Es kann verblüffend sein, mehr über einen guten Freund zu wissen als selbiger von sich. Nicht, dass man ihn schonen möchte, weil etwas Unlustiges aus seinen Umfeld ihn in unguten Zorn versetzen würde. Viel aufregender ist es doch, etwas Grossartiges zu wissen, das seine Tage und Abende und Rotweinrituale immens bereichern wird. In diesem Fall kenne ich nun Gregs Platte des Jahres 2015, von der er noch keinen Schimmer hat, sie kommt erst noch auf den Markt. Greg und ich schätzen es, Jahreslisten zu erstellen, in denen all die akustischen Verführungen von vier Jahreszeiten so aufgeführt sind wie einst die Top Twenty auf einem englischen Soldatensender im „summer of love“. Gregs Album des Jahres hier zu verraten, hiesse jedoch, mit unzulässigen Suggestionen zu arbeiten, und so schicke ich dieses Dokument von Empathie und Geheimwissen an unsern Webmaster, als schlichte Mail, ohne Lack und Siegel. Er wird es dann beizeiten lüften, und Greg später, zwischen Nikolaus und Weihnachten, still bei sich denken: „Hat der Schurke doch wieder Recht behalten, und sich nicht mal um ein, zwei Plätze vertan!“. Übliche Verdächtige, die dieses Spiel leichter machen könnten (Brian Eno, Robert Wyatt, Scott Walker) werden 2015 nicht ins Spiel eingreifen. Da kommt nichts. Bleibt der „grosse ungenannte Act“, und soviel sei verrraten, es ist ein Meilenstein im Leben dieses „Acts“. Auch für mich ein Fünf-Sterne-Album – bei meinem Freund und Jukeboxhändler (und Kupferstecher) wird „das Teil“ gar David Torns „Only Sky“ vom Sockel stossen. Das ist natürlich, wie wir Cronopien und Famen wissen, heiteres Sockelstossen. Dem Himmel wird man auf besagtem, unbesagten Album auch begegnen, und ganz gewiss einem unrosaroten. Sollte es irgendwann mal wieder einen grandiosen, nicht zuletzt in entlegenen Wäldern spielenden, Horrorfilm geben, die ideale Musik für den Abspann hätte dieses Opus schon parat. Es müsste allerdings tatsächlich ein Film sein vom Kaliber von, ähem, jetzt habe ich den Namen vergessen, er spielt, glaube ich, zur Zeit des spanischen Bürgerkrieges. Und bitte nicht raten, keine Fährten, keine Brotkrumen, einfach nur im Dunkeln tappen. Immerhin hat der fast unbeteiligte Leser in diesen Zeilen schon einiges erfahren können, über ein einzigartiges Gitarrenalbum, einen Klassiker des Phantastischen Kinos (fast), und, zu guter letzt, dann noch den Titel eines Buches, das Greg endgültig vom Stuhl hauen würde, ähnlich wie David Mitchells „Uhrenknochen“ anno 2016, wäre das Englische nur seine Haussprache: „Our Endless Numbered Days“, von Claire Fuller. In diesem Roman geht es auch tief in die Wälder. Sehr tief.
2 Comments
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Gregor:
Und wieder bin ich an dem Ort, an dem Robert Wyatt im Briefkasten verschwunden ist, und nun das.
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Michael Engelbrecht:
Beim Hören dieser Aufnahme werden deine Ohren gross wie Scheunentore.