up Sistine of Waterhouse’s novel. To the last song on the record.

The first four songs are an acceleration. This is a brake.

USA 2015; 187 Min., Regie: Quentin Tarantino; mit Samuel L. Jackson, Kurt Russell, Jennifer Jason Leigh, Walton Goggins, Demián Bichir, Tim Roth, Michael Madsen, Bruce Dern u. a.

Die Roadshow-Fassung in 70 mm-Projektion: Ab Mittwoch 27. Januar 2016 um 19:30 Uhr, 70mm Projektion EXKLUSIV in der LICHTBURG, Essen.

Die Lichtburg ist eines von nur vier Kinos in Deutschland, in denen Quentin Tarantinos Film „The Hateful Eight“ in der analogen 70 mm-Fassung gezeigt wird und damit das einzige im Radius von rund 400 km. Auch nach der Digitalisierung haben die Essener Filmkunsttheater und die Lichtburg sich nicht von ihren analogen 35 mm Projektoren getrennt. Im Gegenteil – sowohl die Lichtburg als auch das Eulenspiegel verfügen zusätzlich noch über die „Königsklasse“ der analogen Kinos: 70mm Projektoren!

Nun sind es fast schon wieder 14 Tage her, dass uns die Nachricht vom Tode David Bowies erreichte. Neben der großartigen Blackstar-Platte hat mich das Video zu dem Stück Lazarus doch sehr fasziniert. Erstaunlich, ich konnte sogar mit meinen Schülern darüber sprechen. Doppelt erstaunt war ich: einmal, welche Wirkung dieses Video auf die jungen Leute hatte, wie sie mit dem Thema TOD umgehen, sich in jungen Jahren für diese Thematik interessieren und dann: David Bowie ist ihnen ein Begriff und: sie können mit ihm und seiner Musik etwas anfangen. Ich fasse es nicht. Sechs Jahre vor meinem Abitur erschien die erste Bowie-Platte, wir schreiben das Jahr 1967.
 
 
 

 
 
 
Meine erste Platte, die ich mir von ihm gekauft habe, Space Oddity, erschien 1969, ich war immer noch Schüler der Mittelstufe. Und nun 2016, am Ende meines Berufslebens, kann ich mit sechzehn, siebzehnjährigen SchülerInnen über Blackstar diskutieren. Das ist meiner Ansicht nach um so unglaublicher, weil Bowie ja nun nicht unbedingt immer die eingängigste Musik veröffentlicht hat. Ist er doch in jenen Songs besonders gut, in denen die Hörer wieder einmal von unerwarteten Harmonien überrascht werden. Und dennoch scheint Bowie über Generationen hinweg Musikinteressierte gleichermaßen anzusprechen.-
Ja, der Plattenschrank, er wurde geplündert in den letzten zwei Wochen, überall liegen David Bowie-Platten: Space Oddity, The Man who sold the world, The Rise an Fall of Ziggy Stardust and the Spiders from Mars, Young Americans, Low und Heroes und viele mehr.
 
 
 

 
 
 
Es gibt aber auch Grundanderes zu vermelden. Gestern brachte der Briefträger die 3CD-Box Tariverdiev. Am 29.12.2015 erschien hier auf manafonistas.de ein Hinweis auf diese Platten. Es hat ein bisschen gedauert, aber dann kam die Post mit der Box, und… sie ist so gut…., meine Schüler würden sagen: übelst gut! Danke für die Empfehlung! Und schon jetzt ist klar, diese Platten kommen auf die Jahreshitliste 2016!

2016 23 Jan

„Detectorists“

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Bei aller Liebe zu England musste ich mich einst doch fragen, ob mir eine Ader für „typisch britischen Humor“ fehlt. Schliesslich hat weder in jungen noch in späteren Jahren irgendein Film von Monty Python auch nur das kleinste Schmunzeln bei mir ausgelöst, von einem Lachanfall ganz zu schweigen. Nun aber muss ich mir keine Gedanken machen, denn „britischer Humor“ scheint ein weites Feld zu sein, und die zwei Staffeln der Serie „Detectorists“ (DVD Box Set seit Ende Dezember erhältlich) sind geradezu eine Schule der Heiterkeitsausbrüche, nicht zuletzt weil die skurrile Komik stets ausbalanciert wurde von den kleinen Obsessionen und Verlorenheiten der hier auftauchenden Tagträumer. „With its wistful tone, subtle, folky score and confidence in letting dialogue and sentiments breathe, it’s a show that does not feel the need to shout about its strengths. In fact, the series is not even really about metal-detecting. The hobby could be replaced by trainspotting, bird-watching or just spending too much time in the shed. It’s what these characters are running from, as much as what they are looking for, that lies at its heart.“ (David Renshaw, The Guardian). Wer hätte schon gedacht, dass das amerikanische Folk-Duo Simon & Garfunkel  zum coolsten „running gag“ der jüngeren BBC4-Historie mutieren, und im Norden Suffolks auf Schatzsuche gehen würde!? Und dass in der zweiten Staffel die botswanische Black Metal-Combo „Black Crust“ den heimischen Gefilden einen bizarren afrikanischen Horizont öffnen würde, ohne dass von ihnen nur ein einziger Brachialsound erklingt. In einer Zeit, als Ray Davies mitten im „love & peace“-Rummel zwischen Carnaby Street und Marquee Club die Spuren eines alten, immer mehr verschwindenden Britanniens nachzeichnete, hätte er auch hier in der Provinz fündig werden können, bei diesen im Scheitern erprobten „Metalldetektoristen“. In einer Szene findet Lance tatsächlich ein altes Teil unter der Erde, mit römischer Inschrift: „Status Quo“. Leider nur die Devotionale eines anonymen Rockers.

2016 22 Jan

Ein letzter Wunsch

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„Each step a story, a song in the making.“

(Tindersticks, „How He Entered“).

Am nördlichsten Punkt der britannischen Insel, Dunnet Head, öffnete ich, nah einer Klippe, die Fahrertür des Land Rover, und liess Brian Enos „Taking Tiger Mountain (By Strategy)“ erschallen. Ich schaute in völliger Zweisamkeit mit der Musik, die ich schon tausendundeine Nacht lang gehört hatte, hinüber zu den Orkney-Inseln, und schlenderte durch das grüne Gras. Nun ist langsam wieder Zeit für all die neuen Platten und gehobenen Schätze, die (wahrscheinlich) in den „Klanghorizonten“ am dritten Samstag im Februar zu hören sein werden. Das unfassbare Abschiedsalbum von David Bowie wird vorkommen, aber es muss nicht mehr gespielt werden, das hat nun jeder, der es braucht. „Low“, „Heroes“, „Scary Monsters“, „Blackstar“ – mein ganz perönliches Quartett des „Thin White Duke“. Und so trudelt allmählich so manches ein, was gefangen nimmt, Sinne schärft und Sinne raubt, beispielsweise neue Sounds & Songs & Tracks von den Tindersticks und Lucinda Williams, von Jon Balke (***** – VÖ: 11. Februar, WARP, auf ECM) und Stavros Gasparos (Entdeckung!), von Thomas Köner (noch im Presswerk, ein Stück daraus spielte ich als „The Electronic Griot“ in Kristiansand 2014) und Federico Albanese, von Ketil Björnstad (Piano solo, ein kleines Fest für Rosato) und Matmos (Waschmaschine solo), von Frank Vigroux (Erinnerungen an „Radioaktvität“) und Alva Noto (Frostmusik, breitwandig), von Ches Smith (one title strangely called „Wacken Open Air“) und Michel Benita („a warm bath of sounds“), von Mavis Staples (76 years young, produced by M. Ward), Tortoise und Ben Monder, Mats Gustafsson und Ennio Morricone (der Soundtrack des 83-Jährigen für den exzellenten neuen Tarantino-Western) – zudem grosse alte Magie aus Jamaika und England, „Tales of Mozambique“ und „Avocet“ (Joey könnte für die Serie 33 1/3 ein Buch schreiben zu diesem lang vergriffenen Gitarrenzauber von Bert Jansch), ganz zu schweigen von Holzblasinstrumenten aus der Ferne (Schellack!), und der „Thrak Box“ von King Crimson. „What is the difference between pop and rock“, fragt Robert Fripp den Interviewpartner in einer Bowie-Gedenk-Sendung. Er wartet, blickt maliziös seinem Gegenüber ins Auge, und sagt: „In rock music you might get fucked.“

Love You Till Tuesday’s backing track is a weird jaunty department store jingle. An unlikely basis for the linguistic play it supports. The lyrics address a paradox: „my passion’s never ending and I’ll love you ‚til Tuesday“. Except it’s only a paradox for the object of love. The subject here is mercurial/comedic- you can hear it in the comedy aspect of the vocal – especially the second vowel in the word ‚romance‘ which opens up a whole book of English phonology that there’s no space to go into here. Let’s just put it like this: nobody in England (or Scotland/Ireland/Wales/USA) pronounces the word like that. Phonemic subversion! Perfect. You can also hear comedy in the (presumably scripted, non-corpsing) burst of laughter that follows for a brief second. Amid the silliness, something serious is said. The parting shot: „well, I might stretch it ‚til Wednesday“ is superfluous, and deliberately misplaced. Go on, it’s saying. Throw in a pseudo-denouement where none’s required. Keep listening, it’s saying. There’s so much more to come. A an interlude within a music hall interlude within a music hall interlude: a weird jolt, a narratological impetus.

 

 
 
 

Sie sagte es mit Kiff belegter Stimme: „Meine Lieder fallen mir immer auf dem Fahrrad ein.“ Dann setze sie sich in ihre Kueche und texte. Warum ist Annette Humpe so unvergesslich? Die NEONBABIES und dann IDEAL waren frueher sehr begehrte Bands, auch fuer Fans ohne blaue Augen.

Ihre ohrwurmartigen Refrains summte man an der Uni, in der U-Bahn oder bei Bolle. Ich fuehl mich gut, ich steh auf Berlin. Das knallte unter die Haut. Ende der 70er Jahre waren wir in Westberlin voller Lebensfreude, kommunikativ und scheinbar frei. In den Nachrufen auf David Bowie wird immer wieder erwaehnt, dass es auch fuer ihn in Westberlin die freieste Zeit seines Lebens war.

Annette Humpe ist inzwischen 65 Jahre alt und immer noch erfolgreiche Songschreiberin und Produzentin. Auf der Buehne kann man sie nicht mehr erleben. Unglaublich wie sie sich im Musikgeschaeft haelt. Ich hatte sie vollkommen aus den Augen verloren. ICH UND ICH hatten mich nicht erreicht. Was macht sie so zeitlos?: Ihre Texte. Sie bringt ideenreich Banales so rueber, dass es beruehrt. Kuessen kann man nicht alleine. Oder Komm wir lassen uns erschiessen, weil Langeweile killt nur langsam. Ja, sie war ziemlich radikal. In der Sendung im Dlf am letzten Sonntag hinterliess sie eher einen sanften Eindruck. Nur am Schluss blitzte ihre rebellische Ader kurz durch: „Ich habe einen Text vorliegen, der fuer eine alte Sau geschrieben wurde, die suche ich noch.“

Ihre Popsongs sind Gebrauchsgegenstaende, die man vom Regal nimmt, wenn man sie fuer eine bestimmte Lebenssituation benoetigt.

Ich haette mir gewuenscht, dass Tilmann Allert in seiner SOZIOLOGIE DER KLEINEN DINGE dem Gebrauch solcher Popmusik ein Kapitel gewidmet haette. Da waere vermutlich zu lesen gewesen, dass die HoererInnen von IDEAL aus allen gesellschaftlichen Schichten kommen, sich aber niemals konform verhalten und sich des oefteren im „Haus des Seins“ [Heidegger] aufhalten und ihre Erkenntnisbildung – bitte schoen – von Adorno erhalten.

Ah, wie anstrengend!

Da leg ich mich doch lieber hin …“

Das ist gefaehrlich lebensgefaehrlich zu viel Gefuehl“

Ist es nicht besonders vergnueglich, auf wissenschaftssprachlichem Niveau ueber alltaegliche Dinge zu lesen? Dieser Spagat gelingt dem Soziologieprofessor Allert in seinem o.g. Buch. Darin wird gefragt und festgestellt, warum und weil die Pudels von der Strasse verschwunden sind. Auch hier in Duesseldorf ist der Mops, zur Freude von Jandl, der Koenig unter den Vierbeinern. Tilmann Allert hat eine plausible Erklaerung fuer Merkel’s Raute und weshalb wir Omnipraesenten den Latte fuer unsere neue, erwachsenere? Lebensphase brauchen. Wer etwas ueber die Situation der Musikhochschulen in Deutschland erfahren will, wird hier ueber das dortige Studium informiert und manch LeserIn wird sich an den Kopf oder  an die Geige fassen und sich rueckblickend fragen, warum er Musiklehrer und nicht Kuenstler geworden ist.

Mich hat das Buch begeistert.

 
Tilmann Allert:
Latte Macchiato – Soziologie der kleinen Dinge 
S. Fischer Wissenschaft, Frankfurt am Main 2015
 

Another snowstorm full of plutonium snowflakes. Rubber Band is (of course) a play on words – it means Gummiband, as well as something less well defined: a band who aren’t very good, presumably they sound so bad it’s as if they are playing with makeshift strings.

The band aren’t recording artistes (it’s 1910) and the only individual who critiques them is their (perhaps only) audience, the song’s singer.

A Gummiband is of course infinite – it’s a loop. Travel round it and you will never stop. And resilient. And possibly even has a memory (…sort of…) given that it displays hysteresis: stretch a rubber band and it doesn’t immediately return to its original state, instead undergoing irreversible thermodynamic change. They also expand in cold and contract in heat.

All of which forms an odd metaphor that is unclear – out of tune though the band may be, on his return from overseas about 4 years later, the singer finds out that the band leader stole his girl. The elastic of love and longing has been stretched too far, and his parting shot is a comedic wish that the band leader ‚breaks his baton‘ – a sharp return to reality, and a slightly more prosaic example of thermodynamic change.

In a very strange way, Rubber Band is a eulogy to the transformative power of performance. A yet-to-be world famous artist sketching out a scene that takes place 50 years or more in the past, with (you’d imagine) no idea just how powerful the act of performance would be in his own life in time to come.

While Rubber Band doesn’t quite achieve the pathos of the two preceding songs on the album, it does address some very interesting ideas – the limited projection of the Rubber Band versus the stadia and satellite world of the 1960s, as well as themes of attraction, orbit: perigee/apogee and of course tea and scones.

2016 19 Jan

24 Frames

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What the fuck happens in this film? Nothing. This is a formal experiment based on the notion that you might stare at a painting or a photograph for five minutes, imagining the world inside it. That’s what Kiarostami does in these 24 short pieces, which are like photos that happen to be moving. The first piece is a painting by Pieter Bruegel which becomes animated by certain moving elements: smoke, birds, dogs. The other pieces are photography, many in black and white, that feature nature and animals. It’s often snowing or raining, and there are many birds and cows. Frame 15, one of the few with people in it, combines a still image of people’s backs as they stare from a bridge at the Eiffel Tower and pedestrians pass between them and the camera. Most pieces are marked by meticulous natural sound design, though a few feature songs like Maria Callas‘ rendition of „Un bel di vedremo“ and Janet Baker singing Gounod’s „Ave Maria“. The most complex piece is the final one. As we hear Andrew Lloyd Webber’s „Love Never Dies“, we see misty winter trees outside a window while, in the bottom foreground, a boy or girl sleeps at a desk and a laptop shows a slow-motion kiss from William Wyler’s The Best Years of Our Lives (1946).“ Many meanings can be read into this rich arrangement. 24 Frames will be released as DVD/BLURAY by Criterion on February 4.

(Michael Barrett, popmatters) 


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