Sieben Staffeln, 92 Folgen. Drama und Motorräder, Americana und Hamlet-Variationen, Teufelsbrut und gute Böse, gute Gute, das ganze Reich der Dunkelgrautöne im Springen von Abgrund zu Abgrund – Kurt Sutter hat sein Meisterstück geschrieben. Man sehe es im Original, je grösser die Leinwand, der Fernseher, desto besser. Ja, denkt man, man hat doch alles schon gesehen, kennt die Muster, und dann das: eine TV-Revolution aus den USA, die bis Twin Peaks zurück reicht (Six Feet Under, Lost, Justified, Homeland, True Detective etc.), die Tabugrenzen und Intensitätszonen erweitert, und, im Falle von SOA, die langen Dialoge des europäischen Kinos ins Biker-Höllental Charming transportiert. Ich sah gestern die letzte Episode der vorletzten Staffel, und, wenn grosse Kunst so etwas erlaubt, und es das 19. Jahrhundert wäre, würde ich jetzt schreiben: in den letzten zehn Minuten gefror mir das Blut in den Adern. Man kann bei SOA auch bestens die karthatische Funktion amerikanischer Songs dingfest machen, die eine Geschichte epischen Ausmasses miterzählen. So rette ich mich jetzt ein wenig ins Sachliche (durchatmen) – ich kann mich nicht erinnern, jemals im fiktionalen Raum etwas dermassen Schockierendes gesehen zu haben, vielleicht als Jugendlicher, abends allein vor dem Fernseher, bevor er von den Filmstudenten dieser Welt in seine Einzelteile zerlegt wurde und zum Kinokulturerbe mutierte, der Mord in der Dusche, in „Psycho“. Aber damals war ich noch klein, und sah Gespenster. SOA ist eine Reise ans Ende der Nacht, eine der zehn TV-Serien, die man gesehen haben sollte, wenn man die eigene Seele mal mit einem „cold turkey“ beglücken will, mit dem ganz harten Stoff: eine Selbsthilfegruppe gründen, ist auch nicht ganz abwegig.
2015 20 Sep
Sons Of Anarchy (für Klaus Schäfer, der mir das hier eingebrockt hat)
von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Tags: Sons of Anarchy, TV Serien | Comments off