Zu gerne haette sie gewusst, wie John Cage die Geraeusche in seinem Inneren empfunden hatte. Zu gerne haette sie Beckett gefragt: wie lange er in der Stagnation haette verharren koennen. Zu gerne waere sie nach 8 Stunden Film ueber das Empire State Building mit all ihren Phantasien dazu zu Andy Warhol gegangen. Auf die White Paintings von Robert Rauschenberg haette sie vermutlich gerne einen roten Pinselstrich gezogen.
AESTHETIK DES STILLSTANDS
So lautete das Thema einer dreitaegigen Tagung an der Kunstakademie Duesseldorf, an der sie teilgenommen hatte. „Was genau bedeutet Stillstand und wie aeussert sich Stillstand in kuenstlerischen Werken? Welchen Einfluss haben diese Werke auf bestehende Gesellschaftsordnungen?“
Aus dem Vortrag von Martin Seel: BEWEGTE STILLSTAENDE IM KINO UND ANDERSWO
Klar kannte sie den Film „Zabriskie Point“. 1979 war sie dorthin hingereist, um sich die Explosionen, die von Pink Floyd Musik unterlegt waren, noch einmal ins Gedaechtnis zu rufen. Auch sie war damals aufgebrochen, um gegen die bestehenden Gesellschaftsbedingungen zu kaempfen. Jetzt sah sie noch einmal die zerrissenen Gegenstaende durch die Luft fliegen. Kleider- und Fleischfetzen, die wie gemalte surrealistische Werke von Dali aussahen. Aber bewegte sich sonst noch etwas? Nein. Die Revolution blieb aus. Das waren Momente von aesthetischem Stillstand.
Weitere gezeigte Filmbeispiele, die disponiert sind fuer die Darbietung von Stillstandsphasen, waren:
- Face off von John Woo 1977
- Five Dedicated to Ozu von Abbas Kiarostami 2003
- Perpetuum Mobile von Nicolas Pereda 2009
Aus dem Vortrag von Maurizio Lazzarato: LA GRANDE PARESSE COMME ESTHETICO-POLITIQUE
Das war immer ihr Wunsch gewesen. Die grosse Faulheit als ethisch-politischer Stillstand. Duchamp hatte sie im letzten Jahrhundert vorgelebt. Die Verweigerung der Arbeit, die Faulheit als Anhalten der Zeit der Produktion. Mit wenig Geld aus einer kleinen Erbschaft lebte er als Faulenzer in den Tag hinein. Er arbeitete hoechstens zwei Stunden am Tag. Seine Readymades sind wohl Produkte seiner Faulheit. Duchamp war nicht politisch aktiv. Er hatte lediglich das Recht auf Faulheit proklamiert. Tauschwert, Eigentum und Arbeit wuerden sich unter diesem Recht aufloesen. Sie nahm sich einen Tag frei. Sie setzte sich an die Nordsee und blickte aufs Watt. Wie traege die Wellen heranrollten und wie stetig sie zurueckgezogen wurden. Nach einer Weile vermochte sie nicht mehr ueber ihre Sehnsuechte nachzudenken. Langsam stellte sich eine schoene Traeumerei ein.